Sarah Serebrinski

Sukkot: Freude trotz Verletzlichkeit

Sarah Serebrenski ist Geschäftsführerin des Rabbinerseminars zu Berlin. Foto: Max Mordinson

Sarah Serebrinski

Sukkot: Freude trotz Verletzlichkeit

Viele Juden fragen sich: Ist es sicher, eine Sukka sichtbar im eigenen Vorgarten zu bauen? Doch genau darin – in der Unsicherheit – liegt die Botschaft von Sukkot

von Sarah Serebrinski  05.10.2025 22:06 Uhr

Sukkot, das Laubhüttenfest, steht kurz bevor. Das Fest, das uns sieben Tage lang dazu aufruft, in einer Sukka zu wohnen, zu essen, zu feiern. Heutzutage fragen wir uns: Ist es sicher, eine Sukka sichtbar im eigenen Vorgarten zu bauen? Schließlich leben wir, insbesondere seit dem 7. Oktober 2023, in einer Welt, in der jüdisches Leben nicht überall selbstverständlich und Vorsicht immer mehr Teil unseres Alltags geworden ist. In den Gemeinden sind die Sukkot, die Laubhütten, gut geschützt, doch im privaten Bereich bleibt ein Gefühl der Unsicherheit.

Und genau darin – in der Unsicherheit – liegt die Botschaft von Sukkot. Die Tora gebietet: »Und du sollst dich freuen« (5. Buch Mose 16,14). Deshalb heißt das Fest auch Sman Simchateinu, »Zeit unserer Freude«. Freude ist hier keine Folge von Wohlstand oder Stabilität, sondern ein bewusster Akt des Glaubens und des Vertrauens. Sukkot erinnert an die Zeit der größten Unsicherheit: 40 Jahre in der Wüste. Wind, Wetter und Feinden ausgesetzt.

Natürlich müssen wir dabei vorsichtig und dürfen keinesfalls leichtsinnig sein. Aber Sukkot lehrt, dass Sicherheit nicht das Fundament unserer Freude ist.

Rabbi Elieser sah in den Sukkot die Ananei HaKavod, die Wolken der Herrlichkeit, mit denen Gott sein Volk umgab. Eine Sukka ist fragil – Äste, Zweige, offen für Regen und Wind – und doch trägt sie eine unsichtbare Stärke: Vertrauen.

Rabbi Jonathan Sacks schrieb: »Sukkot ist ein Zeugnis für das Überleben des jüdischen Volkes. Selbst wenn es sein Land verliert und erneut in die Wildnis verbannt wird, verliert es weder Mut noch Hoffnung.« In jeder Generation haben Juden ihre Hütten aufgebaut, Zeichen einer Hoffnung, die Mauern und Exile überdauert. Und auch in diesem Jahr werden wir es mit Freude tun.

Natürlich müssen wir dabei vorsichtig und dürfen keinesfalls leichtsinnig sein. Aber Sukkot lehrt, dass Sicherheit nicht das Fundament unserer Freude ist. Die Sukka macht sichtbar, dass wir gerade in Unsicherheit lernen, dankbar zu sein. Freude trotz Verletzlichkeit – das ist die eigentliche Botschaft von Sukkot. Chag Sukkot Sameach – möge es für uns alle wirklich Sman Simchateinu sein!

Die Autorin ist Geschäftsführerin des Rabbinerseminars zu Berlin.

Meinung

Wieder ein Milliarden-Blankoscheck für Palästina?

Europa will den Wiederaufbau Gazas mit 1,6 Milliarden Euro fördern. Glaubt man in Brüssel wirklich, durch Scheckbuchdiplomatie etwas zum Besseren verändern zu können?

von Jacques Abramowicz  08.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  07.11.2025 Aktualisiert

Kommentar

Wo Israel antritt, rollt der Ball ins moralische Abseits

Israelische Spieler und Fußballfans werden schon lange dafür diskriminiert, dass sie von anderen gehasst werden.

von Louis Lewitan  06.11.2025

Meinung

Wenn deutsche Linke jüdische Selbstbestimmung ablehnen

In einer Resolution delegitimiert die Linksjugend Israel als koloniales, rassistisches Projekt. Dabei ist der Staat der Juden nicht zuletzt eine Konsequenz aus den Verbrechen der Deutschen im Nationalsozialismus

von Frederik Schindler  06.11.2025

Meinung

Ich kann euch nicht hören

Während im Sudan die schwerste humanitäre Krise der Welt tobt, schweigen die selbst ernannten Menschenrechts-Demonstranten in Europa und auf der Welt

von Sophie Albers Ben Chamo  02.11.2025

Kommentar

Politisches Versagen: Der Israelhasser Benjamin Idriz soll den Thomas-Dehler-Preis erhalten

Wer, wie der Imam, den 7. Oktober für seine Diffamierung des jüdischen Staates und der jüdischen Gemeinschaft instrumentalisiert, ist eines Preises unwürdig

von Saba Farzan  28.10.2025

Meinung

Antisemitismus der Anständigen

Judenhass in der Schweiz ist brandgefährlich, weil er so höflich und diskret daherkommt

von Zsolt Balkanyi-Guery  27.10.2025

Meinung

Die SP im moralischen Blindflug

Mit zwei widersprüchlichen Resolutionen beweist die Sozialdemokratische Partei der Schweiz einmal mehr ihre ethische Orientierungslosigkeit

von Nicole Dreyfus  27.10.2025

Meinung

Warum die UNRWA seit 77 Jahren den Frieden in Nahost blockiert

Das UN-Flüchtlingshilfswerk für die Palästinenser verursacht erhebliche Probleme. Daher gibt es nur einen Weg

von Jusek Adlersztejn  27.10.2025