Hörfunk

Auf Sendung

Humanist oder Antisemit? Ken Jebsen Foto: rbb

Mit einem Bananenmikrofon hat er Straßenumfragen fürs Radio gemacht, er ist berühmt für sein schnelles Sprechtempo und berüchtigt für seine gewagten Moderationen. Ken Jebsen, der beim Potsdamer Radiosender »Fritz« seine eigene Sendung KenFM hat und dem Anfang der Woche Antisemitismus vorgeworfen wurde, darf seine vierstündige Sendung weitermoderieren. Das entschied der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) am Mittwoch.

Anlass für die Vorwürfe soll eine womöglich von Jebsen selbst verfasste E-Mail an einen Hörer seiner Sendung gewesen sein, in der es unter anderem in fehlerhaftem Deutsch heißt: »ich weis wer den Holocaust als PR erfunden hat«.

Diese Nachricht veröffentlichte der Publizist Henryk M. Broder auf seiner Online-Plattform »Achse des Guten« und schickte laut Jebsen dem Program-Management des öffentlich-rechtlichen Radiosenders eine Nachricht, in der er den Moderator als »Irren« und »Antisemiten« bezeichnete.

Vorwürfe »Fritz« reagierte, setzte wegen der »schweren Vorwürfe«, wie es in der Presseerklärung heißt, die Sendung KenFM am vergangenen Sonntag aus und brachte vier Stunden Musik ohne Moderation. Man wolle den Moderator und den RBB vor schwerwiegendem Schaden bewahren, schreibt der Programmchef von »Fritz«, Stefan Warbeck.

Volker Schreck, stellvertretender Unternehmenssprecher des RBB, sagte der Jüdischen Allgemeinen, dass der Sender am Dienstag noch mit Ken Jebsen im Gespräch war, um die Hintergründe zu klären. Der Vorwurf des Antisemitismus könne nicht aufrechterhalten werden, sagte der Unternehmenssprecher. »Gleichwohl wird man sich über journalistische Standards auseinandersetzen«, sagte Schreck im Gespräch. Dort gäbe es nämlich »Justierungsbedarf«.

Jebsen veröffentlichte eine Stellungnahme auf der Video-Plattform YouTube. »Ich bin vielleicht irre, aber kein Antisemit«, sagt der Moderator. Vielmehr verstehe er sich als »Humanist und Demokrat«. Ob er die Mail verfasst habe, dazu äußert er sich nicht.

Rundfunkrat Tuvia Schlesinger, der die jüdischen Gemeinden in Berlin und Brandenburg im RBB-Rundfunkrat vertritt, sagte der Jüdischen Allgemeinen: »Alles in allem ist das ein sehr bedenklicher Vorgang. Ich werde eine Prüfung der Sache durch den Programmausschuss beantragen.«

Unterdessen bekommt Jebsen Unterstützung beim sozialen Netzwerk Facebook, wo die Gruppe »Weg mit der Zensur von KenFM! Sofortige Wiederherstellung der Sendung!« gegründet wurde.

Der Moderator, der seit zehn Jahren bei der RBB-Jugendwelle »Fritz« arbeitet, hat Henryk M. Broder eingeladen, mit ihm über Rassismus und Antisemitismus zu diskutieren. Ob Broder die Einladung annimmt, ist offen.

Dortmund

Ermittlungen gegen Wachmann von NS-Gefangenenlager 

Die Polizei ermittelt gegen einen Ex-Wachmann des früheren NS-Kriegsgefangenenlagers in Hemer. Er soll an Tötungen beteiligt gewesen sein - und ist laut »Bild« inzwischen 100 Jahre alt

 22.11.2025

Deutschland

»Völlige Schamlosigkeit«: Zentralrat der Juden kritisiert AfD-Spitzenkandidat für NS-Verharmlosung

Der AfD-Spitzenkandidat aus Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, äußert sich einschlägig in einem Podcast zur NS-Zeit

von Verena Schmitt-Roschmann  21.11.2025

München

»Wir verlieren die Hoheit über unsere Narrative«

Der Publizist und Psychologe Ahmad Mansour warnte in München vor Gefahren für die Demokratie - vor allem durch die sozialen Netzwerke

von Sabina Wolf  21.11.2025

Tobias Kühn

Wenn Versöhnung zur Heuchelei wird

Jenaer Professoren wollen die Zusammenarbeit ihrer Universität mit israelischen Partnern prüfen lassen. Unter ihnen ist ausgerechnet ein evangelischer Theologe, der zum Thema Versöhnung lehrt

von Tobias Kühn  21.11.2025

Kommentar

Martin Hikel, Neukölln und die Kapitulation der Berliner SPD vor dem antisemitischen Zeitgeist

Der bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

Deutschland

»Hitler ist niedergekämpft worden. Unsere Städte mussten in Schutt und Asche gelegt werden, leider«

Militanter Linker, Turnschuhminister, Vizekanzler und Außenminister: Das sind die Stationen im Leben des Grünenpolitikers Joschka Fischer. Warum er heute vom CDU-Kanzler Konrad Adenauer ein anderes Bild als früher hat

von Barbara Just  21.11.2025

Berlin

Bundesinnenministerium wechselt Islamismusberater aus

Beraterkreis statt Task Force: Die schwarz-rote Bundesregierung setzt einen anderen Akzent gegen islamistischen Extremismus als die Ampel. Ein neues Expertengremium, zu dem auch Güner Balci gehören wird, soll zunächst einen Aktionsplan erarbeiten

von Alexander Riedel  21.11.2025