In der diesjährigen Schillerrede im Schiller-Nationalmuseum in Marbach am Neckar hat die französisch-israelische Soziologin Eva Illouz Parallelen zwischen Shakespeares Bühnenstück »König Lear« und US-Präsident Donald Trump gezogen. Besondere Gefahren sieht sie in der Selbstbeweihräucherung und in der Gleichgültigkeit der Wahrheit gegenüber.
»König Lear« zeige eine Nähe zwischen solcher Selbstbeweihräucherung, Gleichgültigkeit gegenüber der Wahrheit und moralischem Chaos, sagte Illouz am Sonntag laut Manuskript in ihrer auf Englisch gehaltenen Rede. Darin sei es ein sehr modernes Stück.
Mit Aufrichtigkeit und Fairness befassen
Parallelen zog Illouz zu US-Präsident Donald Trump: Die amerikanische Politik werde nicht einmal von einer Missachtung der Wahrheit, sondern von einer Gleichgültigkeit gegenüber der Wahrheit dominiert, erklärte sie. Damit einher gehe eine Missachtung der Rechtsstaatlichkeit. Was König Lear hätte helfen können, und heute nötig sei, sei der Zweifel: »Hätte König Lear Zweifel gehegt, wäre er aus der Echokammer seiner eigenen und der Schmeicheleien anderer herausgetreten«, sagte Illouz. Er hätte sich »mit Aufrichtigkeit, Wahrheit und Fairness befasst, hätte die Katastrophe abgewendet«.
Mit der Schillerrede wird an die Geburt des Dichters Friedrich Schiller am 10. November 1759 in Marbach am Neckar erinnert. Bisherige Schillerredner waren unter anderem der russische Autor Michail Schischkin (2024), der britische Literaturnobelpreisträger Abdulrazak Gurnah (2023), der Schriftsteller Daniel Kehlmann (2022), der Virologe Christian Drosten, der türkische Autor Orhan Pamuk, der Ägyptologe Jan Assmann sowie der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker. epd