Terror

Beispiel Bremen

Gefährdetes jüdisches Leben: Die Bremer Polizei beschützt Synagoge und Gemeindezentrum der Hansestadt. Foto: dpa

Und wieder die gleichen Bilder: Nach einer Terrorwarnung anlässlich des Aufzugs von Pegida in Dresden und eines Karnevalszugs in Braunschweig war am vergangenen Wochenende Bremen an der Reihe. Polizei und Sicherheitsdienste hatten Hinweise auf einen drohenden salafistischen Anschlag erhalten. Polizisten mit Maschinenpistolen waren auf den Straßen und Plätzen zu sehen, und auch die Synagoge am Rand der City wurde verstärkt bewacht.

Als die Sicherheitsmaßnahmen im Rest der Stadt längst heruntergefahren waren, stand die Synagoge weiterhin unter verschärfter Bewachung. Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) sagte: »Die intensiven polizeilichen und nachrichtendienstlichen Ermittlungen werden fortgesetzt und die Schutzmaßnahmen der Jüdischen Gemeinde auf demselben Niveau aufrechterhalten.«

festnahmen Zwei Männer wurden unter dem Verdacht, mit Maschinenpistolen gehandelt zu haben, vorläufig festgenommen. Einer von ihnen, ein 39-jähriger Libanese, soll sich Maschinen- und Automatikpistolen gekauft haben, um sie zu veräußern. Mittlerweile sind beide Männer wieder auf freiem Fuß. Es wird aber weiter gegen sie ermittelt.

Stadt und Polizei hätten sich gut verhalten und alles getan, um die Gemeinde zu schützen, sagt Elvira Noa, die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Bremen: »Nun hat sich alles sehr beruhigt, in der Stadt ist Entwarnung gegeben worden.« Aber viele Gemeindemitglieder seien noch immer beunruhigt und hätten, als die Anschlagsdrohung aktuell war, Angst gehabt.

Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hatte noch am Freitag erklärt, er sehe aktuell keine Gefahr für Juden in Deutschland. Es gebe keine konkreten Hinweise auf Anschläge auf jüdische Einrichtungen wie etwa Synagogen, so Maaßen auf dem jüdischen Jugendkongress in Berlin.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatte versichert, der Staat tue »alles, um jüdisches Leben bei uns zu schützen«. Es gelte: Wer jüdisches Leben angreife, werde »mit der ganzen Härte des Rechtsstaates verfolgt werden«.

zweifel Die Rechtsprechung in Deutschland lässt allerdings Zweifel an dieser Feststellung aufkommen. Erst jüngst erhielten drei junge Männer, die einen – lediglich an ihrem eigenen Dilettantismus gescheiterten – Anschlag auf die Synagoge von Wuppertal verübt hatten, nur Bewährungsstrafen, weil der Richter das Werfen von Molotowcocktails auf das jüdische Gotteshaus nicht als antisemitisch einstufte.

Oder: Im Rechtsstreit zwischen der Journalistin Jutta Ditfurth und dem rechtsnationalen Publizisten Jürgen Elsässer stellte die Richterin am Münchner Landgericht fest, ein »glühender Antisemit« sei nur jemand, der »mit einer Überzeugung, die das Dritte Reich nicht verurteilt«, auftrete. In der ersten Instanz war Ditfurth eine solche Charakterisierung untersagt worden.

Allein in Berlin haben in den vergangenen Jahren die antisemitischen Straftaten kontinuierlich zugenommen: von 148 im Jahr 2010 auf 192 drei Jahre später. Und auch hier ist es eher die Ausnahme, wenn die »ganze Härte des Rechtsstaates«, von der Heiko Maas spricht, einmal zuschlägt – so wie beim Urteil der Amtsrichterin Gauri Sastry in Essen, die einen Mann für das Rufen der Parole »Tod und Hass den Zionisten!« wegen Volksverhetzung verurteilte, weil »Zionist« im antisemitischen Sprachgebrauch der Code für Jude sei.

boykotte Auch in Bremen beklagen viele, dass es genügend Gelegenheiten gebe, Judenhass offen zu zeigen, ohne dass der Rechtsstaat zuschlägt. Die Stadt ist nicht nur eine Hochburg der Salafisten, auch linke Israelhasser sind hier stark vertreten. Elvira Noa berichtet: »Die Boykottaktionen gegen Israel in Bremen waren sehr heftig. Es gibt jeden Samstag eine Demonstration, auf der pensionierte Pastoren gegen Israel und die Juden hetzen.«

Der Bremer Journalist Jan-Philipp Hein glaubt zwar nicht, dass es in der Hansestadt eine antisemitische Grundstimmung gibt, kritisiert aber den Umgang der Stadtgesellschaft mit dem Judenhass: »Es herrscht eine Kultur der wohlwollenden Nichtbeachtung. Die evangelische Kirche stellt sich nicht offen gegen die hetzenden Pfarrer, weil sie keinen Ärger innerhalb der eigenen Reihen will, und die Linken in der Bürgerschaft, die keine Israelhasser sind, dulden Antisemiten an ihrer Parteibasis, die immer wieder zu Boykotten gegen Israel aufrufen.«

Niedersachsen

Moscheen in Hannover mit »Israel«-Schriftzügen besprüht

Unbekannte haben »Israel«-Schriftzüge auf mehrere Moscheen in Hannover geschmiert. Niedersachsens Antisemitismus-Beauftragter und die jüdische Gemeinde reagieren entsetzt

 11.12.2025

Berlin

Erstmals Chanukka-Feier im Bundestag

Zur Feier werden unter anderem der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein und Zentralrats-Geschäftsführer Daniel Botmann erwartet

 11.12.2025

Block-Prozess

Mutmaßlicher Entführer-Chef: Aussage gegen sicheres Geleit

Hat Christina Block den Auftrag erteilt, ihre Kinder aus Dänemark zu entführen? Der mutmaßliche Chef der Entführer äußert sich dazu als Zeuge vor Gericht

 11.12.2025

Brigitte Macrons Ausfall gegen Aktivistinnen entfacht eine landesweite Debatte.

Frankreich

First Lady an Abittans Seite – und gegen Feministinnen

Brigitte Macrons Ausfall gegen Feministinnen wirft ein Schlaglicht auf Frankreichs Umgang mit Protest, sexueller Gewalt und prominenten Beschuldigten.

von Nicole Dreyfus  11.12.2025

Parteien

Justiz prüft Äußerungen nach Neugründung von AfD-Jugend 

Nach einer Rede beim AfD-Jugendtreffen prüft die Staatsanwaltschaft Gießen mögliche Straftatbestände

von Janet Ben Hassin  10.12.2025

Debatte

Merz, Trump und die Kritik an der Migration

Deutschlands Bundeskanzler reagiert auf die Vorwürfe des US-Präsidenten

von Jörg Blank  10.12.2025

Debatte

Wie umgehen mit Xavier Naidoo?

Der Sänger kehrt auf die großen Bühnen zurück. Ausverkaufte Hallen treffen auf Antisemitismus-Vorfälle, anhängige Verfahren und eine umstrittene Entschuldigung - und auf die Frage, wie man heute dazu steht

von Stefanie Järkel, Jonas-Erik Schmidt  10.12.2025

Initiative

Bayerns Landtag will Yad-Vashem-Bildungszentrum in Freistaat holen

Die Idee hatte die Ampel-Koalition von Olaf Scholz: Eine Außenstelle der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Deutschland. Der Bayerische Landtag hat sich nun für einen Standort im Freistaat ausgesprochen

von Barbara Just  10.12.2025

Paris/Brüssel

EU-Gaza-Hilfe: Französischer Politiker hat »große Bedenken«

Benjamin Haddad, Frankreichs Staatssekretär für Europafragen, hat die Europäische Kommission aufgefordert, ihre Zahlungen an NGOs, die im Gazastreifen operieren, besser zu überwachen

 10.12.2025