Eren Güvercin

Wir haben Erdogans Agitation ignoriert

Eren Güvercin Foto: privat

Eren Güvercin

Wir haben Erdogans Agitation ignoriert

Die Zustimmung zu dem Autokraten ist hierzulande unter Türkeistämmigen hoch. Das liegt auch an Fehlern der deutschen Politik und Zivilgesellschaft

von Eren Güvercin  14.05.2023 09:53 Uhr

Bei den Wahlen am Sonntag hatten Recep Tayyip Erdogan und seine AKP bei uns in Deutschland wieder eine wesentlich höhere Zustimmung erzielt als in der Türkei. Aber warum wählen viele Türkeistämmige einen demokratiefeindlichen Autokraten?

Bei dieser Frage dürfen wir, bei aller Kritik an den Zuständen in der Türkei, der Agitation von AKP-Ablegern in Deutschland und staatlich kontrollierten Strukturen wie dem Moscheeverband DITIB, einen Fehler nicht begehen: die Verantwortung der deutschen Gesellschaft und Politik völlig ausklammern.

Viele Erdogan-Anhänger in Deutschland sind überzeugt davon, dass sie Teil einer »heiligen Mission« sind.

Denn Erdogan betreibt seit über 20 Jahren eine intensive Diasporapolitik und erreicht mit einer emotionalen Ansprache viele Türkeistämmige in Deutschland. Er hat es geschafft, mit einer nationalistisch-identitären Agenda Diskriminierungserfahrungen für seine politischen Zwecke zu missbrauchen und bei vielen Türkeistämmigen das Gefühl zu vermitteln, dass er ihr Fürsprecher und großer Bruder sei. Er hat damit Ressentiments unter ihnen gegenüber der deutschen Gesellschaft und Politik geschürt und Einfluss genommen auf unser gesellschaftliches Zusammenleben.

feindbilder Viele seiner Anhänger in Deutschland sind überzeugt davon, dass sie Teil einer »heiligen Mission« sind, die Türkei unter seiner Führung zur neuen Weltmacht zu machen. Sie sind überzeugt, dass die Türkei unter Erdogan einen Unabhängigkeitskampf gegen alle dunklen Mächte – »den Westen«, die USA und die internationale Zinslobby, die von Juden kontrolliert werde – führe. In diesem Milieu haben wir es oft mit ähnlichen Feindbildern zu tun, wie bei Putin-Anhängern und »Querdenkern«.

Diese aggressive Diasporapolitik haben wir lange Jahre nicht wahrgenommen oder nicht wahrnehmen wollen. Wenn wir uns darüber empören, warum so viele in Deutschland Erdogan wählen, dann sollten wir uns fragen, warum wir all die Jahre Erdogans Agitation ignoriert und dem nichts entgegengesetzt haben.

Der Autor ist Gründer der Alhambra-Gesellschaft – Muslime für ein plurales Europa.

Sabine Brandes

Wie Donald Trump Israels Demokratie angreift

Der US-Präsident hat angekündigt, in den Korruptionsprozess gegen Israels Premierminister Benjamin Netanjahu eingreifen zu wollen. Damit geht der Amerikaner eindeutig zu weit

von Sabine Brandes  12.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  11.11.2025 Aktualisiert

Meinung

Wahlen in Ostdeutschland: Es gibt keine Zeit zu verlieren

In Mecklenburg-Vorpommer und Sachsen-Anhalt wird im September gewählt. Es steht viel auf dem Spiel: Eine AfD-Regierung könnte großen Schaden anrichten. Leidtragende wären nicht zuletzt die jüdischen Gemeinden

von Joshua Schultheis  10.11.2025

Meinung

Wieder ein Blankoscheck für Palästina?

Europa will Gazas Wiederaufbau finanziell fördern. Glaubt man in Brüssel wirklich, Millionen an Hilfsgeldern würden etwas zum Besseren verändern, fragt unser Autor

von Jacques Abramowicz  10.11.2025 Aktualisiert

Kommentar

Wo Israel antritt, rollt der Ball ins moralische Abseits

Israelische Spieler und Fußballfans werden schon lange dafür diskriminiert, dass sie von anderen gehasst werden.

von Louis Lewitan  06.11.2025

Meinung

Wenn deutsche Linke jüdische Selbstbestimmung ablehnen

In einer Resolution delegitimiert die Linksjugend Israel als koloniales, rassistisches Projekt. Dabei ist der Staat der Juden nicht zuletzt eine Konsequenz aus den Verbrechen der Deutschen im Nationalsozialismus

von Frederik Schindler  06.11.2025

Meinung

Ich kann euch nicht hören

Während im Sudan die schwerste humanitäre Krise der Welt tobt, schweigen die selbst ernannten Menschenrechts-Demonstranten in Europa und auf der Welt

von Sophie Albers Ben Chamo  02.11.2025

Kommentar

Politisches Versagen: Der Israelhasser Benjamin Idriz soll den Thomas-Dehler-Preis erhalten

Wer, wie der Imam, den 7. Oktober für seine Diffamierung des jüdischen Staates und der jüdischen Gemeinschaft instrumentalisiert, ist eines Preises unwürdig

von Saba Farzan  28.10.2025

Meinung

Antisemitismus der Anständigen

Judenhass in der Schweiz ist brandgefährlich, weil er so höflich und diskret daherkommt

von Zsolt Balkanyi-Guery  27.10.2025