Toby Axelrod

Judensau: Ablehnen statt abnehmen

Toby Axelrod Foto: pr

Toby Axelrod

Judensau: Ablehnen statt abnehmen

Die hasserfüllten Symbole müssen erklärt und ihrer Botschaft muss eindeutig widersprochen werden

von Toby Axelrod  09.07.2020 11:08 Uhr

Sollen die Judensau-Reliefs von den historischen Kirchen in Deutschland entfernt werden? Diese Frage zu beantworten, fällt nicht leicht. Letztlich liegt sie bei den einzelnen Gemeinden, ihren Geistlichen und Mitgliedern.

Zugegeben, vielleicht ist dies ein typisch amerikanischer Ansatz: Jede Gemeinde soll selbst entscheiden, was genau zu tun ist. Aber eines ist klar: Egal, ob diese Schmähplastiken an ihrem ursprünglichen Platz bleiben oder in Museen gebracht werden – diese hasserfüllten Symbole müssen erklärt und ihre Botschaft muss eindeutig abgelehnt werden.

Regensburg Meine erste Begegnung mit diesem Ausdruck des historischen Antisemitismus hatte ich in Regensburg, als ich 1997 als Journalistin nach Deutschland kam. Ich erfuhr bald, dass die Stadt eine dunkle Geschichte hat, die in der Vertreibung der Juden im 15. Jahrhundert, der Plünderung jüdischer Grabsteine sowie in der Judensau an der Kirche zum Ausdruck kam.

Heute, mehr als 20 Jahre nach meiner Ankunft in Deutschland, sind diese Skulpturen mehr denn je in den Nachrichten. Ob in Calbe, Wittenberg oder Bützow. Einige Gemeinden haben Lösungen gefunden. Andere kämpfen vor Gericht. Die Auseinandersetzungen sind Mikrokosmen eines gesellschaftlichen Phänomens.

Aktivisten Ich bewundere den Klerus und die Aktivisten, die erbittert dafür kämpfen, dass diese Schmähplastiken entfernt werden. Und ich frage mich, warum ich mich mit dem Abriss der Statuen von Diktatoren, dem Sturz der sogenannten Helden der Konföderation in den USA, der Sprengung von Hitlers Bunker sehr wohl fühle.

Statuen sind Symbole, und die Judensau ist ein Symbol des Hasses. Deswegen sind, mehr noch als Worte, Taten gefragt: Wir alle müssen die Menschen mit der heimtückischen Kraft solcher Symbole konfrontieren – Symbole, die vorgeben, andere zu verunglimpfen, in Wirklichkeit aber die dunkelste Natur ihres Herstellers widerspiegeln. Aber überhaupt nichts zu tun, ist inakzeptabel.

Die Autorin ist freie Journalistin und lebt in Berlin.

Meinung

»Ha’aretz«: Stimmungsmache gegen Israel

In den vergangenen Jahren hat die israelische Zeitung mehrfach Falschbehauptungen oder verzerrte Darstellungen in Umlauf gebracht hat - mit weitreichenden Folgen

von Jacques Abramowicz  30.06.2025

Meinung

Wir müssen auch im Krieg Widersprüche aushalten

Man kann die Angriffe auf Irans Atomprogramm richtig finden, ohne Israels Premier Netanjahu als Helden zu feiern oder das Leid der iranischen und palästinensischen Zivilbevölkerung zu übersehen

 27.06.2025

Meinung

Wenn Nächstenliebe zynisch wird

In einer Erklärung überzieht der Weltkirchenrat Israel mit Vorwürfen, erwähnt die Hamas aber mit keinem Wort. Eine Einseitigkeit, die zum Himmel schreit

von Tobias Kühn  26.06.2025

Meinung

Der Richtige zur richtigen Zeit

Die Geschichtsschreibung wird in 20 Jahren womöglich feststellen, dass Israels Premier Netanjahu das jüdische Volk vor einer erneuten Vernichtung gerade noch rechtzeitig bewahrt hat

von Helmut Kuhn  25.06.2025

Meinung

Mannheim: Es werden bessere Tage kommen

Wegen Sicherheitsbedenken musste die jüdische Gemeinde ihre Teilnahme an der »Meile der Religionen« absagen. Die Juden der Stadt müssen die Hoffnung aber nicht aufgeben

von Amnon Seelig  25.06.2025

Offener Brief

Sie stehen auf der falschen Seite, Herr Wermuth

Rabbiner Jehoschua Ahrens kritisiert Cédric Wermuth, Co-Präsident der Schweizer Sozialdemokraten, für seine Haltung zur Gaza-Demonstration am vergangenen Samstag in Bern

von Rabbiner Jehoschua Ahrens  25.06.2025

Meinung

Iran: Was Deutschland jetzt tun muss

Nach den Luftschlägen gegen iranische Atomanlagen kann die Bundesrepublik nicht zu ihrer alten Iranpolitik zurückkehren. Sie muss Druck auf das Regime in Teheran ausüben

von Michael Spaney  25.06.2025

Meinung

Nichts als Fußball spielen!

Wie das Grümpelturnier von Maccabi Schweiz in Zürich für Ablenkung sorgt: Betrachtungen einer jüdischen Amateur-Fußballerin

von Nicole Dreyfus  24.06.2025

Meinung

Europa fehlt bei seiner Iran-Politik der Kompass

Wenn wir Israel jetzt allein lassen, riskieren wir nicht nur dessen Zukunft, sondern auch unsere eigene, meint Oliver Rolofs

von Oliver Rolofs  24.06.2025