Jens-Christian Wagner

Zivilgesellschaft ja, Moskaus Vertreter nein

Jens-Christian Wagner, Leiter der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora Foto: imago images/ari

Am 18. März wurde Boris Romantschenko, Überlebender der Konzentrationslager Buchenwald und Mittelbau-Dora und Vizepräsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora (IKBD), beim russischen Angriff auf seine Heimatstadt Charkiw getötet. Anastasia Gulej, Überlebende von Auschwitz und Bergen-Belsen und Vorsitzende des ukrainischen Verbandes ehemaliger politischer KZ-Häftlinge, gelang die Flucht nach Deutschland. Sie erzählte mir vor einigen Tagen unter Tränen, welche Todesängste sie litt, als ihr Wohnort bei Kiew unter russischem Beschuss lag.

Für uns wäre es eine unerträgliche Vorstellung, am 77. Jahrestag der Lagerbefreiung in Buchenwald und Mittelbau-Dora offizielle Vertreter der russischen und der belarussischen Regierung willkommen zu heißen, die für Boris Romantschenkos Tod verantwortlich sind. Wir haben deshalb in Abstimmung mit dem IKBD den beiden diplomatischen Vertretungen schriftlich mitgeteilt, dass sie bei unseren Veranstaltungen zum Jahrestag der Befreiung nicht willkommen sind.

rote armee Diese Entscheidung haben wir uns nicht leicht gemacht. Es ist uns wichtig, explizit daran zu erinnern, dass die ehemalige Sowjetunion neben Polen die Hauptlast des deutschen Raub- und Vernichtungskrieges getragen hat (das gilt insbesondere für die jüdische Bevölkerung). Es war maßgeblich auch der Roten Armee zu verdanken, dass Europa vom Nationalsozialismus befreit wurde.

Vertreter der Zivilgesellschaft aus Russland und Belarus werden Kränze in den Farben der beiden Länder niederlegen.

Um deutlich zu machen, dass wir aller Opfer von Buchenwald und Mittelbau-Dora gedenken, insbesondere auch der russischen, belarussischen und ukrainischen Häftlinge, die zusammen etwa 30 Prozent aller Gefangenen ausmachten, werden Vertreter der Zivilgesellschaft aus Russland und Belarus Kränze in den Farben der beiden Länder niederlegen.

Zudem werden eine junge Ukrainerin und eine junge Russin in ihren Sprachen jenen Part des Schwurs von Buchenwald verlesen, den Boris Romantschenko 2015 zum 70. Jahrestag vorgetragen hatte. Er endet mit dem Satz: »Der Aufbau einer Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.«

Der Autor ist Leiter der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora.

Meinung

Die Columbia und der Antisemitismus

Ein neuer Bericht offenbart: An der US-Eliteuniversität sind die Nahoststudien ideologisch einseitig und jüdische Studenten nicht sicher. Es ist ein Befund, der ratlos macht

von Sarah Thalia Pines  22.12.2025

Meinung

Der Missbrauch von Anne Frank und die Liebe zu toten Juden

In einem Potsdamer Museum stellt der Maler Costantino Ciervo das jüdische Mädchen mit einer Kufiya dar. So wird aus einem Schoa-Opfer eine universelle Mahnfigur, die vor allem eines leisten soll: die moralische Anklage Israels

von Daniel Neumann  21.12.2025

Gastbeitrag

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum schweigt ihr?

Jan Grabowski fragt die deutschen Historiker, warum sie es unwidersprochen stehen lassen, wenn ein Holocaust-Experte für seine Forschungsarbeit diskreditiert wird

von Jan Grabowski  21.12.2025

Nahost

Warum Deutschland seine Botschaft nach Jerusalem verlegen sollte

Ein Kommentar von JA-Redakteur Imanuel Marcus

von Imanuel Marcus  21.12.2025

Essay

Chanukka und wenig Hoffnung

Das hoffnungsvolle Leuchten der Menorah steht vor dem düsteren Hintergrund der Judenverfolgung - auch heute wieder

von Leeor Engländer  21.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Meinung

Heute Juden, morgen Christen

Judenhass führt konsequent zum Mord. Dafür darf es kein Alibi geben

von Rafael Seligmann  19.12.2025

Meinung

Weitermachen oder die jüdische Resilienz

Verfolgung, Exil und Gewalt konnten es nicht brechen: Die Widerstandsfähigkeit des jüdischen Volkes prägt seine Geschichte bis heute

von Nicole Dreyfus  18.12.2025

Meinung

Unsere Antwort ist Leben!

Chanukka ist das beharrliche Bestehen darauf, dass Mord und Terror nicht das letzte Wort haben. Ein Kommentar zum Terroranschlag von Sydney

von Jan Feldmann  18.12.2025