Joshua Schultheis

Im Krieg braucht es ein Korrektiv

Joshua Schultheis Foto: Charlotte Bolwin

Joshua Schultheis

Im Krieg braucht es ein Korrektiv

Das israelische Militär will den verheerenden Angriff auf Krankenwagen in Gaza untersuchen. Es geht um viel: die Glaubwürdigkeit der Armee, Gerechtigkeit für die Toten und darum, sinnloses Leid künftig besser zu verhindern

von Joshua Schultheis  15.04.2025 16:40 Uhr

Gaza ist eine Black Box. Was in dem vom Krieg verheerten Gebiet geschieht, lässt sich von außen oft nur schwer beurteilen. Das liegt auch daran, dass Israel keine Journalisten hineinlässt. Zu gefährlich, lautet der nachvollziehbare Grund. Öffentlichkeit braucht es aber, um Fehlentwicklungen korrigieren zu können.

Wie wichtig das ist, zeigte sich früh im Krieg, als drei entflohene Geiseln versehentlich von israelischen Soldaten erschossen wurden. Auf den kollektiven Aufschrei der Israelis folgte eine Untersuchung des Ereignisses und die Anweisungen an die Truppe wurden angepasst, damit Tragödien dieser Art nicht wieder passieren.

Im April 2024 sorgte der Luftangriff auf einen Konvoi der Hilfsorganisation »World Kitchen Central«, bei dem sieben Menschen starben, weltweit für Empörung. Vertreter der Armee und der israelische Premierminister räumten ein, dass der Angriff ein Versehen gewesen sei. Ein umfassender Bericht wurde angekündigt, mehr Schutz für humanitäre Helfer versprochen.

Noch ist nicht sicher, was genau passiert ist. Doch der Vorwurf des Völkerrechtsbruchs steht im Raum.

Nun hat das israelische Militär (IDF) die Untersuchung eines weiteren Vorfalls angekündigt: Ende März gerieten mehrere Krankenwagen im Süden des Gazastreifens unter israelischen Beschuss. 14 Personen wurden getötet. Die IDF musste ihre anfängliche Behauptung, die Fahrzeuge hätten sich den Soldaten auf verdächtige Weise ohne Blaulicht genähert, revidieren. Die »New York Times« hatte ein Video von dem Angriff veröffentlicht, das die israelische Darstellung in diesem Punkt widerlegte.

Noch ist nicht sicher, was genau passiert ist. Doch der Vorwurf steht im Raum, dass IDF-Soldaten völkerrechtswidrig Sanitäter erschossen haben. Ein Vorwurf, der auch in Israel ernst genommen wird: »An einem solchen Ereignis kann man nicht vorbeigehen«, schrieb etwa der linke Knessetabgeordnete Gilad Kariv auf X. Er sieht eine Mitschuld bei Politikern, die durch ihre Rhetorik die Grenze zwischen legitimen militärischen Zielen und Zivilisten verwischten. Die Armee, so Kariv, müsse den Vorfall nun aufklären und »aufrichtige Schritte zur Korrektur der ethischen und operativen Fehler unternehmen«.

Lesen Sie auch

Sollte die IDF nicht belegen können, dass von den Krankenwagen und ihren Insassen eine Gefahr ausging, ist zu hoffen, dass sie Karivs Aufforderung nachkommt. Es geht um viel: die Glaubwürdigkeit der Armee, Gerechtigkeit für die womöglich unschuldig Getöteten und vor allem darum, sinnloses Leid künftig besser zu verhindern.

schultheis@juedische-allgemeine.de

Meinung

Die AfD schreckt vor nichts mehr zurück

Im Bundestag bagatellisiert die AfD sogar den Völkermord an bosnischen Muslimen 1995, um gegen Muslime in Deutschland zu hetzen

von Michael Thaidigsmann  11.07.2025

Meinung

Die Kirche schafft sich ab

Jetzt soll ausgerechnet der Antizionismus helfen, den gesellschaftlichen Niedergang der Kirche zu stoppen

von Josias Terschüren  10.07.2025

Meinung

BSW und AfD: Zwei Ausprägungen desselben autoritären Denkens

Sahra Wagenknecht und ihre Partei nähern sich den Rechtsextremen immer weiter an. Spätestens jetzt ist klar: Am BSW gibt es nichts Progressives

von Igor Matviyets  09.07.2025

Meinung

»Demokratie leben« braucht eine Inventur

Die Idee hinter dem Förderprogramm des Bundes mag gut sein, die Umsetzung ist es nicht. Viel zu oft profitieren Extremisten und Israelhasser von den öffentlichen Geldern

von Lennart Pfahler  08.07.2025

Michael Roth

Warum Jean Asselborn nicht mehr mein Freund ist

Luxemburgs langjähriger Außenminister verbreitet bei Tilo Jung Verschwörungstheorien über Israel. Nun kündigt ihm ein sozialdemokratischer Weggefährte die Freundschaft

von Michael Roth  07.07.2025 Aktualisiert

Meinung

New York: Zohran Mamdani und der Clash der Generationen

Der Bürgermeisterkandidat der Demokraten wurde nicht zuletzt wegen seiner antizionistischen Haltung gewählt. Während er unter jungen jüdischen New Yorkern Unterstützer hat, stehen die älteren überwiegend fest an Israels Seite

von Hannes Stein  06.07.2025

Kommentar

Zürich sollte Francesca Albanese keine Bühne bieten

Die antisemitische UN-Sonderberichterstatterin tritt am Freitag in der Zürcher Zentralwäscherei auf - subventioniert durch die Steuerzahler der Stadt

von Ronny Siev  03.07.2025

Kommentar

Liebe statt Tod

Die israelische Armee kämpft für unsere Freiheit, auch die der verlorenen Seelen auf dem Glastonbury-Musikfestival, die den Tod israelischer Soldaten gefordert haben

von Frank Schmiechen  03.07.2025

Kommentar

Justiz: Im Zweifel für Antisemitismus?

Ein Verwaltungsgerichtsurteil lässt große Zweifel aufkommen, dass es alle mit der Bekämpfung von Antisemitismus unter Beamten ernst meinen

von Michael Thaidigsmann  02.07.2025