Ilan Cohn

Fähigkeit zum Mitgefühl

Ilan Cohn Foto: Michael Thaidigsmann

Mehr als 100 Millionen Menschen weltweit – ein neuerlicher, trauriger Rekord – waren im Jahr 2022 aufgrund von Krieg und Verfolgung gezwungen, aus ihrer Heimat zu fliehen. Nur ein kleiner Teil von ihnen kommt in Europa an. Aber schon jetzt ist wieder eine große Debatte darüber entbrannt, ob wir in der Lage sind, diese Situation zu bewältigen.

Dabei sollte uns Europas Antwort auf den Krieg in der Ukraine eigentlich anspornen. Acht Millionen Menschen sind in den vergangenen 15 Monaten aus der Ukraine geflohen, mehr als eine Million von ihnen nach Deutschland. In Zusammenarbeit mit den jüdischen Gemeinden in den Aufnahmeländern hat HIAS, gegründet als »Hebrew Immigrant Aid Society«, Lebensmittel und Unterkünfte bereitgestellt und »Willkommenskreise« eingerichtet, die sich aus Freiwilligen und Gemeinden zusammensetzen.

HIAS Mehr als 400 Personen wurden von HIAS in sichere Staaten umgesiedelt. Während einige jüdische Gemeinden aufgrund gemeinsamer kultureller Bindungen in erster Linie jüdischen Ukrainern helfen, verfolgen andere einen breiteren Ansatz. Wenn es darum geht, menschliches Leid zu lindern, sollten religiöse Unterschiede hintanstehen.

Mehr als 400 Personen wurden von HIAS in sichere Staaten umgesiedelt.

Auch wenn der Krieg in der Ukraine medial und seitens der Politik die größte Aufmerksamkeit erhält, dürfen wir nicht vergessen, dass wir als jüdische Gemeinschaft auch auf andere große Krisen in der Welt Antworten finden müssen. So sind in Lateinamerika Migranten und Flüchtlinge geschlechtsspezifischer Gewalt, Bandengewalt und der Gefahr des Menschenhandels ausgesetzt. Das afrikanische Land Tschad muss aktuell mit der Aufnahme von fast 100.000 Kriegsflüchtlingen aus dem Sudan fertigwerden, und die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

Das Ausmaß der weltweiten Krise mag auf den ersten Blick unüberwindbar erscheinen. Aber die Unterstützung für ukrainische Flüchtlinge in ganz Europa hat unsere Fähigkeit zum Mitgefühl erneut unter Beweis gestellt – auch und besonders als jüdische Gemeinschaft.

Der Autor ist Geschäftsführer der Flüchtlingshilfsorganisation HIAS Europe.

Meinung

Carsten Brosda - der nächste problematische Kulturstaatsminister?

Das Ende der Ampel bedeutet auch das Ende der unsäglichen Ära Claudia Roth. Das neue schwarz-rote Bündnis, das gerade geschmiedet wird, hat nun auch die Chance auf einen Neubeginn

von Daniel Killy  19.03.2025

Meinung

Rechtsextreme bleiben falsche Freunde

Mit Rechtsextremismus lässt sich kein Judenhass bekämpfen, schreibt unsere Redakteurin

von Nicole Dreyfus  19.03.2025

Meinung

Itamar Ben-Gvir und die rote Ampel

Warum die Rückkehr des Rechtsextremisten in Israels Regierung auch uns Juden in der Diaspora zutiefst beunruhigen muss

von Ayala Goldmann  19.03.2025

Meinung

Jürgen Trittin verharmlost den NS-Terror

Der Ex-Bundesumweltminister stellt Donald Trump auf eine Stufe mit den Nazis. Das ist völlig daneben

von Michael Thaidigsmann  18.03.2025

Kommentar

Der Antisemitismus, das dreiste, gefräßige Monster

Auf Demonstrationen in Europa dominieren juden- und israelfeindliche Hasstiraden. Das Schweigen darüber ist unerträglich

von Melody Sucharewicz  17.03.2025

Meinung

Gefährliche Allianz von Feminismus und Antisemitismus

In Lausanne galt auf der Kundgebung zum Weltfrauentag: Jüdinnen sind nicht willkommen. Das ist weder emanzipatorisch noch feministisch

von Nicole Dreyfus  13.03.2025

Daniel Neumann

Darmstadt: Diesmal ließ die Kirche Taten folgen

Nach dem antisemitischen Eklat in der Michaelsgemeinde greift die Evangelische Landeskirche entschlossen durch. Das verdient Anerkennung

von Daniel Neumann  12.03.2025

Meinung

Die stärksten Menschen der Welt

Die ehemaligen Geiseln Eli Sharabi und Yarden Bibas sind durch die Hölle gegangen. Kaum sind sie frei, setzen sie sich unermüdlich für die Rückkehr ihrer »Brüder und Schwestern« ein

von Sabine Brandes  12.03.2025

Purim

An Purim wird »We will dance again« wahr

Das Fest zeigt, dass der jüdische Lebenswille ungebrochen ist – trotz der Massaker vom 7. Oktober

von Ruben Gerczikow  12.03.2025