Die israelische Seeblockade wollte die »Madleen« brechen und notleidenden Menschen im Gazastreifen humanitäre Hilfe bringen.
Zwölf ausgewiesene humanitäre Experten waren am Sonntag vor einer Woche auf einem Boot in See gestochen. Unter ihnen befanden sich A-, B- und C-Promis wie die schwedische Klima- und Palästina-Ikone Greta Thunberg (»Ich will, dass ihr in Panik geratet«), die französische Europaabgeordnete Rima Hassan und die deutsche Aktivistin Yasemin Acar. Auch ein prominenter Mitarbeiter des Senders »Al-Jazeera« wollte unbedingt mit dabei sein. Als Teilnehmer wohlgemerkt, nicht als Berichterstatter.
Das Interesse der internationalen Medien war der Crew gewiss natürlich. Thunberg, Hassan und Co. befeuerten es durch zahllose TV-Interviews, Live-Tweets und Videos von Bord. Sie fotografierten und filmten sich gegenseitig.
An Bord ging es sehr eng zu. Nicht nur war das Schiff alles andere als ein Tanker. Es hatte zu allem Überfluss auch noch Hilfsgüter geladen. Sie sollten zur Versorgung der gut zwei Millionen Menschen in Gaza beitragen. Ob am Ende des einwöchigen Segeltörns - etwas Diesel wurde für das Fortkommen wohl auch verbraucht - noch alles davon übrig war, wurde zunächst nicht bekannt. Aber viel war es wohl nicht.
Mit dem Durchbruch der Seeblockade wurde es am Ende nämlich nichts. Israels Marine war von dem Versuch der Zwölf, alleine nach Gaza zu segeln und dort Hilfsgüter zu verteilen, nämlich gar nicht begeistert und vereitelte das Unterfangen. In der Nacht zum Montag brachte sie die »Madleen« in internationalen Gewässern auf und schleppte sie samt der Besatzung in den Hafen von Aschdod. Auf Widerstand trafen die Soldaten, anders als im Fall der Mutter aller Freedom Flotillas, der »Mavi Marmara«, im Jahr 2010 diesmal nicht.
Eine »Selfie-Jacht« sei das gewesen, höhnte Außenminister Israel Katz. Noch in der Nacht veröffentlichte sein Ministerium mehrere Videos. Auf ihnen sind die zwölf Blockadebrecher zu sehen, wie sie von israelischen Soldaten mit Wasser und Sandwiches versorgt werden. Thunberg und Hassan schauen freundlich drein. Das hatten sie bereits vorher angekündigt.
Offenbar wollte auch Israel allen an den Bildschirmen und Smartphones da draußen ein freundliches Gesicht zeigen und mit den Bildern nachweisen, dass es durchaus in der Lage ist, seinen humanitären Verpflichtungen nachzukommen. Nicht nur auf hoher See, auch in Gaza.
Jeder, der von »Freedom Flotillas« auch nur den Hauch einer Ahnung hat, weiß: Von zentraler Bedeutung für ihren Erfolg oder Misserfolg ist nicht, ob ein Schiff am Ende an seinem Ziel ankommt. Sondern, ob es gelingt, die Weltöffentlichkeit in den Bann zu ziehen und ob die gegnerische Seite Fehler begeht.
In diesem Fall können beide Seiten zufrieden sein. Die zwölf Segler, weil während des Törns nicht nur meist die Sonne schien, was für eine gute Ausleuchtung der Fotos und Videos von Greta am Schiffsmast sorgte und die Kufiyas schön zum Glänzen brachte. Auch Israel kann zufrieden sein.
Denn Aktivisten wie die UN-Berichterstatterin Francesca Albanese und französische Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon hatten bis zuletzt das Narrativ befördert, Israel plane ein gewaltsames Kapern des Schiffes und die »Entführung« der Aktivisten. Eindringlich hatten sie die Lenker europäischer Staaten zu einem schnellen Eingreifen aufgefordert. Die blieben in der Nacht zum Montag aber lieber im Bett liegen oder weilten – wie der französische Staatspräsident Emmanuel Macron – vor Monaco auf einer anderen Jacht.
Es kam nicht so schlimm, wie es sich manche gewünscht hatten. Jetzt ist der Törn vorbei. Aus dem Kreuzzug für die Palästinenser in Gaza wurde am Ende eher eine Kreuzfahrt mit Medienbegleitung. Israel ließ die Aktivisten nicht nach Gaza vor. Stattdessen werden sie nun ein Flugzeug gesteckt und nach Europa zurückgeschickt. Zuvor müssen sie sich noch ein 45-minütiges Video anschauen. Das Filmmaterial dafür wurde von der Hamas selbst produziert. Es zeigt die von ihr verübten Gräueltaten am 7. Oktober 2023.
Ob Greta, Rima und Co. die unerwartete Kinovorführung zum Nachdenken anregt? Man darf es getrost bezweifeln. Denn bekanntlich ging um etwas ganz anderes.
Es ging ja nicht um die Hamas. Es ging auch darum, Israel an den Pranger zu stellen. Stolz können sich die Zwölf nun zurufen: »Mission accomplished!« Nicht nur, weil Israel angekündigt hat, die noch nicht verbrauchten Lebensmittelrationen an Bord der »Madleen« nach Gaza weiterzuleiten.
Sondern auch, weil Greta die palästinensische Fahne hochgehalten und wieder schöne Bilder produziert hat. Darum ging es in erster Linie.