Rückblende

1964: Gründung des Instituts zur Geschichte der deutschen Juden

Als zwei Jahrzehnte nach Kriegsende in Hamburg das erste Forschungsinstitut zur Geschichte der deutschen Juden in Deutschland gegründet wurde, war diesem eine lange Vorgeschichte vorausgegangen. Die Pazifistin Gertrud Luckner hegte bereits 1954 solche Pläne und brachte sie bei Bundespräsident Theodor Heuss vor.

Die Zeit war aber noch nicht reif für eine solche Einrichtung. 1955 hatten in Jerusalem deutsch-jüdische Emigranten mit dem Leo-Baeck-Institut die erste wissenschaftliche Institution gegründet, die sich dem Erbe des deutschsprachigen Judentums verschrieben hatte. Mit seinen weiteren Standorten in New York und London bildet es bis heute die weltweit wichtigste Einrichtung ihrer Art. Die Gründer machten immer wieder klar, dass sie kein eigenes Leo-Baeck-Institut in dem Land wünschten, aus dem sie vertrieben wurden.

archivmaterial Es stellte sich jedoch akut die Frage, wer die Oberhoheit über das in der Bundesrepublik verbliebene Aktenmaterial jüdischer Provenienz und zu jüdischer Thematik erhalten sollte. Deutsche Regierungsvertreter äußerten bei einer Archivkonferenz 1955 ihre Vorbehalte dagegen, dass »die Juden« Kontrolle über belastendes Aktenmaterial aus der NS-Zeit erhalten sollten. Vor allem wollte man verhindern, dass weitere jüdische Gemeindeakten nach Israel verschwanden, wie dies in den Nachkriegsjahren etwa mit den Archiven der bayerisch-jüdischen Gemeinden geschehen war.

So verständigten sich die Bundesregierung und der Zentralrat darauf, ein Forschungsinstitut mit Archiv in Hamburg einzurichten. Zum Direktor wollte man den Münsteraner Theologen Karl-Heinrich Rengstorf bestellen. Allerdings stellte sich bald heraus, dass er als Vorsitzender des »Evangelisch-Lutherischen Zentralvereins für Mission unter Israel« und Ordinarius für Neues Testament wohl nicht der geeignete Kandidat für diesen Posten war. Aus Münster hörte man zudem, dass Rengstorf zwar einen jüdischen Mitarbeiter, den ehemaligen Archivar Bernhard Brilling, eingestellt hatte, doch alle wichtigen Sitzungen gerne auf den Freitagabend ansetzte, sodass der als Rabbiner ordinierte Brilling nicht teilnehmen konnte.

Anstelle von Rengstorf berief man schließlich im November 1964 den aus Israel zurückgekehrten Historiker Heinz Mosche Graupe nach Hamburg. Das Institut wurde im Jahre 1966 eröffnet. Pläne für ein eigenes jüdisches Archiv zur Geschichte der deutschen Juden wurden fallen gelassen und erst 21 Jahre später mit dem 1987 gegründeten, in Heidelberg ansässigen Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland realisiert.

Dortmund

Ermittlungen gegen Wachmann von NS-Gefangenenlager 

Die Polizei ermittelt gegen einen Ex-Wachmann des früheren NS-Kriegsgefangenenlagers in Hemer. Er soll an Tötungen beteiligt gewesen sein - und ist laut »Bild« inzwischen 100 Jahre alt

 22.11.2025

Deutschland

»Völlige Schamlosigkeit«: Zentralrat der Juden kritisiert AfD-Spitzenkandidat für NS-Verharmlosung

Der AfD-Spitzenkandidat aus Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, äußert sich einschlägig in einem Podcast zur NS-Zeit

von Verena Schmitt-Roschmann  21.11.2025

München

»Wir verlieren die Hoheit über unsere Narrative«

Der Publizist und Psychologe Ahmad Mansour warnte in München vor Gefahren für die Demokratie - vor allem durch die sozialen Netzwerke

von Sabina Wolf  21.11.2025

Kommentar

Wenn Versöhnung zur Heuchelei wird

Jenaer Professoren wollen die Zusammenarbeit ihrer Universität mit israelischen Partnern prüfen lassen. Unter ihnen ist ausgerechnet ein evangelischer Theologe, der zum Thema Versöhnung lehrt

von Tobias Kühn  21.11.2025

Kommentar

Martin Hikel, Neukölln und die Kapitulation der Berliner SPD vor dem antisemitischen Zeitgeist

Der bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

Deutschland

»Hitler ist niedergekämpft worden. Unsere Städte mussten in Schutt und Asche gelegt werden, leider«

Militanter Linker, Turnschuhminister, Vizekanzler und Außenminister: Das sind die Stationen im Leben des Grünenpolitikers Joschka Fischer. Warum er heute vom CDU-Kanzler Konrad Adenauer ein anderes Bild als früher hat

von Barbara Just  21.11.2025

Berlin

Bundesinnenministerium wechselt Islamismusberater aus

Beraterkreis statt Task Force: Die schwarz-rote Bundesregierung setzt einen anderen Akzent gegen islamistischen Extremismus als die Ampel. Ein neues Expertengremium, zu dem auch Güner Balci gehören wird, soll zunächst einen Aktionsplan erarbeiten

von Alexander Riedel  21.11.2025