Michael Rubinstein

Düsseldorf: Vorbild Farid Bang?

Das umstrittene Video ist zwar gelöscht, doch die Irritation aufgrund der ausbleibenden klar formulierten Einsicht bleibt

 30.07.2020 11:30 Uhr

Michael Rubinstein Foto: privat

Das umstrittene Video ist zwar gelöscht, doch die Irritation aufgrund der ausbleibenden klar formulierten Einsicht bleibt

 30.07.2020 11:30 Uhr

Die Stadt Düsseldorf hat ein Problem – genauer gesagt, aktuell gleich zwei davon. Zum einen verwandeln sich Rheinufer und Altstadt an den Wochenenden zu einem Tummelplatz für all diejenigen, die auf sämtliche (Corona-)Regeln pfeifen und laut der Düsseldorfer Stadtspitze weder von der Mehrheitsgesellschaft noch der Politik oder den Ordnungskräften erreicht werden. Eine Parallelgesellschaft.

Damit steht NRWs Hauptstadt nicht allein da. Beim zweiten Problem steht die Stadt – beziehungsweise ihr Oberbürgermeister Thomas Geisel – allein auf weiter Flur.

HOFFNUNGSTRÄGER Nein, der Rapper Farid Bang, der hier zu Hause ist, beging in diesem konkreten Fall keinen Fehler, als er sich auf Geisels Bitte einließ, ein Video zu drehen, um besagte Zielgruppe zur Ordnung zu rufen. Denn so wäre dieser mal nicht mit antisemitischen, frauenfeindlichen, homophoben und gewaltverherrlichenden Texten in die Schlagzeilen gekommen, sondern als Hoffnungsträger für die Sicherheit und Ordnung der Stadt.

OB Geisel hingegen hat im Vorfeld unterschätzt, dass die gesellschaftliche und mediale Öffentlichkeit eine genau entgegengesetzte Meinung vertritt. Zur Toleranz gehöre aber auch, »Anschauungen, Lebensentwürfe und Äußerungen auszuhalten, die unseren Vorstellungen von zivilisatorischem Fortschritt und Political Correctness nicht entsprechen«, entgegnet Geisel seinen Kritikern.

Es darf nicht der Anschein von Verharmlosung oder gar Toleranz gegenüber solchen Liedzeilen entstehen.

Er hat damit grundsätzlich recht, doch weder heiligt der Zweck stets die Mittel, noch darf auch nur der Anschein von Verharmlosung oder gar Toleranz gegenüber solchen Liedzeilen entstehen. Denn wenn genau dieser Künstler bestimmte Zielgruppen erreicht, dann sind es eben auch genau diese Texte.

rechtsstaat Das kann in unserem Rechtsstaat nicht die Lösung sein. Das Video ist inzwischen gelöscht, doch das Netz vergisst nicht, und die Irritation aufgrund der ausbleibenden klar formulierten Einsicht, eine schlechte Entscheidung getroffen zu haben, bleibt.

Was besonders bitter ist: Das eigentliche Problem geht in der Diskussion komplett unter: Das ist weder Geisel noch Farid Bang, sondern ein bestimmter Teil unserer Gesellschaft, der nicht erreicht wird und sich über alle Normen und Regeln hinwegsetzt. Doch genau das ist besonders gefährlich. Nicht nur, aber auch für die jüdische Community.

Der Autor ist Direktor der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf.

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