Kolumnen

Resignation des Quotenarabers

Unter dem Titel Ben Haaretz, Sohn des Landes, ist im Frühjahr 2015 eine Sammlung von Texten des arabisch-israelischen Schriftstellers Sayed Kashua auf Hebräisch erschienen – mit einer Auswahl aus seinen wöchentlichen Kolumnen, die zwischen 2006 und 2014 in der Tageszeitung »Haaretz« gedruckt wurden.

Nun bringt der Berlin-Verlag dieselbe Auswahl der Texte auf Deutsch heraus – mit einem Zusatz: Die Kolumne »Abschied«, geschrieben im Juli 2014 nach Beginn des jüngsten Gaza-Krieges, ist im Gegensatz zu anderen leichtfüßig und ironisch abgefassten Texten ein Dokument der Resignation.

Kashua, der in Tira in Galiläa geboren wurde, in einem jüdischen Elite-Internat zur Schule ging, seit seinem 14. Lebensjahr auf Hebräisch schreibt und sich in seinen Romanen (Tanzende Araber, Zweite Person Singular), in seinen Drehbüchern (Arab Labour) und in seiner Kolumne spielerisch und selbstkritisch mit den Schwächen der arabischen Gesellschaft in Israel auseinandersetzte, zieht ein überaus pessimistisches Resümee seiner Arbeit.

ironie Seine anstehende Auswanderung aus Israel in die USA begründet der Autor wie folgt: »Fünfundzwanzig Jahre Schreiben auf Hebräisch, und nichts hat sich geändert. (...) Letzte Woche ist etwas in mir zerbrochen. Als jüdische Jugendliche durch die Stadt zogen und ›Tod den Arabern‹ riefen und Araber angriffen, nur weil sie Araber waren, verstand ich, dass ich meinen kleinen Krieg verloren hatte.« Seit dem Sommer 2014 lebt Kashua mit seiner Frau und den drei Kindern in den USA und lehrt an der University of Illinois.

Schon immer waren Kashuas Glossen ein Dokument der Zerrissenheit, aber auch der gelungenen Verwandlung von Melancholie in Satire: »Ich glaube, ich versuchte vor allem, die Realität mithilfe von Wörtern zu überleben«, schreibt er im Vorwort. Gekonnt spielt Kashua mit seiner Rolle als Quotenaraber – und als Autor einer linksliberalen Zeitung, die mit ihrer Auflage kämpft.

Abonnement »Bitte kündigt euer Abonnement nicht wegen mir«, beschwört er die Leser in einer Kolumne von 2006 zur Zeit des zweiten Libanonkrieges. »Ich war, das schwöre ich, ihr könnt sogar meine Frau fragen, für den Krieg, das heißt, für Israel und im Krieg gegen die Achse des Bösen. Beim Leben Allahs, fragt meine Frau, sie hat gehört, wie ich im Traum ein paarmal ›vernichten, zerschlagen‹ geschrien habe.«

Privates und Politisches, Reales und Erfundenes ist bei Kashua selten zu trennen. Seine Frau, die ständig als satirische Figur herhalten muss, tritt als Beschwerdeführerin bei der Redaktion von »Haaretz« auf. Ihr Mann sei ein chronischer Lügner und Verleumder: »Ich verstehe nicht, warum Familienangelegenheiten, ob wahr oder nicht, in Zeitungen verhandelt werden müssen. Übrigens möchte ich Ihnen bei dieser Gelegenheit mitteilen, dass auch ich mein Abonnement gekündigt habe.«

Doch in Wirklichkeit ist die Kolumnensammlung natürlich Werbung für Autor und Zeitung. Und glücklicherweise schreibt Kashua auch in den USA weiterhin seine wöchentliche Glosse für »Haaretz« – zuletzt über seine Sehnsucht nach Jerusalem ausgerechnet an Jom Kippur.

Sayed Kashua: »Eingeboren. Mein israelisch-palästinensisches Leben«. Übersetzt von Mirjam Pressler. Berlin Verlag, Berlin 2016, 320 S., 22 €

Der israelische Pianist Tomer Lev

Tomer Lev

»Achthändig spielen«

Der Pianist über ein lange verschollenes Werk von Felix Mendelssohn und Ignaz Moscheles – und ein nächstes Konzert in Berlin

von Ayala Goldmann  25.05.2025

Frankfurt

Historiker Dan Diner mit dem Börne-Preis geehrt

Der deutsch-israelische Historiker sei ein mutiger Aufklärer, sagte Preisrichter Daniel Cohn-Bendit, ein »Zeitschriftsteller« ganz im Sinne Börnes

 25.05.2025

Essay

Deutschlands Oberlehrer

Der Strafrechtler Thomas Fischer feuert im »Spiegel« eine rhetorische Breitseite auf Israel ab - und stellt den jüdischen Staat mit der Hamas und Putins Russland auf eine Stufe

von Michael Thaidigsmann  25.05.2025

Aufgegabelt

Hühnchen auf Zwiebeln mit Ptitim

Rezepte und Leckeres

 25.05.2025

Kunst

Das jüdische Sammlerpaar Bernstein brachte »die Franzosen« nach Berlin

Die Ausstellung »Berlin.Cosmopolite« in der Liebermann-Villa am Wannsee zeigt Werke aus der Sammlung von Felicie (1852-1908) und Carl (1842-1894) Bernstein

von Sigrid Hoff  23.05.2025

London

Terroranklage gegen Rapper von »Kneecap«

Weil er bei einem Konzert eine Hisbollah-Flagge gezeigt haben soll, wird ein Rapper der nordirischen Gruppe Kneecap angeklagt. Bei Instagram bezieht die Band nun Stellung

 22.05.2025

Terrorakt in Washington

Jüdischer Journalistenverband kritisiert ARD-Berichterstattung

Die Co-Vorsitzende des Verbands fordert mehr Sorgfalt im Umgang mit Sprache im Zusammenhang mit dem Attentat

 22.05.2025

ESC-Teilnehmer JJ

Im Ton vergriffen

Dem österreichischen Sänger tue es leid, »falls meine Worte missverstanden wurden«

 22.05.2025

ESC

JJ will ESC 2026 ohne Israel

Österreichs Sieger JJ setzt sich für einen Ausschluss Israels am ESC 2026 ein

 22.05.2025