Rückblende

1993: Bundespräsident Ignatz Bubis?

Ignatz Bubis (1927–1999) Foto: dpa

Rückblende

1993: Bundespräsident Ignatz Bubis?

Unsere Serie über die Geschichte der Juden in Deutschland nach 1945: Folge 48

von Michael Brenner  07.10.2013 19:45 Uhr

Inmitten der ausländerfeindlichen und rassistischen Gewaltakte, die das wiedervereinigte Deutschland von Hoyerswerda bis Rostock und von Solingen bis Mölln erlebte, rief zu Beginn des Jahres 1993 die – mittlerweile nicht mehr bestehende – Wochenzeitung »Die Woche« dazu auf, Ignatz Bubis zum Bundespräsidenten zu wählen. Ein CDU- Bundestagsabgeordneter hatte den Anstoß gegeben. Bubis war nach dem Tod Heinz Galinskis 1992 zum Vorsitzenden des Zentralrats gewählt worden. Seine Wahl stieß auch innerhalb der jüdischen Gemeinschaft auf Widerstände.

Bubis galt manchen wegen seiner Immobiliengeschäfte im Frankfurter Westend als »Spekulant« und wurde als ein mögliches Vorbild für die Figur des »reichen Juden« in Rainer Werner Fassbinders umstrittenem Theaterstück Der Müll, die Stadt und der Tod gesehen. Als Frankfurter Gemeindevorsitzender hatte Bubis zusammen mit anderen Gemeindemitgliedern 1985 die Aufführung durch eine Bühnenbesetzung verhindert.

Beliebt Ein Spekulant und Bühnenbesetzer als Zentralratsvorsitzender und nun gar als Bundespräsident? Das ging manchen zu weit. Bubis entwaffnete jedoch seine Widersacher innerhalb kurzer Zeit und etablierte sich als ein äußerst beliebter und erfolgreicher Vertreter der deutsch-jüdischen Gemeinschaft. Er trat in unzähligen Fernseh-Talkshows auf, wo er eine neue Offenheit verkörperte, und scheute keine Einladung in eine auch noch so abgelegene Schulklasse.

Erst unter Bubis wurde das Amt des Zentralratsvorsitzenden, das nun zum Präsidentenamt wurde, von einer breiten Mehrheit der Deutschen wahrgenommen. Hierzu trugen gewiss auch die öffentlichen Debatten bei, die Bubis führte, am meisten wohl seine Auseinandersetzung mit Martin Walser über dessen umstrittene Rede bei der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels. Auch parteipolitisch war Bubis in der Öffentlichkeit aktiver als seine Vorgänger. Hatten Nachmann mit der CDU und Galinski mit der SPD sympathisiert, so war Bubis Mitglied im Landes- und Bundesvorstand der FDP und engagierte sich offen im Frankfurter Wahlkampf für die Liberalen.

Als Bundespräsident stand er jedoch nicht zur Verfügung. »Ein jüdischer Bundespräsident würde die Stimmung noch verschlimmern«, erklärte Bubis. Als ihn »Die Zeit« fragte, wen er selbst für das Amt des Bundespräsidenten am geeignetsten hielte, nannte er zwei Namen: Hans-Dietrich Genscher und Hans-Magnus Enzensberger. Für die ehemalige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts und des Goethe-Instituts Jutta Limbach war Bubis dennoch »so eine Art inoffizieller Bundespräsident«.

Wien

EBU: Boykott hat keine Folgen für Finanzierung des ESC 2026

Der Gesangswettbewerb steht unter Druck. Die Boykott-Welle hat laut der Europäischen Rundfunkunion aber keine Auswirkungen auf dessen Finanzierung. Es werden aktuell rund 35 Staaten erwartet

 05.12.2025

Offenbach

Synagoge beschmiert, Kinder durch Graffiti eingeschüchtert

Rabbiner Mendel Gurewitz: »Ich war der Meinung, dass wir hier in Offenbach mehr Toleranz zwischen den unterschiedlichen Kulturen und Religionen haben als etwa in Frankfurt oder in anderen Städten.«

 05.12.2025

Gaza

Wie die Hamas Hilfsorganisationen gefügig machte

Einer Auswertung von »NGO Monitor« zufolge konnten ausländische Organisationen in Gaza nur Hilsprojekte durchführen, wenn sie sich der Kontrolle durch die Hamas unterwarfen

von Michael Thaidigsmann  05.12.2025

Washington D.C.

Trump plant Übergang in Phase II des Gaza-Abkommens

Der nächste große Schritt erfolgt dem Präsidenten zufolge schon bald. Ein »Friedensrat« soll noch vor Weihnachten präsentiert werden

 05.12.2025

Berlin

Linken-Chef empört über Merz-Reise zu Netanjahu

Jan van Aken regt sich darüber auf, dass er Bundeskanzler Ministerpräsident Netanjahu treffen wird

 05.12.2025

Köln

Trotz Kritik: Sophie von der Tann erhält Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis

»Keine Auszeichnung für Propaganda und Antisemitismus« steht während der Preisvergabe auf einem Transparent, das Demonstranten vor dem WDR-Funkhaus tragen

 05.12.2025

Genf

Entscheidung gefällt: Israel bleibt im Eurovision Song Contest

Eine Mehrheit der 56 Mitgliedsländer in der European Broadcasting Union stellte sich am Donnerstag gegen den Ausschluss Israels. Nun wollen Länder wie Irland, Spanien und die Niederlande den Musikwettbewerb boykottieren

von Michael Thaidigsmann  04.12.2025

Medien

»Die Kritik trifft mich, entbehrt aber jeder Grundlage«

Sophie von der Tann schwieg bislang zur scharfen Kritik. Doch jetzt reagiert die ARD-Journalistin auf die Vorwürfe

 04.12.2025

Karlsruhe/München

Mutmaßlicher Huthi-Terrorist angeklagt

Ein Mann soll für die Terrororganisation im Jemen gekämpft haben. Deutschlands oberste Anklagebehörde will ihn vor Gericht sehen

 04.12.2025