Donald Trump mischt gern mit. Ob in der Politik befreundeter Staaten oder in den Skandalen seiner Rivalen: Der US-Präsident lässt kaum eine Gelegenheit aus, sich ins Rampenlicht zu drängen. Doch als er in der Sendung 60 Minutes ankündigte, er wolle den Korruptionsprozess gegen Israels Premierminister Benjamin Netanjahu beeinflussen, weil er ihn »nicht fair« finde, ging er zu weit.
Hier geht es nicht um eine weitere politische Show-Einlage. Trumps Aussage ist ein Angriff auf ein Grundprinzip jeder Demokratie: die Unabhängigkeit der Justiz. Israels System basiert wie das der USA auf der klaren Trennung von Politik und Rechtsprechung. Schon die bloße Andeutung, ein ausländischer Politiker könne Einfluss nehmen, untergräbt dieses fragile Gleichgewicht und sendet das Signal, Gerechtigkeit sei verhandelbar.
Der Prozess gegen Netanjahu dreht sich nicht mehr um einen einzelnen Politiker, sondern ist zum Lackmustest dafür geworden, ob Israels Justizsystem dem immensen politischen Druck standhalten kann.
Gerechtigkeit entsteht aus Beweisen, nicht aus Bündnissen – sie darf weder gekauft noch eingeflüstert werden.
Viele Israelis schätzen Trump für seine Unterstützung und sind dankbar, dass er dafür sorgte, die Geiseln aus Gaza zurückzubringen und den Krieg zu beenden. Doch im Gerichtssaal haben Sympathien nichts zu suchen. Es ist ein Ort, an dem Gesetze gelten müssen und keine politischen Allianzen.
Besonders gefährlich ist die Einmischung von außen, da die Regierungskoalition in Jerusalem seit Langem mit sogenannten Reformen versucht, die Macht des Obersten Gerichtshofs zu beschneiden und Richterernennungen politisch zu steuern. Trumps Worte sind in diesem Kontext kein bloßer Tritt ins Fettnäpfchen, sondern ein weiterer Schlag gegen einen der tragenden Pfeiler der israelischen Demokratie.
Gerechtigkeit entsteht aus Beweisen, nicht aus Bündnissen – sie darf weder gekauft noch eingeflüstert werden. Ohne eine unabhängige Justiz wird aus dem Rechtsstaat ein Ränkespiel, bei dem es nicht mehr um die Wahrheit geht, sondern nur noch darum, wer die mächtigsten Freunde hat.
Die Autorin ist Israel-Korrespondentin der Jüdischen Allgemeinen.