Interview

»Stolz, selbstbewusst und modern«

Rafael Herlich Foto: PR

Interview

»Stolz, selbstbewusst und modern«

Rafael Herlich über seine neue Fotoausstellung, jüdische Frauen und ein anderes Herzensthema

von Anna Franziska Veyhelmann  10.05.2019 15:37 Uhr

Das Jüdische Museum Westfalen präsentiert eine Fotoausstellung über jüdische Frauen in Deutschland. Die Sonderauasstellung zeigt vom 12. Mai bis 25. August in Dorsten Bilder des Fotografen Rafael Herlich aus dem Fotozyklus »Nashim – Fotografien und Geschichten jüdischer Frauen in Deutschland«. Im Interview spricht der aus Tel Aviv stammende Herlich darüber, welche Geschichte hinter seinen Fotografien ihn besonders bewegt hat und warum ihm die junge jüdische Generation so wichtig ist.

Herr Herlich, warum liegt Ihnen die Porträtierung jüdischer Frauen besonders am Herzen?
Nicht nur jüdische Frauen liegen mir am Herzen, auch jüdische Männer lassen sich in meinen Fotografien finden. Es geht mir allgemein darum, klar zu zeigen, wie Juden heute in Deutschland leben. Ich möchte, dass Menschen die Gesichter der jüdischen Bevölkerung sehen – wie stolz, selbstbewusst und modern sie lebt. Ich möchte die Ängste und Freude der Juden durch meine Fotos vermitteln und zeigen, dass sich jeder damit identifizieren kann.

Was war Ihnen bei der Motivwahl besonders wichtig?
Viele meiner Werke sind spontan entstanden, ohne viel Planung. Für mich war es am allerwichtigsten, keine Prominenten abzubilden. Vielmehr wollte ich zeigen, dass Juden Menschen wie du und ich sind. Heutzutage hat sich die Beschimpfung »du Jude« fast normalisiert, dabei wissen die meisten nicht einmal, wie ein Jude überhaupt aussieht. Das möchte ich mit meinen Fotografien ändern.

Welches Ihrer Fotos oder welche Geschichte dahinter bewegt Sie besonders?
Das ist schwer zu sagen, alle meine Fotografien spielen eine besondere Rolle für mich. Aber sehr bewegend ist die Geschichte hinter dem Porträt von Esther Bejarano. Sie ist eine Überlebende des Holocaust. Damals im Konzentrationslager musste sie Musik in einem Orchester spielen. Jedes Mal, wenn ein neuer Deportationszug mit Juden im Lager ankam, spielte das Orchester. Damit sollte den Ankömmlingen suggeriert werden, dass nichts Schlimmes passieren wird.

Was wollen Sie mit Ihrer Ausstellung bewirken?
Ich wünsche mir, dass die Menschen nicht weggucken. Gesten wie der Hitlergruß oder »Jude« als Schimpfwort sind momentan fast Normalität. Deswegen ist es wichtig zu wissen, wer damals in das Konzentrationslager nach Auschwitz kam und warum es solche Konzentrationslager überhaupt gab. Diese Geschichte und die Gründe dahinter sollen den Menschen wieder mehr verdeutlicht werden. Besonders die jüngere Generation liegt mir am Herzen.

Inwiefern?
Ich kenne Geschichten von jüdischen Kindern, die in der Schule mit Hitlergruß begrüßt wurden oder hinter deren Rücken im Klassenzimmer Gasgeräusche nachgeahmt wurden. Dabei wissen die Kinder, die diese Hänseleien vornehmen, meistens gar nicht genau, was das alles bedeutet. Für mich ist deswegen besonders wichtig, aufzuklären und klar zu machen, dass das nicht die Normalität sein darf. Zivilcourage derer, die diese Hänseleien mitbekommen, ist wichtig. Da möchte ich unterstützend und aufklärend wirken.

Das Interview mit dem Fotografen führte Anna Franziska Veyhelman.

http://www.jmw-dorsten.de/ausstellungen/sonderausstellungen/

Kommentar

Nächstes Jahr bitte ohne Doppelmoral!

Der Musik-Wettbewerb sollte nicht mit einseitiger Solidarität zur inhaltlosen Bühne verkommen

von Nicole Dreyfus  18.05.2025

Musik

Der Fagott-Virtuose

Emanuel Blumin-Sint kombiniert Werke von Bach, Mozart und Paganini mit zeitgenössischen Kompositionen

von Claudia Irle-Utsch  18.05.2025

Berlin

Centrum Judaicum zeigt »Gefühlsdinge«

Die Ausstellung diskutiert wie Objekte Erinnerungen und Emotionen transportieren

 18.05.2025

ESC

Überblick: So stimmten Publikum und Jury über Israel ab

297 Punkte hat Yuval Raphael mit ihrem Beitrag »New Day Will Rise« am Samstagabend im Publikumsvoting bekommen

von Katrin Richter  18.05.2025

Yuval Raphael

»Dem Land eine Sekunde des Friedens zu schenken«

Die zweitplatzierte ESC-Sängerin sagte es sei erst dann ein wirklicher Sieg für sie, wenn Geiseln zuhause sind

 18.05.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Mit Fliesen im Flugzeug: Wie ich ein Badezimmer in Tel Aviv einrichtete

von Ralf Balke  18.05.2025

Aufgegabelt

Kholodnik

Rezepte und Leckeres

von Eugen El  18.05.2025

ESC

Toda, merci, thank you, Yuval

Die israelische Sängerin Yuval Raphael belegt beim ESC mit »New Day Will Rise« den zweiten Platz

von Nicole Dreyfus  18.05.2025

Basel

Farbanschlag auf Yuval Raphael vereitelt

Crew-Mitglied des ESC wurde von Farbe getroffen

 18.05.2025