Chajm Guski

Schalke 04: Das sagt man nicht

Clemens Tönnies ist auffällig geworden. Der Chef meines Lieblingsfußballclubs Schalke 04 hatte, als er sich in einer Rede zur Verantwortung von Unternehmern äußern wollte, zu tumbesten Rassismen gegriffen: Gegen den Klimawandel solle man in Afrika Kraftwerke bauen, »dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn’s dunkel ist, Kinder zu produzieren«.

Dem Ehrenrat des Vereins gilt das als diskriminierend, aber nicht rassistisch. Es stellt sich aber die Frage: Wie kann es sein, dass ein honoriger Bürger, wie es der schwerreiche Fleischfabrikant Tönnies ist, ausgerechnet wenn er etwas Grundsätzliches zur Ethik sagen soll, dermaßen entgleist?

PROFESSIONELL Vermutlich war diese Gesellschaft in den vergangenen Jahrzehnten sehr erfolgreich, Menschen darauf zu konditionieren, bestimmte Dinge nicht öffentlich zu äußern und sich stets »professionell« zu verhalten. Da unterscheidet sich das Engagement gegen Rassismus nicht von dem gegen Antisemitismus.

Im Kampf gegen Rassismus und
auch gegen Antisemitismus braucht
es mehr als nur gute Regeln.

Tatsächlich sind bestimmte Überzeugungen, die bekämpft werden, im Endeffekt nicht weg, sondern man hat einfach gelernt, dass sie gesellschaftlich sanktioniert werden können. Tönnies’ Vorstellung, die Afrikaner machten nur Kinder, ist ähnlich wie manches antisemitische Klischee. Dass Juden viel Geld besäßen, weil sie Wucherer seien, äußert ja auch kaum jemand noch öffentlich, denn: So etwas sagt man nicht.

HALTUNG Auch Clemens Tönnies hat sich bisher immer professionell verhalten, aber anscheinend ist das keine innere Haltung, sondern nur eine äußere. Der Fußball – und hier gerade der FC Schalke 04 – hat in den vergangenen Jahren viel unternommen, um Rassismus und Antisemitismus zu bekämpfen. Zu den Erfolgen gehörten Statuten, die es ermöglichen, solche Fans aus dem Stadion zu weisen.

Im Kampf gegen Rassismus und auch gegen Antisemitismus braucht es jedoch mehr als nur gute Regeln. Es braucht »Überzeugungstäter«, um das Wort einmal positiv zu verwenden. Das ist nicht nur eine allgemeine Forderung. Als Fan wünscht man sich sehr konkret jemanden an der Vereinsspitze, der die Werte des Clubs authentisch repräsentiert. Dass Tönnies das nicht ist, hat er leider gezeigt.

Der Autor ist Publizist und Mitglied der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen.

Meinung

Europa ist im Nahen Osten bedeutungsloser denn je

Während die USA unter Präsident Donald Trump keinen Zweifel darüber haben aufkommen lassen, wo es steht, hat Europa komplett versagt

von Daniel Neumann  13.10.2025

Meinung

Jetzt kann das Herz heilen

In ganz Israel erhebt sich an diesem historischen Tag die Erleichterung wie ein kollektiver tiefer Atemzug – teils Seufzer, teils Schluchzen, teils freudiger Gesang

von Sabine Brandes  13.10.2025

Meinung

Neues Semester, alter Antisemitismus?

Seit zwei Jahren sind deutsche Hochschulen keine sicheren Orte mehr für jüdische Studierende. Es wird viel Mühe kosten, diese Entwicklung zurückzudrehen

von Ron Dekel  13.10.2025

Kommentar

Kein Wunder in Bern

Bei gewaltbereiten Demonstrationen in der Schweizer Bundeshauptstadt hat sich ein Teil der Palästina-Solidarität einmal mehr selbst entlarvt: Es ging nie darum, das Leid im Gazastreifen zu beenden oder einen angeblichen Genozid zu stoppen

 12.10.2025

Kommentar

Deutschland braucht Israels Geheimdienste, Herr Wadephul

Der Außenminister behauptet in einem Interview, die Bundesregierung sei nicht auf Erkenntnisse israelischer Spionagedienste angewiesen. Mit dieser Falschaussage riskiert er das Leben vieler Menschen in Europa

von Remko Leemhuis  11.10.2025 Aktualisiert

Meinung

Warum die Netanjahu-Hasser die ganze Zeit falsch lagen

Wir sollten jenen danken, die eine Rückkehr der restlichen Hamas-Geiseln ermöglicht haben – egal wie unpopulär dies im Fall des israelischen Ministerpräsidenten sein mag

von Imanuel Marcus  10.10.2025

Meinung

Das peinliche Schweigen der Linkspartei zu Trumps Gazadeal

Die Reaktion der Linken auf das absehbare Ende des Kriegs ist ein Offenbarungseid. Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Partei den Konflikt mehr braucht als den Frieden

von Jessica Ramczik  10.10.2025

Meinung

Außen hui, innen pfui: Trumps Umgang mit den Juden

Während sich der US-Präsident um die Juden in Israel verdient macht, leidet die jüdische Gemeinschaft im eigenen Land unter seiner autoritären Innenpolitik. Das sollte bei aller Euphorie über den Gaza-Deal nicht vergessen werden

von Joshua Schultheis  09.10.2025

Meinung

Bleiben Sie hier, Frau Ministerin Prien!

Warum jetzt nicht die richtige Zeit ist, über »gepackte Koffer« zu reden – auch nicht für den Fall eines AfD-Bundeskanzlers

von Ayala Goldmann  09.10.2025