Lasse Schauder

Wer den Begriff »Islamismus« bannen will, ist politisch unmündig

Der Vorsitzende des Jungen Forums der DIG: Lasse Schauder Foto: privat

Lasse Schauder

Wer den Begriff »Islamismus« bannen will, ist politisch unmündig

Die Berliner Jusos haben beschlossen, aus Gründen der Sprachsensibilität künftig nicht mehr von »Islamismus« sprechen zu wollen. Das ist ein fatales Signal an Betroffene extremistischer Gewalt

von Lasse Schauder  16.04.2025 12:57 Uhr

Der Islamismus ist eine existentielle Gefahr für jüdisches Leben, aber auch für weitere Minderheiten wie Jesiden, Armenier, Homosexuelle und säkulare Muslime. Kurz: für die offene Gesellschaft als Ganze.

Das war schon vor den Massakern der islamistischen Terrororganisation Hamas am 7. Oktobers 2023 unbestreitbar, doch seitdem ist es tägliche Realität. Eine Politik, die den Anspruch einer freien, offenen und rechtsstaatlichen Gesellschaft vertritt, muss dieser Tatsache Rechnung tragen.

Der Berliner Landesverband der SPD-Jugendorganisation Jusos fasste nun den Beschluss, den Begriff »Islamismus« in ihrem Sprachgebrauch nicht mehr verwenden zu wollen und stattdessen künftig nur noch von »religiös-begründetem Extremismus« zu reden. Das geschieht im Zeichen der »Sprachsensibilität«. So heißt es in dem betreffenden Antrag, die »begriffliche Nähe zum Islam« sei »problematisch« und das Wort Islamismus »stigmatisierend«, weshalb man sich in Zukunft nicht mehr mit Anträgen befassen wolle, »die den Begriff ›Islamismus‹ alleinstehend verwenden«.

So wird Islamismus nicht nur nicht bekämpft. Das Phänomen selbst kann nicht mal mehr besprochen werden.

Wer den Begriff »Islamismus« bannen möchte, will das Phänomen nicht bekämpfen, sondern verdrängen. Sprache muss in der politischen Auseinandersetzung klar und präzise sein. Islamistischer Extremismus ist ohne einen Bezug zum Islam nicht denkbar, wie auch der christliche Fundamentalismus nicht ohne Christentum zu denken ist.

So wird Islamismus nicht nur nicht bekämpft. Das Phänomen selbst kann in dem absurden Rahmen, den die Berliner Jusos abstecken wollen, nicht mal mehr besprochen werden. Wer davon profitiert? Islamisten.

Diese Einschätzung teilt offenbar auch der Juso-Bundesverband. So heißt es in den Beschlüssen der Bundes-Jusos vom vergangenen Jahr: »Für uns bedeutet auf dem rechten Auge nicht blind zu sein auch, die Gefahren des Islamismus für Freiheit und Gleichberechtigung klar zu benennen.«

Der jetzige Beschluss der Berliner Jusos konterkariert diese Klarheit des Bundesverbands. Die Genossen in der Hauptstadt begeben sich damit bereitwillig in eine selbstauferlegte politische Unmündigkeit und senden zugleich ein fatales Signal an Betroffene von islamistischer Gewalt: Ihnen soll die Deutungshoheit über das, was ihnen widerfahren ist, weggenommen werden.

Der Autor ist Vorsitzender des »Jungen Forums« der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG).

Kommentar

Der »Tages-Anzeiger« und das Geraune von der Lobby

Die Zeitung unterstellt, erst eine Intervention des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes habe zur Absage einer Veranstaltung mit Francesca Albanese durch die Uni Bern geführt. Dabei war die Intervention richtig

von Michael Thaidigsmann  15.09.2025

Meinung

Lasst uns nicht allein!

Nach dem Canceln von Lahav Shani durch das Flandern-Festival in Gent befürchtet Maria Ossowski, dass Juden Europa jetzt verlassen wollen

von Maria Ossowski  11.09.2025

Meinung

Gent: Boykottiert die Boykotteure!

Dass die Münchner Philharmoniker in Gent nicht auftreten dürfen, weil sie mit Lahav Shani einen israelischen Dirigenten haben, ist eine Schande - und erfordert eine deutliche Antwort deutscher Kulturschaffender

von Michael Thaidigsmann  10.09.2025

Meinung

Wenn Wutausbrüche Diplomatie ersetzen

So verständlich der Frust ist, tut sich Israels Regierung mit ihrer aggressiven Kritik an westlichen Regierungen und ihren Einreiseverboten für europäische Politiker keinen Gefallen

von Michael Thaidigsmann  08.09.2025

Meinung

Bitte mehr Sorgfalt, liebe Kollegen!

Weltweit haben Medien die Geschichte verbreitet: In Gaza sei ein hilfesuchendes Kind von Israelis erschossen worden. Es stimmt nur nicht, wie sich nun herausstellt. Von professionellen Journalisten darf man eigentlich mehr erwarten

von Susanne Stephan  08.09.2025

Essay

Das Gerücht über Israel

Die Geschichte des Antisemitismus ist eine Geschichte der Lüge. Was früher dem Juden als Individuum unterstellt wurde, wird nun Israel als Nation vorgeworfen

von Daniel Neumann  06.09.2025 Aktualisiert

Meinung

Einseitig, fehlerhaft, selbstgerecht

Die »International Association of Genocide Scholars« bezichtigt Israel des Völkermords. Die Hamas spricht sie von jeder Verantwortung für die Lage in Gaza frei. Eine Erwiderung

von Menachem Z. Rosensaft  05.09.2025

Meinung

Vuelta-Radrennen: Israelhasser ohne Sportsgeist

Bei der spanischen Radtour ist der israelische Rennstall Ziel von Störaktionen. Nun forderte der Rennleiter das Team auf, nicht mehr anzutreten. Wenigen Fanatiker gelingt es, Israel vom Sport auszuschließen - wie so oft in der Geschichte

von Martin Krauss  04.09.2025

Kommentar

Gaza: Das falsche Spiel der Vereinten Nationen

Die UN ist kein neutraler Akteur im Gazakrieg. Ihre Vertreter scheuen sich nicht, irreführende Zahlen in Umlauf zu bringen und die Hamas als legitime politische Kraft zu präsentieren

von Jacques Abramowicz  03.09.2025