Daniel-Dylan Böhmer

Im Zweifel für die Sicherheit

»Welt«-Redakteur Daniel-Dylan Böhmer Foto: Martin Lengemann

Daniel-Dylan Böhmer

Im Zweifel für die Sicherheit

Israels Angriffe auf Syrien waren trotz fehlender völkerrechtlicher Legitimation richtig, denn die Giftgasbestände im Land bedeuteten eine konkrete Gefahr für den jüdischen Staat

von Daniel-Dylan Böhmer  17.12.2024 18:45 Uhr

Israel mache »immer wieder Sicherheitsinteressen geltend«, sagte der Außenamtssprecher am Montag in der Bundespressekonferenz und fügt hinzu: »Klar ist aber auch, und das ist völkerrechtlich sehr deutlich festgehalten, dass die territoriale Integrität nicht angefasst werden darf.« Ganz so klar ist der Fall der israelischen Luftangriffe auf Militäranlagen in Syrien allerdings nicht.

Nur auf den ersten Blick hat die Bundesregierung recht. Zwar sind Staaten im Kriegsfall berechtigt, die militärische Infrastruktur des Gegners anzugreifen, doch Syriens Übergangsregierung unter Führung der Miliz »Hayat Tahrir al-Sham« (HTS) hat Israel nicht angegriffen, weshalb der jüdische Staat auch keine juristische Berechtigung hat, gegen die Streitkräfte des Nachbarlandes vorzugehen.

Die Realität ist komplexer als die internationalen Normen.

Doch diese Übergangsregierung ist durch kein Verfahren ins Amt gekommen, das völkerrechtlichen Standards entspräche. Sie ist Instrument einer Miliz, die auf Terrorlisten geführt wird. Dennoch bemühen sich gerade derzeit auch westliche Akteure, darunter Deutschland, zu genau dieser Regierung Beziehungen herzustellen. Auch das zeigt: Die Realität ist komplexer als die internationalen Normen.

Das Völkerrecht kennt keine unabhängige Instanz, die dieses mittels eines Gewaltmonopols verlässlich schützen würde. Darum müssen in Notständen Regierungen selbst entscheiden, wie sie die Sicherheit ihrer Bürger gewährleisten. Die Möglichkeit, dass syrische Giftgasbestände in die Hände einer Al-Qaida-nahen Organisation fallen, stellte eine konkrete Bedrohung für Israel dar. Dass sie zerstört wurden, kann aber auch den Syrerinnen und Syrern nutzen, denn diese Waffen wurden in der Vergangenheit vom Assad-Regime mehrfach gegen die eigenen Bürger eingesetzt.

Ob Israel aber präventiv praktisch das gesamte in Syrien vorhandene Kriegsgerät zerstören sollte, erfordert eine andere politische Abwägung. Die Regierung Netanjahu hat erklärt, dass sie nicht zum dauerhaften Akteur in Syrien werden will. Es wäre klug, diese Linie beizubehalten.

Der Autor ist Redakteur im Außenressort der »Welt«.

Meinung

»Ha’aretz«: Stimmungsmache gegen Israel

In den vergangenen Jahren hat die israelische Zeitung mehrfach Falschbehauptungen oder verzerrte Darstellungen in Umlauf gebracht hat - mit weitreichenden Folgen

von Jacques Abramowicz  30.06.2025

Meinung

Wir müssen auch im Krieg Widersprüche aushalten

Man kann die Angriffe auf Irans Atomprogramm richtig finden, ohne Israels Premier Netanjahu als Helden zu feiern oder das Leid der iranischen und palästinensischen Zivilbevölkerung zu übersehen

 27.06.2025

Meinung

Wenn Nächstenliebe zynisch wird

In einer Erklärung überzieht der Weltkirchenrat Israel mit Vorwürfen, erwähnt die Hamas aber mit keinem Wort. Eine Einseitigkeit, die zum Himmel schreit

von Tobias Kühn  26.06.2025

Meinung

Der Richtige zur richtigen Zeit

Die Geschichtsschreibung wird in 20 Jahren womöglich feststellen, dass Israels Premier Netanjahu das jüdische Volk vor einer erneuten Vernichtung gerade noch rechtzeitig bewahrt hat

von Helmut Kuhn  25.06.2025

Meinung

Mannheim: Es werden bessere Tage kommen

Wegen Sicherheitsbedenken musste die jüdische Gemeinde ihre Teilnahme an der »Meile der Religionen« absagen. Die Juden der Stadt müssen die Hoffnung aber nicht aufgeben

von Amnon Seelig  25.06.2025

Offener Brief

Sie stehen auf der falschen Seite, Herr Wermuth

Rabbiner Jehoschua Ahrens kritisiert Cédric Wermuth, Co-Präsident der Schweizer Sozialdemokraten, für seine Haltung zur Gaza-Demonstration am vergangenen Samstag in Bern

von Rabbiner Jehoschua Ahrens  25.06.2025

Meinung

Iran: Was Deutschland jetzt tun muss

Nach den Luftschlägen gegen iranische Atomanlagen kann die Bundesrepublik nicht zu ihrer alten Iranpolitik zurückkehren. Sie muss Druck auf das Regime in Teheran ausüben

von Michael Spaney  25.06.2025

Meinung

Nichts als Fußball spielen!

Wie das Grümpelturnier von Maccabi Schweiz in Zürich für Ablenkung sorgt: Betrachtungen einer jüdischen Amateur-Fußballerin

von Nicole Dreyfus  24.06.2025

Meinung

Europa fehlt bei seiner Iran-Politik der Kompass

Wenn wir Israel jetzt allein lassen, riskieren wir nicht nur dessen Zukunft, sondern auch unsere eigene, meint Oliver Rolofs

von Oliver Rolofs  24.06.2025