Christoph Heubner

Documenta: Kunst, Justiz und Judenhass

Christoph Heubner Foto: picture alliance/dpa

Das Antisemitismus-Debakel der documenta 15 wird nach der Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt nun auch juristisch abgelegt und für beendet erklärt. Ein Anfangsverdacht »wegen einer verfolgbaren Straftat« sei nicht gegeben, und zudem sei nicht hinreichend gesichert, dass Darstellungen in dem Großgemälde »People’s Justice« des Künstlerkollektivs Taring Padi pauschal gegen Juden oder die jüdische Kultur gerichtet gewesen seien.

Die Entscheidung der Frankfurter Gene­ral­staatsanwaltschaft verwundert nicht. Sie passt sich ein in die beflissenen Versuche vieler Beteiligter, ein völlig misslungenes und an Inkompetenz und verweigerter Auseinandersetzung gescheitertes documenta-Kapitel hastig hinter sich zu lassen und zu neuen unbelasteten Ufern, sprich der nächsten documenta, aufzubrechen.

Um vom eigentlichen Skandal der documenta 15 abzulenken, wird immer wieder lauthals die Bedrohung der Kunstfreiheit durch staatliche Eingriffe beschworen.

Längst haben sich zudem die lokalen, regionalen und überregionalen Kontrahenten in ihren Schützengräben eingerichtet: Um vom eigentlichen Skandal der documenta 15 abzulenken, wird immer wieder lauthals die Bedrohung der Kunstfreiheit durch staatliche Eingriffe beschworen und als Gefahr für die nächste documenta an die Wand gemalt.

Und so wirkt der eigentliche Skandal jener 100 Tage im Sommer 2022 fort: dass nämlich bei einer der weltweit prominentesten Kunstausstellungen antisemitische Schmähungen ausgestellt werden konnten und die Reaktionen der politisch und künstlerisch Beteiligten ein einziges Armutszeugnis waren. Schon damals haben Schoa-Überlebende das, was in Kassel geschah und wie darauf reagiert wurde, mit ungläubigem Staunen und Empörung verfolgt.

Als Fazit bleibt nur die bittere Erkenntnis: Diese documenta und die Auseinandersetzung mit ihr – bis hin zur aktuellen Entscheidung der Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft – haben der weltweiten Entwicklung des Antisemitismus und der Gleichgültigkeit ihr gegenüber ein weiteres Kapitel hinzugefügt. Ob daraus Lehren gezogen werden, wird sich bei der nächsten documenta 2027 zeigen.

Der Autor ist Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees.

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