Frankfurt

Ahmad Mansour: »Die Politik ist naiv beim Thema Islamismus«

Der Extremismusforscher und Autor Ahmad Mansour Foto: picture alliance / Hasan Bratic

Deutschland braucht nach Worten des Islamismus-Experten Ahmad Mansour eine große Demokratie-Kampagne im Internet. »Entweder werden die Demokraten dort aktiv oder die Extremisten tun es«, sagte er am Freitag in Frankfurt. Zahlreiche junge Menschen verbrächten täglich Stunden in Sozialen Netzwerken, in denen etwa Islamisten sie mit falschen Informationen ansprächen.

Mansour attestierte der Politik eine »Naivität« mit Blick auf gesellschaftliche Entwicklungen in Deutschland wie dem Islamismus und forderte, umzusteuern. »Es ist kein flächendeckendes Demokratie-Konzept zu sehen - wo ist denn der Maßnahmen-Katalog?«

Erforderlich sei eine entsprechende Offensive mit zahlreichen Maßnahmen für verschiedene Zielgruppen. Als einziger bekannter Politiker sei Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) mit einem Online-Video im Internet wahrnehmbar gewesen und habe dort gegen Hass gesprochen.

Mansour äußerte sich im Frankfurter Historischen Museum bei einer Konferenz, die sich mit neuen Formen des Judenhasses befasste. Anlass war der bevorstehende Jahrestag des Überfalls von Hamas-Terroristen auf Israel am 7. Oktober 2023. Mehr als 1000 Menschen wurden dabei getötet, zahlreiche Menschen wurden als Geiseln in den Gazastreifen entführt. Die Attacke löste den Gazakrieg aus. In der Folge kam es auch in Deutschland zu antisemitischen und israelfeindlichen Aktionen.

Beauftragter: »Tsunami des Judenhasses«

Der hessische Beauftragte für jüdisches Leben, Uwe Becker, sprach von einem Grundrauschen des Antisemitismus in allen Schichten der Gesellschaft. »Wenn es uns nicht gelingt, diesen Tsunami des Judenhasses aufzuhalten, dann wird sich das Zeitfenster für jüdisches Leben in Europa schließen«, mahnte er. » ‚From the river to the sea‘ - dieser Aufruf zur Ermordung von Millionen Israelis ist in Deutschland weiterhin möglich«, sagte er. Der Satz war immer wieder bei Anti-Israel-Protesten zu hören und zu lesen und wird von vielen als Aufruf zur Vernichtung des Staates Israel wahrgenommen.

Antisemitische Äußerungen bedrohen auch nach Ansicht des Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, zunehmend den gesellschaftlichen Zusammenhalt. »Wie konnte es so weit kommen, dass Populisten nicht trotz, sondern wegen antisemitischer Aussagen gewählt werden?«, so Schuster. Es gebe zudem in Deutschland eine »antisemitische Querfront« von Extremisten, die Israel als gemeinsames Feindbild teilen würden.

»Juden in Deutschland müssen sich offen zu Israel bekennen können - im Moment sieht es aber düster aus«, bilanzierte er und sprach von »No-Go-Areas« für Juden, etwa an Universitäten.

Hass an deutschen Universitäten

An deutschen Hochschulen war es in den vergangenen Monaten zu israelfeindlichen Protesten gekommen. Auch die Direktorin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam und Veranstalterin, Susanne Schröter, sagte, dass es an Hochschulen massive Judenfeindlichkeit gebe. Dieser müsse gezielter entgegengetreten werden. Es könne nicht sein, dass etwa bei Protesten an der Frankfurter Universität Israels Staatsbürger geschlossen zur Auswanderung nach Polen aufgerufen würden.

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  20.11.2025 Aktualisiert

Berlin

Messerangriff am Holocaust-Mahnmal: Prozess beginnt

Ein 19-jährigen Syrer soll dort im Februar einem spanischen Touristen lebensgefährlich verletzt haben. Aufgrund einer sofortigen Notoperation überlebte das Opfer

 20.11.2025

Washington D.C.

Trump unterschreibt Gesetz zur Freigabe von Epstein-Akten

Der Druck auf den US-Präsidenten wurde zu groß - nun hat er die Veröffentlichung von Akten zu einem Fall genehmigt, den er nicht loswurde. Was das bedeutet

von Anna Ringle, Franziska Spiecker, Khang Mischke, Luzia Geier  20.11.2025

Russischer Eroberungskrieg

Neuer US-Friedensplan: Ukraine unter Druck

Die USA haben Sanktionen gegen Russland verhängt, doch hinter den Kulissen scheint weiter verhandelt worden zu sein. Kiew trifft dies zu einem doppelt ungünstigen Zeitpunkt

 20.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  20.11.2025

Essay

All die potenziellen Schüsse

In diesem Herbst liest man fast täglich von vereitelten Anschlägen auf Juden. Was die ständige Bedrohung mit uns macht

von Mascha Malburg  20.11.2025

Stuttgart

Polizei plant Großeinsatz bei Maccabi-Spiel

Vor den Europa-League-Auftritten gegen Maccabi Tel Aviv sind der VfB Stuttgart und der SC Freiburg alarmiert. Ein Fan-Ausschluss wie zuletzt in Birmingham ist momentan nicht geplant

 19.11.2025

Kommentar

Danke, Berlin!

Die Entscheidung der Behörden, einem Hamas-Fanboy die Staatsbürgerschaft zu entziehen, sendet ein unmissverständliches und notwendiges Signal an alle Israelhasser. Mit Mahnwachen allein können wir die Demokratie nicht verteidigen

von Imanuel Marcus  19.11.2025

München

LMU sagt Veranstaltung zu palästinensischer Wissenschaft ab

Die Universität verwies in ihrer Stellungnahme darauf, dass es erhebliche Zweifel gegeben habe, »ob es sich um eine wissenschaftliche Veranstaltung auf dem erforderlichen Niveau gehandelt hätte«

 19.11.2025