Meinung

Gar nichts ist gut in Brandenburg

Katrin Richter Foto: Katharina Bohm

Vielen mag am Sonntagabend ein Stein vom Herzen gefallen sein, als die ersten Hochrechnungen der Landtagswahl zu sehen waren: SPD vor AfD. Puh, gerade nochmal gut gegangen. Weiter im Text.

Moment mal: Gar nichts ist gut gegangen.

29,2 Prozent sind nicht gut gegangen. Diese sind – für alle, die nach dem SPD-Wahlergebnis von 30,9 Prozent in eine Art Sektlaune verfallen sind – das Ergebnis der Landtagswahl der in Teilen rechtsextremistischen AfD. 1,7 Prozent Unterschied oder umgerechnet 24.867 Stimmen. 

Knapp 25.000 Menschen mehr haben sich für Dietmar Woidke von der SPD entschieden als für den AfD-Kandidaten. Das entspricht ungefähr der Einwohnerzahl von Eisenhüttenstadt (24.447 Einwohner, Stand: Dezember 2023). Dort gewann übrigens der AfD-Kandidat.

Und genauso unschön blau sehen viele weitere Teile des Bundeslandes aus.

Wer nun auf eine einfache Koalitionsbildung hofft, dem sei auch in diesem Punkt direkt mal die Laune verdorben: Ohne das Bündnis Sahra Wagenknecht, das mit Kapitalismus-Verschwurbelungen den brandenburgischen Wählern immerhin 13,48 Prozent entlocken konnte, sieht es mager aus für die SPD.

So, Dietmar Woidke, jetzt müssen Sie sich entscheiden: Nehmen Sie das BSW, das gern auch mal Israels Kampf gegen eine Terrororganisation mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine vergleicht und auf »Friedenspolitik« – auch bekannt als Putinkuschelei – setzt? Oder die AfD, die den Wählern eine Art Revival der 1989 zu Recht zugrunde gegangenen Diktatur nur mit nun neuem völkischen und nationalen Anstrich einer noch früheren Diktatur vorspielt? Das ist die Entscheidung zwischen Pest und Cholera.

Dabei rühmt sich die blaue Partei der ebenfalls blauen Jugend, die die DDR-Diktatur nur noch aus den »Ach, wie schön das damals war«-Erzählungen ihrer Eltern kennt, die sich in einer Demokratie frei entfalten konnte und sich nach dem Pseudo-Schutz einer abgeschlossenen Gesellschaft sehnt. Sie kennt nicht die 90er-Jahre in Brandenburg, in der Jung- und Altnazis Andersdenkende bedrohten, zusammenschlugen und noch Schlimmeres.

Wer im Brandenburg der 90er aufgewachsen ist, ahnt, was kommt und dass es eines nicht wird: gut gehen. Blau passt zu Braun: Kein Wunder, sind ja auch Komplementärfarben.

richter@juedische-allgemeine.de

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Volker Beck

Den Kampf gegen Antisemitismus nicht vereinnahmen

US-Präsident Trump nimmt den Antisemitismus an der Harvard University zum Anlass für einen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit und die Rechtsgleichheit für alle

von Volker Beck  16.04.2025

Lasse Schauder

Wer den Begriff »Islamismus« bannen will, ist politisch unmündig

Die Berliner Jusos haben beschlossen, aus Gründen der Sprachsensibilität künftig nicht mehr von »Islamismus« sprechen zu wollen. Das ist ein fatales Signal an Betroffene extremistischer Gewalt

von Lasse Schauder  16.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt, wie die von Sophie von der Tann, sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  16.04.2025

Eren Güvercin

Wo sind die Gelehrten, die der Fatwa gegen Israel widersprechen?

Ein ranghoher Geistlicher erklärt den Kampf gegen Israel zur Pflicht eines jeden Muslims. Kritik an diesem offenen Terroraufruf sucht man bei deutschen Islamverbänden vergeblich

von Eren Güvercin  16.04.2025

Essay

Warum ich stolz auf Israel bin

Das Land ist trotz der Massaker vom 7. Oktober 2023 nicht zusammengebrochen, sondern widerstandsfähig, hoffnungsvoll und vereint geblieben

von Alon David  15.04.2025 Aktualisiert

Joshua Schultheis

Im Krieg braucht es ein Korrektiv

Das israelische Militär will den verheerenden Angriff auf Krankenwagen in Gaza untersuchen. Es geht um viel: die Glaubwürdigkeit der Armee, Gerechtigkeit für die Toten und darum, sinnloses Leid künftig besser zu verhindern

von Joshua Schultheis  15.04.2025

Ernst-Wilhelm Gohl ist Landesbischof der evanglischen Landeskirche Württemberg

Antisemitische Anfeindungen

»Langenau ist kein Einzelfall«

Der Landesbischof von Württemberg fordert den Schutz von Pfarrern, die von »propalästinensischen« Aktivisten bedrängt werden

von Ernst-Wilhelm Gohl  14.04.2025

Meinung

Koalitionsvertrag: Wenig drin für junge Jüdinnen und Juden

Der grassierende Antisemitismus an deutschen Hochschulen findet im Papier von Union und SPD kaum Beachtung. Eine verpasste Chance, kritisiert der Präsident der Jüdischen Studierendenunion

von Ron Dekel  10.04.2025