Rückblende

2002: Mosche Katsav in Wuppertal

Präsidenten in Wuppertal: Johannes Rau (l.) und Mosche Katsav 2002 Foto: dpa

Als die Bergische Synagoge in Wuppertal am 8. Dezember 2002 eingeweiht wurde, gehörten Synagogeneröffnungen bereits zum Alltag des wiedervereinigten Deutschland. Als Folge der Zuwanderung aus der ehemaligen Sow jetunion platzten die jüdischen Gemeindeeinrichtungen vielerorts aus allen Nähten. Wuppertal war von dem Zuwachs besonders betroffen. Hier stieg die Mitgliederzahl der Gemeinde zwischen 1989 und 2012 von 82 auf über 2200 an.

Doch gab es außer dem rasanten Mitgliederanstieg noch eine andere Besonderheit in Wuppertal. Zum ersten Mal war ein israelischer Staatspräsident dabei. Mosche Katsavs Besuch in der Synagoge ging auf eine Initiative seines deutschen Amtskollegen Johannes Rau zurück, wie später der damalige Zentralratsvorsitzende Paul Spiegel bestätigte. Rau wollte damit ein Zeichen setzen. Dies gelang ihm durchaus. Katsav betonte in seiner Ansprache, dass jüdisches Leben in Deutschland auch in Israel mit Interesse und Wohlwollen verfolgt werde.

neue töne Das war ein ganz neuer Ton für einen israelischen Präsidenten. Als das letzte Mal ein israelisches Staatsoberhaupt in Deutschland zu Gast gewesen war, hatte das noch ganz anders geklungen. Ezer Weizmann hatte 1996 zwar die guten Beziehungen zwischen beiden Ländern herausgestrichen, doch auch gefragt, wie denn Juden überhaupt in Deutschland leben könnten.

Der damalige Zentralratsvorsitzende Ignatz Bubis hatte ihm durchaus selbstbewusst widersprochen. Das schlechte Gewissen vieler deutscher Juden, nicht nur in der Diaspora, sondern ausgerechnet im »Land der Mörder« zu leben, ebbte seit den 80er-Jahren langsam ab. Die letzten »Staatenlosen« – meist ehemalige DPs und deren Kinder – holten sich ihre deutschen Pässe ab, man feuerte die deutsche Fußballnationalmannschaft und nicht mehr ihre Gegner an, und wenn man nach Israel fuhr, gab man sich nicht mehr als Schweizer aus.

Die beiden Staatsbesuche Weizmanns 1996 und Katsavs 2002 markierten den Wandel auch von Seiten der israelischen Politik, der in dieser Zeit vor sich ging. Jüdisches Leben in Deutschland wurde nun langsam auch in Israel akzeptiert. So war die Einweihung der Wuppertaler Synagoge ein Markstein für die jüdische Gemeinschaft in Deutschland und für die deutsch-israelischen Beziehungen.

Mosche Katsav halfen die Gebete und guten Wünsche während des Gottesdienstes freilich herzlich wenig. Er wurde 2010 von einem israelischen Gericht zu sieben Jahren Haft wegen der Vergewaltigung einer Angestellten verurteilt –und sitzt heute in der Gefängniszelle eine Haftstrafe ab, die so lang ist wie die Zeit, die er einst im Präsidentenpalast verbrachte.

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Faktencheck

Berichte über israelischen Pass Selenskyjs sind Fälschung

Ukrainische Behörden ermitteln wegen hochrangiger Korruption. Doch unter diesen Fakten mischen sich Fälschungen: So ist erfunden, dass bei einer Razzia ein israelischer Pass Selenskyjs gefunden wurde

 20.12.2025

Analyse

Ankaras Machtspiele

Manche befürchten schon einen »neuen Iran«. Warum Israel die Türkei zunehmend als Bedrohung wahrnimmt

von Ralf Balke  20.12.2025

Bundestag

Zentralrat verteidigt Weimers Gedenkstättenkonzept

Der Ausschuss für Kultur und Medien hörte Experten zu der Frage an, ob über den Holocaust hinaus auch andere Verbrechen Teil der deutschen Erinnerungskultur sein sollen

 19.12.2025

Frankreich

Drei Jahre Haft für antisemitisches Kindermädchen

Ein französisches Gericht hat eine Algerierin zur einer Gefängnisstrafe verurteilt, weil sie einer jüdischen Familie Reinigungsmittel ins Essen, Trinken und die Kosmetika mischte

 19.12.2025

Berlin

Bericht über Missbrauch internationaler Hilfe durch Hamas im Bundestag vorgestellt

Olga Deutsch von der Organisation NGO Monitor sagt, während die Bundesregierung über Beiträge zum Wiederaufbau Gazas berate, sei es entscheidend, auf bestehende Risiken hinzuweisen

von Imanuel Marcus  19.12.2025

Meinung

Heute Juden, morgen Christen

Judenhass führt konsequent zum Mord. Dafür darf es kein Alibi geben

von Rafael Seligmann  19.12.2025

Tel Aviv/Berlin

Israel unterzeichnet weiteren Vertrag mit Deutschland über Raketenabwehr

Es handelt sich um das größte Rüstungsgeschäft in der Geschichte des jüdischen Staates

 19.12.2025

Sydney/Canberra

Nach Terroranschlag von Bondi Beach: Australien plant nationalen Trauertag

Die Regierung kündigt zudem umfassende Maßnahmen an. Dazu gehört eine landesweite Rückkaufaktion für Schusswaffen

 19.12.2025