Oliver Vrankovic

Nicht Diskriminierung, sondern Antisemitismus

Trotz aller Verwerfungen und einiger geplatzter Illusionen steht der israelische Fußball für Integration

von Oliver Vrankovic  31.03.2022 11:37 Uhr

Oliver Vrankovic Foto: Hehnrich Kolb

Trotz aller Verwerfungen und einiger geplatzter Illusionen steht der israelische Fußball für Integration

von Oliver Vrankovic  31.03.2022 11:37 Uhr

Während des Freundschaftsspiels Deutschland-Israel am Samstag erhob ZDF-Kommentator Oliver Schmidt eine schwere Beschuldigung in Richtung der israelischen Gesellschaft: Arabisch-israelische Sportler seien dort nur so lange akzeptiert, wie sie stillhielten. »Israel-Kritiker«, viele davon in Deutschland lebende Israelis, reden dem Vorwurf der Diskriminierung arabisch-israelischer Sportler das Wort. Doch was ist dran?

Der israelische Nationalspieler Munas Dabbur wurde nach einem judenfeindlichen Post auf Instagram und den pogrom­artigen Ausschreitungen arabischer Israelis im Mai 2021 vom israelischen Publikum ausgepfiffen. Wegen seines Posts und der Hetze, aber nicht, weil er Araber ist. Fußballfans forderten wegen des Vorfalls Dabburs Ausschluss aus der Nationalmannschaft. Die Funktionäre des Verbandes aber wollten, dass er weiter für Israel spielt.

publikumsliebling In fast allen jüdischen Vereinsmannschaften Israels spielen arabische Spieler und in fast allen arabischen Teams Juden, ohne von Mitspielern oder Fans ungleich behandelt zu werden. Der Mittelfeldspieler Abu Fani, der ebenfalls für die Nationalmannschaft kickt, ist einer der Publikumslieblinge bei Maccabi Haifa.

Dieser Klub ist der beliebteste Fußballverein Israels, auch unter Arabern. Bis zum Mai 2021 konnte man im israelischen Fußball eine Annäherung jüdischer und arabischer Fanlager beobachten. Besonders die Fans von Hapoel Umm al-Fahm wurden viel gelobt. Dann skandierten einige Anhänger des Vereins antisemitische Sprechchöre.

»Israel-Kritiker«, viele davon in Deutschland lebende Israelis, reden dem Vorwurf der Diskriminierung arabisch-israelischer Sportler das Wort.

Wenn also das Fanlager von Umm al-Fahm heute bei vielen Fußballfans in Israel weniger gut gelitten ist als noch vor einem Jahr, dann geht das nicht auf den Rassismus der jüdischen Mehrheitsgesellschaft zurück, sondern auf offen zur Schau gestellten Antisemitismus.

Und wenn ein Munas Dabbur weniger gut gelitten ist als vor einem Jahr, dann hat das genauso wenig mit Rassismus zu tun wie Kritik an Mesut Özil aus Deutschland – auch wenn bei dem einen oder anderen antitürkische Ressentiments mitschwangen. Trotz aller Verwerfungen, trotz einiger geplatzter Illusionen steht der israelische Fußball für Integration.

Der Autor ist Vorsitzender der DIG Stuttgart und lebt in Israel.

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