Heike Kleffner

NSU: Immer noch zu viele Fragen offen

Heike Kleffner Foto: Christian Ditsch/version-foto.de

Es ist eine bittere Bilanz: Ohne die Sabotage durch Verfassungsschutzämter wäre es möglich gewesen, das Kerntrio des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) 1998 in Sachsen festzunehmen und so dessen Mord- und Anschlagsserie mit zehn Toten und zwei Dutzend Schwerverletzten zu verhindern. Zu diesem Ergebnis sind jüngst die Abgeordneten der Opposition in den Untersuchungsausschüssen in Brandenburg und Sachsen gekommen. Sie gehören zur zweiten Welle der mittlerweile 14 parlamentarischen Gremien, die die Verantwortung staatlicher Behörden untersuchen sollten.

VERSPRECHEN Zur Bilanz gehört auch: Das Versprechen »umfassender Aufklärung« von Angela Merkel ist an der Blockade der Geheimdienste gescheitert. Noch immer sind die zentralen Fragen der Hinterbliebenen und Verletzten unbeantwortet: Warum wurden ausgerechnet ihre Angehörigen von den neonazistischen Mördern ausgewählt, wer hat an den Tatorten mitgeholfen, und ab wann waren die Geheimdienste informiert?

Mit einer Ausnahme sind
mitverantwortliche Politiker
und Beamte straffrei ausgegangen.

Ein knappes Jahr nach dem Urteil im fünf Jahre währenden NSU-Prozess saß bis vor Kurzem nur Beate Zschäpe in Haft. Ihre Mitangeklagten sind in Freiheit. Die milden Strafen für die engsten Helfer und die vollständige Straffreiheit für Dutzende namentlich bekannte Unterstützer in Sachsen ermutigen die nächste »Generation Terror«. Darunter auch diejenigen, die als »NSU 2.0« die Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz mit dem Tod bedrohen, und diejenigen, die, ebenfalls straflos, das Restaurant »Schalom« in Chemnitz verwüsteten.

VERANTWORTUNG Auch mitverantwortliche Politiker und Beamte sind – mit Ausnahme eines Referats­leiters beim Bundesverfassungsschutz, der wichtige Beweismittel vernichtete – straffrei ausgegangen. Aber immerhin prüft die Staatsanwaltschaft Potsdam nun, ob sie wegen Verdachts der Falschaussage vor dem dortigen NSU-Untersuchungsausschuss gegen den umstrittenen sächsischen Verfassungsschutzpräsidenten ermitteln wird.

»Wir alle sollten auch nach dem Prozess nicht aufhören, nach Antworten zu suchen«, hat Yvonne Boulgarides, Witwe des in München 2005 ermordeten Theodoros Boulgarides, gefordert. Dieser Verantwortung sollten sich alle stellen, die rechten Terror, Rassismus und Antisemitismus als zentrale Gefahren für unsere Demokratie erkennen.

Die Autorin ist Journalistin und Geschäftsführerin des Verbands der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt.

Einspruch!

Holt sie aus der Hölle raus

Sabine Brandes fordert, alles dafür zu tun, um auch die letzten verbliebenen Geiseln zu retten

von Sabine Brandes  13.02.2025

Meinung

Kanye West und der grassierende Antisemitismus in den USA

Die neuesten judenfeindlichen Eskapaden des Rapstars sind symptomatisch für eine bedrohliche Diskursverschiebung, die von Donald Trump und Elon Musk befeuert wird

von Ruben Gerczikow  10.02.2025

Meinung

Da kann man sich gleich Björn Höcke einladen

UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese hätte an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität sprechen sollen. Dabei hat sie sich für den akademischen Diskurs disqualifiziert

von Ralf Balke  10.02.2025

Meinung

Antisemitismus an Kunsthochschulen: Eine Kultur des Wegschauens

Die Serie antisemitischer Vorfälle an Ausbildungsstätten für angehende Künstler reißt nicht ab. Warum sind die Hochschulen offenkundig außerstande, das Problem in den Griff zu kriegen?

von Klemens Elias Braun  10.02.2025

Kommentar

Antisemitismus: Was ist da los in Berlin?

Die judenfeindlichen Straftaten sind rückläufig. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Ein Bundesland sticht negativ hervor

von Michael Thaidigsmann  09.02.2025

Bildung

Wissenschaftsfreiheit und Antisemitismus

Die Bundestagsresolution gegen Judenhass an Hochschulen und die Verantwortung der Universitäten. Ein Gastkommentar von Frederek Musall

von Frederek Musall  07.02.2025

Meinung

Vielleicht müssen erst alte Gewissheiten zerbrechen?

Die Welt tobt über Trumps Vorschlag für die Zukunft des Gazastreifens. Doch die Reaktion zeigt, wie viele Menschen Illusionen anhängen, wenn es um den Nahostkonflikt geht

von Daniel Neumann  07.02.2025

Meinung

München als Mahnung

Die Stadt brauchte 55 Jahre, um sich dazu durchzuringen, den Opfern des Brandanschlags auf das jüdische Gemeindehaus in der Reichenbachstraße ein Denkmal zu setzen. Die Täter sind bis heute nicht gefunden

von Georg M. Hafner  06.02.2025

Migrationspolitik

Reißt euch zusammen!

Die Parteien der demokratischen Mitte müssen endlich Kompromisse eingehen – alles andere stärkt die Extremisten. Ein Appell unserer Redakteurin Ayala Goldmann

von Ayala Goldmann  10.02.2025 Aktualisiert