Reuven Rennert

Die Verantwortung des Präsidenten

Reuven Rennert Foto: privat

Reuven Rennert

Die Verantwortung des Präsidenten

Der Staatsbesuch Alexander Van der Bellens in Israel zeigt: Die Erwartungen an Österreichs Staatsoberhaupt sind zu Recht sehr hoch

von Reuven Rennert  14.02.2019 08:55 Uhr

Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen war vergangene Woche zu Gast in Israel. Als der vormalige Grünen-Politiker 2016 gegen den bekennenden Deutschnationalen Norbert Hofer von der FPÖ gewonnen hatte, waren die Erwartungen groß: Der neue Bundespräsident sollte das »andere Österreich« verkörpern.

Tatsächlich fand Van der Bellen bei seinem Treffen mit seinem israelischen Amtskollegen Reuven Rivlin die richtigen Worte, um Österreichs Rolle in der Schoa und seine Verantwortung gegenüber ihren Opfern zu beschreiben.

BEGLEITUNG Die Israelitische Kultusgemeinde in Österreich unterhält seit Jahren gute Beziehungen zu Van der Bellen. Ihre Bemühungen, die Beziehungen zwischen Österreich und Israel zu verbessern, zeigten sich auch darin, dass IKG-Vertreter mit Van der Bellen nach Israel reisten. Eine solche Begleitung eröffnet die Möglichkeit, das oftmals als komplex wahrgenommene Zusammenspiel zwischen jüdischer Diaspora und jüdischem Staat aus erster Hand zu erklären und auch als verbindendes Element zu agieren.

Vielen IKG-Mitgliedern stieß auf, dass
Van der Bellen am Grab des Terroristen Jassir Arafat einen Kranz niederlegte.

Die Beziehung zwischen beiden Staaten ist stärker als je zuvor. Nicht einmal Israels Boykott der Regierungspartei FPÖ tut dem Abbruch. Alles auf einem guten Weg also? Nicht ganz. Vielen IKG-Mitgliedern stieß auf, dass Van der Bellen – einen Tag nach seinem emotionalen Yad-Vashem-Besuch – am Grab des Terroristen Jassir Arafat einen Kranz niederlegte.

STAATSRÄSON Als sich Frank-Walter Steinmeier 2017 vor Arafats Grab verneigt hatte, entbrannte in deutschen Medien eine heftige Debatte, ob dies nicht der wiederholt als Staatsräson bezeichneten Mitverantwortung Deutschlands für die Sicherheit Israels widersprach.

Den österreichischen Medien hingegen war Van der Bellens Gedenkakt in Ramallah kaum einen Kommentar wert. Dabei drängt sich doch die Frage auf, wie es mit der Verantwortung und dem kompromisslosen Kampf gegen jeglichen Antisemitismus nun genau beschaffen ist. Die Erwartung an einen Präsidenten, der die dunklen Kapitel der Geschichte des eigenen Landes durchaus versteht, darf, soll und muss eben höher sein.

Der Autor ist Mitglied der Israelitischen Kultusgemeinde Wien und Mitglied des Jewish Diplomatic Corps des World Jewish Congress.

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  15.12.2025

Kommentar

Müssen immer erst Juden sterben?

Der Anschlag von Sydney sollte auch für Deutschland ein Weckruf sein. Wer weiter zulässt, dass auf Straßen und Plätzen zur globalen Intifada aufgerufen wird, sollte sich nicht wundern, wenn der Terror auch zu uns kommt

von Michael Thaidigsmann  14.12.2025

Meinung

Blut statt Licht

Das Abwarten, Abwiegeln, das Aber, mit dem die westlichen Gesellschaften auf den rasenden Antisemitismus reagieren, machen das nächste Massaker nur zu einer Frage der Zeit. Nun war es also wieder so weit

von Sophie Albers Ben Chamo  14.12.2025 Aktualisiert

Meinung

Die Schweiz als Ausweichort: Ein Lehrstück über den Umgang mit kontroversen Positionen

Linke Intellektuelle verbreiteten auf einer Tagung anti-israelische Verschwörungstheorien. Die Veranstaltung zeigt, warum wir den offenen, präzisen Diskurs gegen jene verteidigen müssen, die Wissenschaftlichkeit als Tarnkappe missbrauchen

von Zsolt Balkanyi-Guery  12.12.2025

Meinung

Nemo unverbesserlich

Nemo gibt mit Rückgabe der ESC-Siegertrophäe auch Haltung ab. Statt Rückgrat zu zeigen, schwimmt das Schweizer Gesangswunder von 2024 im postkolonialen Strom mit

von Nicole Dreyfus  12.12.2025

Andrea Kiewel

Ein Weltwunder namens Regen

Jedes Jahr im Dezember versetzt der Regen die Menschen in Israel in Panik - dabei ist er so vorhersehbar wie Chanukka

von Andrea Kiewel  11.12.2025 Aktualisiert

Meinung

Eurovision: Mobbing statt Musik

Eigentlich versteht jeder, dass Musiker nicht mit ihren Regierungen identisch sind. Wenn es um den jüdischen Staat geht, scheint diese Logik jedoch nicht zu gelten

von Sabine Brandes  07.12.2025

Zwischenruf

Die außerirdische Logik der Eurovision

Was würden wohl Aliens über die absurden Vorgänge rund um die Teilnahme des jüdischen Staates an dem Musikwettbewerb denken?

von Imanuel Marcus  07.12.2025

Meinung

Zurück ins Mittelalter?

Die israelische Regierung will die Todesstrafe wieder einführen. Das ist geschichtsvergessen und verblendet

von Sophie Albers Ben Chamo  04.12.2025