Sigmount A. Königsberg

Mendel, Waters und »Der Spiegel«

Sigmount Königsberg, Antisemitismusbeauftragter der Jüdischen Gemeinde zu Berlin Foto: Gregor Zielke

Sigmount A. Königsberg

Mendel, Waters und »Der Spiegel«

Der Leiter der Bildungsstätte Anne Frank hat einem Musiker, der immer wieder mit antisemitischen Aussagen auffällt, einen Koscher-Stempel verpasst

von Sigmount A. Königsberg  23.03.2023 09:42 Uhr

Antisemitismus ist Konzert- und Kunstmanagern offenbar häufig egal. Mehr als deutlich wurde das im vergangenen Jahr auf der Kunstausstellung documenta – und nun erneut im Umgang mit Roger Waters. Gegen die Auftritte des Musikers hat es bereits vor Jahren Proteste gegeben. Dennoch verbreitet er fortwährend antisemitische Narrative. So auch am vergangenen Wochenende im Gespräch mit dem Leiter der Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, im Magazin »Der Spiegel«.

Warum hat es Mendel in diesem Gespräch versäumt, Waters als das zu bezeichnen, was er ist: ein Antisemit? Da durch das Gespräch keine Änderung von Waters› menschenverachtender Haltung zu erwarten war, kann dieses wohl nur einem Zweck gedient haben: Der ehemalige Pink-Floyd-Gitarrist bekommt von einem Juden den Koscher-Stempel verpasst. Mendel legitimiert damit, wie auch schon bei der documenta, Antisemitismus.

volksverhetzung In einem weiteren, kürzlich veröffentlichten Interview mit der »Frankfurter Neuen Presse« sagt Mendel über Judenhass: »Die Grenze ist die Volksverhetzung. Im Übrigen müssen wir lernen, mit antisemitischer Kunst umzugehen.« Logisch weitergedacht müsste er dann auch sagen: »Schwarze Menschen müssen lernen, mit rassistischer Kunst umzugehen.«

Warum hat es Meron Mendel in dem Gespräch versäumt, Waters als das zu bezeichnen, was er ist: ein Antisemit?

Nein! Keiner muss das! Denn es handelt sich nicht um eine juristische, sondern um eine gesellschaftliche Frage. Will man in einer Umgebung leben, in der Hass und Hetze zum Alltag gehören? Wenn man das nicht will, dann müssen auch die Veranstaltungsräume und -hallen in Deutschland dem Hass verschlossen bleiben. Am besten schon von Anfang an, gegebenenfalls aber auch durch eine Absage.

Im Leitbild der Bildungsstätte Anne Frank steht unter anderem: »Kultureinrichtungen erhalten bei uns professionelle Begleitung und Unterstützung im Umgang mit (…) Menschenfeindlichkeit.« In diesem Sinne sollte man Konzertveranstalter, die mit Waters Auftritte geplant haben, besser bei einer Ausladung unterstützen, statt diese auch noch zu konterkarieren.

Der Autor ist Antisemitismusbeauftragter der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.

Meinung

Die Kälte der »Sozialreform«

Für die Haushaltslücken lässt die Bundesregierung wieder einmal die Schwächsten der Gesellschaft büßen. Jüdische Rentnerinnen und Rentner werden besonders hart getroffen

von Günter Jek  26.10.2025

Meinung

Warum die UNRWA seit 77 Jahren den Frieden in Nahost blockiert

Das UN-Flüchtlingshilfswerk für die Palästinenser verursacht erhebliche Probleme. Daher gibt es nur einen Weg

von Jusek Adlersztejn  24.10.2025

Meinung

Liebe Juden, bleibt bitte zu Hause!

Immer mehr jüdische Veranstaltungen werden abgesagt – angeblich zum Schutz von Jüdinnen und Juden. So wird aus einer Einladung zur Kultur ein stiller Abgesang auf Teilhabe

von Louis Lewitan  23.10.2025

Glosse

Der Klinkenputzer der Islamisten

Jürgen Todenhöfer trifft sich in Katar mit Vertretern der Hamas zum Gespräch und verbreitet danach ihre Propaganda.

von Ralf Balke  22.10.2025

Meinung

Wer stoppt die Hamas?

Die Entwaffnung und Zerschlagung der palästinensischen Terrororganisation ist und bleibt der Schlüssel zum Frieden in Nahost

von Philipp Peyman Engel  22.10.2025

Meinung

Die Abkehr des Kanzlers von der Staatsräson: Kein Grund zur Trauer

Der von Altkanzlerin Angela Merkel geprägte Begriff war schon immer vage. Es ist auch wesentlich leichter, wohlklingende Erklärungen abzugeben, als danach zu handeln. Friedrich Merz sollte endlich Taten folgen lassen

von Daniel Neumann  22.10.2025

Meinung

Warum ich Angst vor der politischen Linken habe

Dass Links bedeutet, sich für mit sozialem Gewissen für die Schwachen einzusetzen, gehört längst der Vergangenheit an

von Michel Ronen  20.10.2025

Israel

Warum ich meine gelbe Schleife nicht ablege

Noch immer konnten nicht alle Angehörigen von Geiseln Abschied von ihren Liebsten nehmen

von Sophie Albers Ben Chamo  17.10.2025

Meinung

Das moralische Versagen der Linken

Wenn Antisemitismus offen auf der Straße marschiert, dann hört man aus den linken Reihen: nichts

von Nicole Dreyfus  17.10.2025