Ronen Steinke

Dammbruch in Sachsen

Ronen Steinke Foto: Peter von Felbert

Ronen Steinke

Dammbruch in Sachsen

Das Justizministerium hätte durchaus Möglichkeiten, um den AfD-Hetzer von einem Richterstuhl fernzuhalten

von Ronen Steinke  10.02.2022 08:42 Uhr

Die Weimarer Republik ist daran zugrunde gegangen, dass von den vielen, vielen politischen Kräften, die damals in ihrem Parlament saßen, viele eigentlich keine Lust hatten. Sie setzten sich wenig dafür ein, dass das dauerhaft so weitergehen würde mit dem Diskutieren und dem Abstimmen und dem Schutz der Unterlegenen. »Demokratie ohne Demokraten«, so hat man diese erste deutsche Republik deshalb genannt. Das ist lange her. Aber man sollte daraus lernen.

Eine »Demokratie ohne Demokraten« gibt es heute nicht mehr. Heute ist die Frage, wie man das wohl am besten nennen sollte: eine Demokratie, deren Demokraten sehenden Auges die Abrissunternehmer ins Haus lassen?

RASSISMUS In Sachsen will einer der übelsten Hetzer vom rechtsextremen Flügel der AfD, der gerade aus dem Bundestag geflogen ist, zurückkehren in sein vormaliges Amt als Richter. Der Jurist Jens Maier, der als Abgeordneter mit offenem Rassismus kokettierte, so wie er schon in den Jahren zuvor die »Herstellung von Mischvölkern« anprangerte, will wieder in die Justiz. Dort stehen ihm die Türen tatsächlich offen.

Es sind Türen zur Macht. Es ist die Macht, über Recht und Unrecht zu entscheiden, »im Namen des Volkes«. Diese Rückkehr hat ihm die Justizministerin des Landes, eine Grüne, nicht verweigert. Sie meint: Sie könne nicht anders.

Die grüne Landesministerin zieht sich auf eine Einschätzung ihrer ministeriellen Bedenkenträger zurück.

Das ist, juristisch betrachtet, falsch. Das haben inzwischen eine ganze Reihe von Verfassungsrechtlern öffentlich dargelegt. Sie haben aufgezeigt, welche Möglichkeiten das Ministerium durchaus hätte, um den AfD-Hetzer von einem Richterstuhl fernzuhalten. So ganz zahnlos ist das Disziplinarrecht nicht, man müsste es nur mal versuchen.

STIMMUNG Die grüne Landesministerin dagegen zieht sich auf eine Einschätzung ihrer ministeriellen Bedenkenträger zurück, die offenbar mehr Sorge vor schlechter Stimmung in der Richterschaft haben als vor der Vorstellung, eine Bürgerin oder ein Bürger könne einem AfD-Richter Maier gegenübersitzen – und ihm ausgeliefert sein.

Das ist, demokratisch betrachtet, verantwortungslos. Der Bremer Verfassungsrechtler Andreas Fischer-Lescano hat es richtig gesagt: Hier droht ein Dammbruch. Die zweite deutsche Demokratie ist in Sachsen erst gut 30 Jahre alt. Sie braucht Verteidiger.

Der Autor ist Jurist und Redakteur der »Süddeutschen Zeitung«.

Andrea Kiewel

Ein Weltwunder namens Regen

Jedes Jahr im Dezember versetzt der Regen die Menschen in Israel in Panik - dabei ist er so vorhersehbar wie Chanukka

von Andrea Kiewel  09.12.2025

Meinung

Eurovision: Mobbing statt Musik

Eigentlich versteht jeder, dass Musiker nicht mit ihren Regierungen identisch sind. Wenn es um den jüdischen Staat geht, scheint diese Logik jedoch nicht zu gelten

von Sabine Brandes  07.12.2025

Zwischenruf

Die außerirdische Logik der Eurovision

Was würden wohl Aliens über die absurden Vorgänge rund um die Teilnahme des jüdischen Staates an dem Musikwettbewerb denken?

von Imanuel Marcus  07.12.2025

Meinung

Zurück ins Mittelalter?

Die israelische Regierung will die Todesstrafe wieder einführen. Das ist geschichtsvergessen und verblendet

von Sophie Albers Ben Chamo  04.12.2025

Meinung

Wagenknechts Schiffbruch

Nur etwa zwei Jahre nach seiner Gründung steht das BSW vorm endgültigen Scheitern – eine gute Nachricht! Dennoch bleibt ein übler Nachgeschmack

von Ralf Balke  04.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  03.12.2025 Aktualisiert

Meinung

Die neue AfD-Jugendpartei ist kein bisschen weniger extrem

Die »Junge Alternative« wurde durch die »Generation Deutschland« abgelöst. Doch die Neuordnung der AfD-Jugendorganisation diente keineswegs ihrer Entradikalisierung

von Ruben Gerczikow  02.12.2025

Kommentar

Schiedsgerichte sind nur ein erster Schritt

Am 1. Dezember startet die Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubkunst. Doch es braucht eine gesetzliche Regelung auch für Werke in Privatbesitz, meint unser Gastautor

von Rüdiger Mahlo  01.12.2025

Meinung

Wir Jungen müssen die Gemeinden stärker mitgestalten

Jüdische Studierende sind vom wachsenden Antisemitismus besonders betroffen. Gleichzeitig sind junge Juden kaum in den Gemeindevertretungen repräsentiert. Das muss sich ändern

von Ron Dekel  30.11.2025