Ingo Way

Es gibt keine Stadt West-Jerusalem

Ingo Way Foto: Stephan Pramme

Ingo Way

Es gibt keine Stadt West-Jerusalem

Australien meint es mit seiner Teilanerkennung von Israelis Hauptstadt gut. Doch sie hilft niemandem

 20.12.2018 10:26 Uhr

Als »Schritt in die richtige Richtung« bezeichnet die israelische Regierung etwas unterkühlt die Anerkennung von West-Jerusalem als Hauptstadt des jüdischen Staates durch Australien. Die Botschaft wolle man zwar vorerst nicht von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen, sagte der australische Premierminister Scott Morrison, doch immerhin wolle man Ost-Jerusalem erst dann als Hauptstadt eines palästinensischen Staates anerkennen, »wenn ein Abkommen zu einer Zwei­staatenlösung erreicht ist« – was wiederum die Palästinensische Autonomiebehörde auf die Palme bringt.

Gewiss hat die australische Regierung, die bei den Vereinten Nationen zu den israelfreundlicheren zählt, es mit diesem Schritt gut gemeint. Doch mit dieser scheinbar salomonischen Lösung, die es allen Seiten recht machen will, ist keinem wirklich gedient. Schließlich gibt es keine zwei Städte mit den Namen »West-Jerusalem« und »Ost-Jerusalem«.

BESATZUNG So wie man von West- und Ost-Berlin nur sinnvoll sprechen konnte, solange die Stadt geteilt war, so gab es ein West- und ein Ost-Jerusalem lediglich in der Zeit zwischen 1948 und 1967, also gerade einmal für 19 Jahre, als der Ostteil der Stadt unter jordanischer Besatzung stand und sämtliche jüdischen Bewohner gewaltsam vertrieben und deren Häuser und Grabstätten geschändet wurden. In den Jahrtausenden zuvor und in den fünf Jahrzehnten seither war und ist die Stadt eine Einheit, allenfalls könnte man von westlichen und östlichen Vierteln sprechen.

West- und Ost-Jerusalem
gab es lediglich in der Zeit
zwischen 1948 und 1967.

Vor 1948 lebten überall in Jerusalem Juden. Auch die Kotel, die Hebräische Universität und das jüdische Viertel der Altstadt befinden sich östlich der Waffenstillstandslinie von 1967. Es ist also irreführend, pauschal vom »arabischen Ost-Jerusalem« zu sprechen, das die Palästinenser als Hauptstadt ihres zukünftigen Staates beanspruchen.

Ob Jerusalem tatsächlich nach einem Friedensschluss die Hauptstadt zweier Staaten wird, muss das Ergebnis von Verhandlungen sein. Bis dahin spricht nichts dagegen, als Israels Hauptstadt denjenigen Ort anzuerkennen, der es de facto schon seit Langem ist: Jerusalem.

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  01.12.2025 Aktualisiert

Kommentar

Schiedsgerichte sind nur ein erster Schritt

Am 1. Dezember startet die Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubkunst. Doch es braucht eine gesetzliche Regelung auch für Werke in Privatbesitz, meint unser Gastautor

von Rüdiger Mahlo  01.12.2025

Meinung

Wir Jungen müssen die Gemeinden stärker mitgestalten

Jüdische Studierende sind vom wachsenden Antisemitismus besonders betroffen. Gleichzeitig sind junge Juden kaum in den Gemeindevertretungen repräsentiert. Das muss sich ändern

von Ron Dekel  30.11.2025

Meinung

Der Weg zum Frieden in Nahost führt über Riad

Donald Trump sieht in Saudi-Arabien zunehmend einen privilegierten Partner der USA. Die Israelis müssen gemäß dieser neuen Realität handeln, wenn sie ein Abkommen mit dem mächtigen Ölstaat schließen wollen

von Joshua Schultheis  01.12.2025 Aktualisiert

Meinung

Wenn ein Botschafter Schoa-Überlebende zu Lügnern erklärt

Tom Rose, neuer US-Botschafter in Warschau, hat in einer Rede die Komplizenschaft Tausender Polen während des Holocaust bestritten. Das ist fatal für das Ansehen der USA

von Menachem Z. Rosensaft  29.11.2025

Meinung

Die Flucht der arabischen Juden

Einst lebten viele Juden in der muslimischen Welt. Es ist wichtig, an ihre persönlichen Geschichten von Exil und Mut zu erinnern

von Tair Haim  27.11.2025

Meinung

Die polnische Krankheit

Der Streit um einen Tweet der israelischen Schoa-Gedenkstätte Yad Vashem zeigt, dass Polen noch immer unfähig ist, sich ehrlich mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen

von Jan Grabowski  26.11.2025

Meinung

Ein Friedensplan, der keiner ist?

Die von den Amerikanern vorgelegten Punkte zur Beendigung des Ukraine-Kriegs sind kein fairer Vorschlag, sondern eine Belohnung für den russischen Aggressor

von Alexander Friedman  24.11.2025

Existenzrecht Israels

Objektive Strafbarkeitslücke

Nicht die Gerichte dafür schelten, dass der Gesetzgeber seine Hausaufgaben nicht macht. Ein Kommentar

von Volker Beck  23.11.2025