Jom Haazmaut

Bekenntnis zu Israel

Der schleichende Erosionsprozess des Verhältnisses zu Israel in den demokratischen Staaten ist bedenklich. Foto: Flash 90

Ich stehe zu Israel. Ohne Wenn und Aber. Das muss am Jom Haazmaut, an Israels 67. Geburtstag, gesagt werden. Die Aussage erscheint banal – für Staaten wie Frankreich, die Niederlande, Costa Rica, Iran, Ägypten, Deutschland. Josef Stalin bekannte: »Die Hitlers kommen und gehen, das deutsche Volk bleibt bestehen.« Infolge des deutschen Angriffskrieges gegen die Sowjetunion (1941–1945) wurden mehr als 20 Millionen Sowjetbürger umgebracht, unvorstellbare Verbrechen geschahen. Doch der sowjetische Diktator Stalin, dem keine Untat fremd war, blieb nüchtern. Nie stellte er die Existenz des deutschen Volkes infrage.

Dagegen wird das Existenzrecht Israels heute, ein Pensionsalter nach dessen Gründung, keineswegs nur vom iranischen Regime, der Hisbollah und der Hamas bestritten. Die Zerstörung Zions wird offen als Ziel verkündet und als »nicht verhandelbar« deklariert. Dies wird in vielen Staaten widerspruchslos hingenommen.

staatsräson Bedenklich ist auch der schleichende Erosionsprozess des Verhältnisses zu Israel in den demokratischen Staaten. Bundeskanzlerin Merkel erklärte vor sieben Jahren in der Knesset Israels Sicherheit zur deutschen Staatsräson und damit für nicht verhandelbar. Entsprechend äußert sich Außenminister Steinmeier. Doch unterhalb der offiziellen Ebene wird dem jüdischen Staat vielfach die Solidarität aufgekündigt – ohne dass es den Betreffenden selbst bewusst wird.

Als der Literaturnobelpreisträger Grass »mit letzter Tinte« Israel als Gefahr für den Weltfrieden anprangerte, teilte die Mehrheit der Deutschen seine Auffassung. Warum? Weil Israel durch Gewalt entstand, wie alle anderen Staaten? Weil es bei Angriffen gegen seine Bevölkerungszentren mit Gewalt antwortet? Es ist richtig, über die Verhältnismäßigkeit zu streiten, doch das Recht auf Selbstverteidigung billigt die UN-Charta jedem Staat zu.

Während einer Podiumsdiskussion fragte mich ein deutscher Student in Washington, ob man »Israel nicht kritisieren darf«. Selbstverständlich kann man die Politik des jüdischen Staates tadeln, doch warum stellt man ausgerechnet Israels Bestehen zur Disposition? Das ist entscheidend. Israels tagtägliche Politik und deren Akteure werden ständig beanstandet. Dies geschieht in Israels Presse und mit gleichem Recht in den deutschen Medien. Ob man Israels Premier Netanjahu mag, ist Ansichtssache. An seiner Legitimation durch demokratische Wahlen ist jedoch nichts auszusetzen.

demokratie Doch wo wird heute noch hervorgehoben, dass Israel die einzige Demokratie in dieser Weltgegend ist? Dass im israelischen Parlament die Arabische Liste, die die Regierungspolitik, ja Israel als jüdischen Staat ablehnt, die drittgrößte Kraft ist? Dass israelische Gerichte wiederholt arabischen Klägern gegen die Regierung in Jerusalem recht geben? Dass die überwiegende Mehrheit der israelischen Araber in Israel und nicht in Palästina oder einem arabischen Staat leben möchte?

Nachdem das Rahmenabkommen zwischen Iran und den ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates plus Deutschland geschlossen worden war, jubelten die Menschen in Teheran. Sie erhoffen sich ein Ende der Sanktionen. In Israel dagegen herrschte quer durch alle jüdischen Parteien und, was schwerer wiegt, in weiten Teilen der Bevölkerung Bedrückung. Wenn man sich mit den Menschen unterhielt, spürte man deren Angst.

Eine Reporterin des ZDF sah sich gleichwohl am Tag nach der Vereinbarung veranlasst, in einer Nachrichtensendung von der »Kriegsrhetorik« Netanjahus zu sprechen. Hier wird die Wahrheit auf den Kopf gestellt! Nie hat ein israelischer Minister, ein Regierungschef, auch kein General, das Lebensrecht Irans bestritten. Umgekehrt wird Israels Vernichtung von iranischen Politikern, den religiösen Führern und den Militärs ständig das Wort geredet.

kritik Israel wird mit einem anderen Maßstab gemessen als andere Länder. Die Kritik ist fundamental, gnadenlos, mitunter lediglich unbedacht. Dass diese grundsätzliche Kritik, das Urteilen mit unterschiedlichen Maßstäben, auch unter Juden geschieht, macht keinen Unterschied. Es gibt allenthalben Selbstgerechte. Der jüdische Staat Israel hat in seiner kurzen Geschichte vieles falsch gemacht. Etwa bei der Integration sefardischer Zuwanderer. Doch es wurden drei Millionen Immigranten aufgenommen, das sind knapp fünfmal so viele, wie die ursprüngliche Bevölkerung zählte – auf Deutschland umgerechnet wären das mehr als 300 Millionen Zuwanderer! Dennoch gelang die Einordnung weitgehend.

Die Besetzung der arabischen Gebiete nach dem Krieg von 1967 ist ein fataler politischer und vor allem ein gesellschaftlicher Fehler, der Israels Identität als jüdischer Staat zunehmend gefährdet. Israel wird strategische Kompromisse und Risiken mit den Palästinensern eingehen müssen, um seine Zukunft zu sichern. Es gibt vieles zu kritisieren in Israel, dies wird glücklicherweise hier wie dort getan.

Aber an dem Lebensrecht des jüdischen Staates darf unter keinen Umständen gerüttelt werden. Wenn das geschieht, dann verlieren die Länder der demokratischen Welt ihren Anstand. Auch daher stehe ich zu Israel. Tun Sie es auch.

Der Autor ist Herausgeber der »Jewish Voice from Germany«.

Eurovision Song Contest

Spanien bekräftigt seine Boykottdrohung für ESC

Der Chef des öffentlich-rechtlichen Senders RTVE gibt sich kompromisslos: José Pablo López wirft Israel einen »Genozid« in Gaza und Manipulationen beim Public Voting vor und droht erneut mit dem Austritt

 28.11.2025

USA

Mehrheit der Juden blickt nach Mamdani-Sieg mit Sorge nach New York

Eine Umfrage zeigt: Fast zwei Drittel der Befragten sind der Ansicht, Mamdani sei sowohl antiisraelisch als auch antisemitisch

 28.11.2025

Sport

Basketball zurück in Israel: Hamburger beginnen in Jerusalem

Israelische Basketball-Teams tragen ihre Heimspiele im Eurocup und in der Euroleague bald wieder im eigenen Land aus. Zum Auftakt kommt ein Team aus Deutschland

 28.11.2025

Berlin

Israel, der Krieg gegen die Hamas und die Völkermord-Legende

Der israelische Militärhistoriker Danny Orbach stellte im Bundestag eine Studie und aktuelle Erkenntnisse zum angeblichen Genozid im Gazastreifen vor – und beklagt eine einseitige Positionierung von UN-Organisationen, Wissenschaft und Medien

 27.11.2025

USA

Staatsanwaltschaft rollt den Fall Etan Patz neu auf

Der jüdische Junge Etan Patz verschwindet am 25. Mai 1979 auf dem Weg zur Schule. Jahre später wird er für tot erklärt

 27.11.2025

Debatte

Neue Leitlinie zum Umgang mit NS-Raubgut für Museen und Bibliotheken

In Ausstellungshäusern, Archiven und Bibliotheken, aber auch in deutschen Haushalten finden sich unzählige im Nationalsozialismus entzogene Kulturgüter. Eine neue Handreichung soll beim Umgang damit helfen

von Anne Mertens  27.11.2025

Düsseldorf

Breite Mehrheit im Landtag wirbt für Holocaust-Zentrum in NRW

Große Mehrheit im NRW-Landtag: Fast alle Fraktionen werben für NRW als Standort eines vom Bund geplanten Holocaust-Bildungszentrums. Bayern und Sachsen sind ebenfalls im Rennen

von Andreas Otto  27.11.2025

Terrorismus

Berlin: Waffenkurier der Hamas wohnte in unmittelbarer Nähe zu mehreren jüdischen Einrichtungen

Im Auftrag der Terrororganisation Hamas sollen mehrere Männer jüdische und proisraelische Ziele unter anderem in der Hauptstadt ausgespäht und Waffen eingeschmuggelt haben. Nun berichten »Zeit« und »Welt« über die Hintergründe

 27.11.2025

Bildung

Im Land der Täter

Bis März soll die Entscheidung fallen, wo die Dependance der Schoa-Gedenkstätte Yad Vashem in Deutschland angesiedelt wird

von Michael Thaidigsmann  27.11.2025