Meinung

Jüd*innen und anderer Gender-Stuss

Ellen Presser Foto: pr

Ich sage es frei heraus: Ich bin Jüdin, ich bin Frau. Doch das bedeutet nicht, dass dauernd darauf herumgeritten werden muss. Früher näherte man sich, wenn man etwas zum Status wissen wollte, mit der Umschreibung: Sind Sie jüdischer Herkunft? Als ob die Frage »Sind Sie Jüdin?« beleidigend wäre.

Heute kann man sich nicht mehr einkriegen mit dem Präzisieren. Um die Gleichberechtigung von Mann und Frau ins verbohrteste Gehirn einzustanzen, gibt es ein Marterinstrument, das »Gesetz zur Durchsetzung der Gleichstellung von Frauen und Männern«, kurz »Gleichstellungsdurchsetzungsgesetz« vom 30. November 2001.

STERNCHEN Was da in die Welt gesetzt wurde und über die Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Bundes in den dienstlichen Schriftverkehr hineingezwungen wird, ist nicht zu ertragen. Das neue Gendersprech hält Einzug, vom Nachrichten-Format bis zur Talkshow.

Geschlechtergerechtes Formulieren unterminiert die Ausdrucksvielfalt im Deutschen.

Geschlechtergerechtes Formulieren unterminiert die Ausdrucksvielfalt im Deutschen. Gesprochen werden männliche Begriffe mit Unterstrich/Sternchen versehen – akustisch mit einem Atemaussetzer – nun zu einem weiblichen Plural verunstaltet.

Wo bleibt der Aufschrei der Männer, die im Gendersprech verschwinden? Wo der der Sprachwissenschaftlerinnen (hier sieht man den Unsinn mal ausgeschrieben)? Wo der der schreibenden Zunft und aller frei denkenden Menschen in diesem Land? Nun, der ZEIT-Herausgeber Josef Joffe brachte es auf den Punkt: »Der Weg in die Sprach-Hölle ist mit korrekten Absichten gepflastert.«

SAMMELBEGRIFF Die deutsche Sprache braucht keine Gleichschaltung des grammatischen mit dem biologischen Geschlecht. Ja, diese wird, sollte der neue zwanghafte Sprach-Unfug bleiben, unsere Sprache ruinieren.

Wenn man von Jüdinnen und Juden, kurz Jüd*innen, sprechen muss, weil Juden als maskuliner Sammelbegriff unzulässig geworden ist, dann bekommen Leute wie ich auf neue Weise einen Stern verpasst. Und wenn Politiker von »jüdischen Münchnerinnen und Münchnern« sprechen, die nach dem 9. November 1938 ins KZ Dachau eingeliefert wurden, dann wird es auch historisch falsch, weil es damals nur die Männer traf.

Die Autorin leitet das Kulturzentrum der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern (IKG).

kultur@ikg-m.de

Lesen Sie mehr zu diesem Kommentar und den Leserreaktionen in unserer nächsten Printausgabe.

Meinung

Doppelte Entgleisung

Warum es kein Zufall ist, dass ausgerechnet die linke »taz« eine den Holocaust relativierende Karikatur veröffentlicht hat

von Martin Krauss  30.03.2023

Michael Thaidigsmann

Amnesty International und die Doppelmoral

Der neue Jahresbericht der Menschenrechtsorganisation offenbart in puncto Israel einmal mehr: Von Objektivität, Fairness und gleichen Maßstäben kann keine Rede sein

von Michael Thaidigsmann  30.03.2023

Constantin Ganß

Der Parteiennachwuchs kann Iranpolitik

Warum können die Parteijugenden das Offensichtliche benennen, während die Bundesregierung nicht in die Gänge kommt?

von Constantin Ganß  30.03.2023

Einspruch

Putin und der »Maidan« in Israel

Alexander Friedman ist erstaunt, wie unterschiedlich Moskau und Kiew auf die Proteste in Tel Aviv reagieren

von Alexander Friedman  30.03.2023

Sigmount A. Königsberg

Mendel, Waters und »Der Spiegel«

Der Leiter der Bildungsstätte Anne Frank hat einem Musiker, der immer wieder mit antisemitischen Aussagen auffällt, einen Koscher-Stempel verpasst

von Sigmount A. Königsberg  23.03.2023

Nathalie Schomerus

Die Jüdischen Gemeinden müssen nachhaltiger werden

Auch die jüdische Gemeinschaft ist in der Pflicht, die Umweltverschmutzung zu bekämpfen

von Nathalia Schomerus  17.03.2023

Einspruch

Rechtsextreme als Schöffen verhindern

Doron Rubin plädiert dafür, die Verfassungstreue von Schöffen gesetzlich zu verankern

von Doron Rubin  17.03.2023

Lamya Kaddor

Tödlicher Antijudaismus

Die menschenverachtende und antisemitische Ideologie des Hamburg-Attentäters war bekannt. Hätte der Amoklauf verhindert werden können?

von Lamya Kaddor  14.03.2023

Ruben Gerczikow

Sportvereine: Kein Handschlag mit Nazis

Die Mär vom unpolitischen Sport muss endlich grundsätzlich hinterfragt werden

von Ruben Gerczikow  10.03.2023