Alexa Karolinski

»Maestro« und die Nase von Bradley Cooper

Alexa Karolinski Foto: privat

Alexa Karolinski

»Maestro« und die Nase von Bradley Cooper

Warum unsere Autorin die Aufregung um die Darstellung Leonard Bernsteins nicht nachvollziehen kann

von Alexa Karolinski  30.08.2023 14:43 Uhr

Ich selbst habe Maestro noch nicht gesehen. Den Film hat noch keiner gesehen. Er feiert nämlich erst bei den Filmfestspielen in Venedig seine Premiere und kommt Ende des Jahres auf Netflix heraus. Nun wurde ich gefragt, was ich von dieser Debatte halte.

Ich kannte bis vor Kurzem das Wort »Jewfacing« in diesem Kontext gar nicht. Das Wort hat sich erst durch Sarah Silverman popularisiert, als sie sagte, dass Nichtjuden, die Juden in Film und Fernsehen spielen, »Jew Face« darstellen. Das ist schlichtweg eine falsche und schädliche Nutzung dieses Wortes.

herzensprojekt Bradley Cooper hat sich keine Nasenprothese aufgesetzt, um eine Karikatur eines oder aller Juden zu zeichnen. Bradley Cooper ist der Autor, Regisseur und (!) Hauptdarsteller von Maestro. Das ist ein Herzensprojekt, ein Autorenfilm, der von Steven Spielberg produziert ist und in Zusammenarbeit mit Leonard Bernsteins Kindern gemacht wurde.

Die Nasenprothese ist nur eine der vielen Gesichtsprothesen, die Cooper für diesen Film bekommen hat. Im Übrigen finde ich seine Maske unglaublich gut gelungen, aber das ist nur meine persönliche Meinung.

trauma In Wahrheit geht es hier auch nicht um eine Nase. Es geht um die Angst der Ausradierung. Die Angst, dass man uns nicht einmal braucht, um unsere eigenen Geschichten zu erzählen. Das ist das Trauma, das jedes Mal an die Oberfläche kommt, wenn solche Filme anlaufen. In Deutschland gibt es dafür sehr echte und ständige Trigger. Denn hier können Schauspieler nicht stereotyp deutsch aussehen und oft keine Rollen buchen, wenn der Plot keine konkret jüdische oder Migrationsgeschichte hat. Das ist das wahre Problem.

Die Lösung hier ist aber nicht, Bradley Cooper vorzuschreiben, welche Prothesen er sich aufzusetzen hat und welche nicht – gerade jetzt, da er sich wegen des Hollywood-Streiks nicht selbst dazu äußern darf. Ich freue mich erst einmal sehr, dass Leonard Bernstein einen mit Sensibilität gemachten Film auf einer riesigen Plattform bekommt.

Die Autorin ist Filmemacherin und lebt in Los Angeles.

Meinung

Der Missbrauch von Anne Frank und die Liebe zu toten Juden

In einem Potsdamer Museum stellt der Maler Costantino Ciervo das jüdische Mädchen mit einer Kufiya dar. So wird aus einem Schoa-Opfer eine universelle Mahnfigur, die vor allem eines leisten soll: die moralische Anklage Israels

von Daniel Neumann  17.12.2025

Meinung

Warum ich Sydney nicht verlassen werde

Der Terroranschlag von Bondi Beach wurde auch möglich, weil die Mehrheitsgesellschaft den Antisemitismus im Land ignoriert hat. Unsere Autorin sagt trotzdem: Ihre Heimat als Jüdin ist und bleibt Australien

von Amie Liebowitz  17.12.2025

Meinung

Die Empörung über Antisemitismus muss lauter werden

Der Anschlag von Sydney war in einem weltweiten Klima des Juden- und Israelhasses erwartbar. Nun ist es an der Zeit, endlich Haltung zu zeigen

von Claire Schaub-Moore  17.12.2025

Meinung

Der Stolz der australischen Juden ist ungebrochen

Der Terroranschlag von Sydney hat die jüdische Gemeinschaft des Landes erschüttert, aber resigniert oder verbittert ist sie nicht. Es bleibt zu hoffen, dass die Regierung künftig mehr für ihren Schutz tut

von Daniel Botmann  16.12.2025

Meinung

Xavier Naidoos antisemitische Aussagen? Haken dran!

Der Mannheimer Sänger füllt wieder Konzertsäle. Seine Verschwörungserzählungen über Juden und holocaustrelativierenden Thesen scheinen kaum noch jemanden zu stören

von Ralf Fischer  15.12.2025

Charlotte Knobloch

Pessimismus können wir uns nicht leisten

Nach dem Terror in Sydney fragen sich auch Juden hierzulande erneut: Wohin? Deutschland hat bewiesen, dass es jüdischen Menschen eine Heimat sein kann und will, meint die Münchner Gemeindechefin

von Charlotte Knobloch  15.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  15.12.2025

Kommentar

Müssen immer erst Juden sterben?

Der Anschlag von Sydney sollte auch für Deutschland ein Weckruf sein. Wer weiter zulässt, dass auf Straßen und Plätzen zur globalen Intifada aufgerufen wird, sollte sich nicht wundern, wenn der Terror auch zu uns kommt

von Michael Thaidigsmann  14.12.2025

Meinung

Blut statt Licht

Das Abwarten, Abwiegeln, das Aber, mit dem die westlichen Gesellschaften auf den rasenden Antisemitismus reagieren, machen das nächste Massaker nur zu einer Frage der Zeit. Nun war es also wieder so weit

von Sophie Albers Ben Chamo  14.12.2025 Aktualisiert