Meinung

Der jüdischen Veteranen gedenken

Der 9. Mai, der »Tag des Sieges« über den Nationalsozialismus, jährt sich 2024 zum 79. Mal. Wir haben einen Riss in unseren Herzen, was diesen für unsere Gemeinden so wichtigen Tag angeht.

Einerseits bin ich stolz und dankbar, dass die jüdischen Veteranen des Zweiten Weltkriegs diesen Tag jahrzehntelang in unseren Gemeinden feierlich begehen konnten. Ihre Medaillen, ihre Lieder, ihre Erinnerungen und unsere gemeinsamen Tränen – das stiftete wirklich Gemeinschaft. Dabei spielte es keine Rolle, ob die Veteranen und ihre Familien aus Russland, der Ukraine, Georgien, Belarus oder Moldawien kamen.

Nun ist seit mehr als zwei Jahren Krieg in Europa. Der Überfall Russlands auf die freie Ukraine erinnert an die dunkelsten Kapitel der europäischen Geschichte. Mit überfallen und instrumentalisiert wurde und wird dabei das Gedenken an den Sieg gegen Nazideutschland. Unsere jüdischen Gemeinden sind die Speerspitze der Unterstützung ukrainischer Geflüchteter. Das ist eine unnachahmliche Leistung der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland.

Der Überfall Russlands auf die freie Ukraine erinnert an die dunkelsten Kapitel der europäischen Geschichte.

An ihrer Solidarität mit der Ukraine gibt es keinen Zweifel. Gerade die Russland-stämmigen Gemeindemitglieder leiden mit der Ukraine, aber auch mit Russland, das sich nicht nur in der Politik, sondern auch in der Erinnerung einem aggressiven nationalen Imperialismus verschrieben hat. Ich weiß, wie schwer es für diese häufig traumatisierten Menschen ist, zu wissen, dass am 9. Mai die militärische Parade in Moskau stattfindet, die den heutigen Angriffskrieg Russlands glorifiziert.

Wir müssen nicht zum ersten Mal in der jüdischen Geschichte mit einer großen Komplexität der Erinnerung leben. Dennoch, oder vielleicht gerade deswegen, denken wir am 9. Mai an die postsowjetisch-jüdischen Veteranen des Zweiten Weltkriegs, die oft auch ihre ganzen Familien in der Schoa verloren haben, und danken ihnen an diesem Tag von ganzem Herzen für die Befreiung vom Hitler-Faschismus.

Der Autor ist Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.

Einspruch

Solidarität mit Somaliland

Sabine Brandes findet Israels Anerkennung der Demokratie am Horn von Afrika nicht nur verblüffend, sondern erfrischend

von Sabine Brandes  30.12.2025

Meinung

Für mich heißt Neujahr Nowy God

Das Neujahrsfest hat mit dem Judentum eigentlich nichts zu tun. Trotzdem habe ich warme Erinnerungen an diesen Feiertag

von Jan Feldmann  30.12.2025

Meinung

Wer Glaubenssymbole angreift, will Gläubige angreifen

Egal ob abgerissene Mesusot, beschmierte Moscheen oder verwüstete Kirchen: Politik und Religion werden zurzeit wieder zu einem hochexplosiven Gemisch. Dabei sollte man beides streng trennen

 29.12.2025

Meinung

Die Columbia und der Antisemitismus

Ein neuer Bericht offenbart: An der US-Eliteuniversität sind die Nahoststudien ideologisch einseitig und jüdische Studenten nicht sicher. Es ist ein Befund, der ratlos macht

von Sarah Thalia Pines  22.12.2025

Meinung

Der Missbrauch von Anne Frank und die Liebe zu toten Juden

In einem Potsdamer Museum stellt der Maler Costantino Ciervo das jüdische Mädchen mit einer Kufiya dar. So wird aus einem Schoa-Opfer eine universelle Mahnfigur, die vor allem eines leisten soll: die moralische Anklage Israels

von Daniel Neumann  21.12.2025

Gastbeitrag

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum schweigt ihr?

Jan Grabowski fragt die deutschen Historiker, warum sie es unwidersprochen stehen lassen, wenn ein Holocaust-Experte für seine Forschungsarbeit diskreditiert wird

von Jan Grabowski  21.12.2025

Nahost

Warum Deutschland seine Botschaft nach Jerusalem verlegen sollte

Ein Kommentar von JA-Redakteur Imanuel Marcus

von Imanuel Marcus  21.12.2025

Essay

Chanukka und wenig Hoffnung

Das hoffnungsvolle Leuchten der Menorah steht vor dem düsteren Hintergrund der Judenverfolgung - auch heute wieder

von Leeor Engländer  21.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025