Nora Pester

Auch das ist Sachsen!

Verlegerin Nora Pester Foto: Gregor Zielke

Nora Pester

Auch das ist Sachsen!

Während die AfD in Ostdeutschland Wahlerfolge feiert, zeigt eine Veranstaltungsreihe in Leipzig, dass jüdisches Leben einen festen Platz in der Region hat

von Nora Pester  06.07.2023 08:49 Uhr

Dicht gedrängt stehen die Menschen unter den Arkaden des Alten Rathauses Leipzig. Viele sind zufällig vorbeigekommen, angezogen vom virtuosen Xylofonspiel Alex Jacobowitzʼ.

Mitten auf der Haupteinkaufsstraße singt Rabbiner Zsolt Balla und begleitet sich selbst auf der Gitarre. Karolina Trybala animiert mit ihren mittel- und osteuropäischen Liedern das Publikum zum Tanzen, und »Die Damen und Herren Daffke« laden mit Chansons der 1920er-Jahre zum Mitsingen ein. Zwei Teenager schlendern vorbei: »So lange hast du noch nie klassischer Musik zugehört.«

veranstaltungen Es ist Jüdische Woche in Leipzig. Mehr als 10.000 Menschen besuchten bis zum 2. Juli die mehr als 100 Veranstaltungen. Dazwischen stehe ich mit unserem bunten Verlagsstand. Ganz selbstverständlich kaufen die Leute Haggadot und Einführungen ins Judentum, fragen nach Hebräisch-Kursen oder unserem Umzug ins Capa-Haus, einem historischen Ort der Befreiung vom Nationalsozialismus, aber auch des jüdischen Widerstands der Kriegsfotografen Robert Capa und Gerda Taro. Als sei es das Normalste der Welt. Mitten in Leipzig, mitten in Sachsen.

Wir sind gekommen, um zu bleiben. Wir gehören dazu.

Ist es Naivität oder gar Ignoranz gegenüber der Lebenswirklichkeit von Jüdinnen und Juden in Deutschland, gegenüber dem wieder­erstarkten Antisemitismus und dem Umfragehoch der AfD?

stadtgesellschaft Es ist nicht die Aufgabe jüdischer Kultur, gegen Antisemitismus aufzuklären. Das wäre beinahe zynisch. Aber hier, unausweichlich zwischen Bushaltestelle, Tchibo und Zara, beansprucht jüdisches Leben selbstbewusst, nah- und sichtbar seinen Platz im Herzen der Stadtgesellschaft. Wir sind gekommen, um zu bleiben. Wir gehören dazu.

Am Abend eröffnet in der Alten Börse ein Symposium mit Vertretern der Leipziger Partnerstädte Brno, Krakow und Kyiv. Aus den geöffneten Fenstern ertönt Samuel Lampels Segen: »Es segne dich der Herr und behüte dich«, gesungen vom Leipziger Synagogalchor. Als sei es nie anders gewesen. Auch das ist Sachsen – was für ein Glück.

Die Autorin ist Inhaberin des Hentrich & Hentrich Verlags in Leipzig.

Meinung

Die Namen in die Welt schreien

24 junge Männer in der Gewalt der Hamas sind wahrscheinlich noch am Leben - sie können und müssen durch ein Abkommen gerettet werden

von Sabine Brandes  28.04.2025

Meinung

Die UN, der Holocaust und die Palästinenser

Bei den Vereinten Nationen wird die Erinnerung an den Holocaust mit der »Palästina-Frage« verbunden. Das ist obszön, findet unser Autor

von Jacques Abramowicz  25.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  24.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  24.04.2025

Meinung

Ich habe versagt

Damit sich ein Ereignis wie die Schoa nicht wiederholt, kommt es darauf an, wie wir erinnern. Doch wir sind offenbar dabei, genau das den Falschen zu überlassen

von Sophie Albers Ben Chamo  23.04.2025

Jom Haschoa

Zwei Minuten Stillstand?

Sollte in Deutschland in derselben Art und Weise wie in Israel an die Opfer der Schoa erinnert werden? Ein Gastbeitrag von Felix Klein

von Felix Klein  22.04.2025

Kommentar

Bezalel Smotrich, die Geiseln in Gaza und der moralische Teufelskreis

Zum Gesellschaftsvertrag in Israel gehört es, dass kein Soldat und kein Opfer von Terror zurückgelassen wird. Niemand! Niemals! Koste es, was es wolle. Was es bedeutet, dies nun in Frage zu stellen

von Daniel Neumann  22.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Volker Beck

Den Kampf gegen Antisemitismus nicht vereinnahmen

US-Präsident Trump nimmt den Antisemitismus an der Harvard University zum Anlass für einen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit und die Rechtsgleichheit für alle

von Volker Beck  16.04.2025