Südamerika

Argentinien sagt ja zu Palästina

Nach Brasilien hat am ersten Dezemberwochenende auch Argentinien den Staat Palästina in den Grenzen von 1967 anerkannt. Uruguay kündigte an, seinen beiden Nachbarn im kommenden Jahr folgen zu wollen. Argentiniens Staatschefin Cristina Kirchner und ihr brasilianischer Kollege Luiz Inácio Lula da Silva teilten ihre Entscheidung dem Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, in einem Brief mit. Mit der Anerken- nung kommen beide Staaten einer entsprechenden Bitte Abbas’ nach. Die Palästinenser zeigten sich hocherfreut.

Israel dagegen reagierte irritiert und nannte die argentinische Entscheidung »bedauerlich« und »enttäuschend«. Sie helfe keineswegs, Bewegung in die Situation zwischen Israel und den Palästinensern zu bringen, sagte der Sprecher des israelischen Außenministeriums, Yigal Palmor. In ähnlicher Weise war in Israel bereits die Anerkennung durch Brasilien kommentiert worden.

Kommuniqué Die Vereinigung der Jüdischen Gemeinde Argentiniens (AIMA) reagierte auf die Anerkennungspolitik ihrer Regierung mit Kritik. Nach einigen Tagen des Grübelns über eine angemessene Reaktion übermittelte sie Ende vergangener Woche bei einem fast zweistündigen Treffen mit Außenminister Timerman im Palacio San Martín in Buenos Aires ihr »Unbehagen«. Als »nicht hilfreich für die Friedensgespräche« zwischen Israel und den Palästinensern bezeichnete ein offizielles Kommuniqué der AIMA die Anerkennung.

»Es ist nicht angebracht, dass Argentinien einen freien und unabhängigen Staat Palästina anerkennt, ohne gleichzeitig zu fordern, dass dieser seinen Verpflichtungen und Verantwortungen in geeigneter Weise nachkommt, alle Aggressionen gegen den Staat Israel und seine Bewohner einzustellen«, sagte Guillermo Borger, Präsident der AIMA. Der andere Dachverband der jüdischen Gemeinde in Argentinien, DAIA, dem gute Verbindungen zum »Kirchnerismus« nachgesagt werden, wollte sich nicht äußern.

Argentinien und Brasilien sind die beiden Länder mit den größten jüdischen Gemeinden in Südamerika, die traditionell gute Beziehungen zu ihren jeweiligen Regierungen haben. Die Anerkennung Palästinas hat diese zumindest in Argentinien erschüttert. Selbst der kürzliche Ausfall von Wirtschaftsminister Amado Boudou, der Journalisten mit denen verglich, »die Gaskammern säubern«, hatte nicht solche einstimmige Zurückweisung hervorgerufen.

Logik Auch in Uruguay zeigte sich die jüdische Gemeinde »sehr besorgt«. Der Präsident des Israelischen Zentralkomitees in Uruguay, Marcos Israel, sagte, die angekündigte Anerkennung Palästinas sei »eingerahmt von einem Prozess der Annäherung an arabische und iranische Positionen« und folge einer »rein wirtschaftlichen Logik oder politischen Abhängigkeit von Brasilien«. Man habe der Regierung in einem Schreiben sein Missfallen ausgedrückt, warte aber noch auf eine Antwort. Israel erklärte, er würde sich freuen, wenn »die Entscheidung suspendiert würde, bis sich die palästinensische Seite gesprächsbereiter zeigt als bisher.«

Die Jüdische Gemeinde in Chile befürchtet, dass die Regierung Piñera dem Beispiel ihrer Nachbarn folgen und Palästina ebenfalls anerkennen könnte. Marcelo Isaacson, Direktor der Jüdischen Gemeinde, verwies in einer Erklärung auf den wachsenden Antisemitismus im Land und warnte vor der Verbindung von Neonazis und islamistischen Gruppen.

Kommentar

Europa ist im Nahen Osten bedeutungsloser denn je

Während die USA unter Präsident Donald Trump keinen Zweifel darüber haben aufkommen lassen, wo es steht, hat Europa komplett versagt

von Daniel Neumann  13.10.2025

Gaza

Hamas kündigt Fortsetzung des Terrors gegen Israel an

Die Hamas will Israel weiterhin zerstören und einen islamischen Staat errichten

 13.10.2025 Aktualisiert

Berlin

Merz: »Der Krieg in Gaza ist zu Ende«

Der Kanzler würdigt den 13. Oktober als historischen Tag. Er hofft nun, dass von der Waffenruhe im Gazastreifen auch ein Signal in ein anderes Kriegsgebiet ausgeht

 13.10.2025

Nahost

Trumps Triumph in Nahost: wie ihm das gelang

Er versprach, schnell den Ukraine-Konflikt zu lösen - doch daran beißt sich US-Präsident Trump bislang die Zähne aus. Nun gelang ihm aber der Durchbruch im Gaza-Krieg. Wie hat Trump das gemacht?

von Andrej Sokolow, Anna Ringle  13.10.2025

Prognose

Beauftragter Klein erwartet nach Waffenruhe Rückgang von Judenhass

Hoffnung über Gaza hinaus: Der Antisemitismusbeauftragte des Bundes schätzt, dass mit der Waffenruhe auch der Judenhass in Deutschland abnimmt. Gleichzeitig brauche es Präventionsarbeit

 13.10.2025

Israel

Donald Trump vor der Knesset: Lob, Preis und Dank

Es war ein Empfang nach seinem Geschmack: Fast zeitgleich zur Freilassung der israelischen Geiseln in Gaza kam Donald Trump für ein paar Stunden nach Israel - und sprach zur Knesset

von Michael Thaidigsmann  13.10.2025

Stimmen

Erleichterung über Geisel-Freilassung - »Wechselbad der Gefühle«

Nach 738 Tagen sind die noch verbliebenen lebenden israelischen Geiseln von der Terrororganisation Hamas freigelassen worden. Unter die Freude über ihre Rückkehr mischt sich auch die Trauer um die Getöteten

von Niklas Hesselmann  13.10.2025

Meinung

Neues Semester, alter Antisemitismus?

Seit zwei Jahren sind deutsche Hochschulen keine sicheren Orte mehr für jüdische Studierende. Es wird viel Mühe kosten, diese Entwicklung zurückzudrehen

von Ron Dekel  13.10.2025

Nach Freilassung

Zentralrat der Juden: Geisel-Rückkehr Beginn eines Heilungsprozesses

Unter die Freude über die Freilassung der lebenden Geiseln mischt sich beim Präsidenten des Zentralrats auch die Trauer über die getöteten. Dieser Tag bedeute auch noch keine Rückkehr zur Normalität

von Niklas Hesselmann  13.10.2025