documenta

Politiker wollen alle Werke sichten

Kurz nach Eröffnung der documenta war das antisemitische Banner des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi abgehängt worden. Foto: IMAGO/Hartenfelser

Nach neuen Antisemitismus-Fällen bei der documenta fifteen fordern Politiker die Begutachtung aller bei der Weltkunstschau in Kassel ausgestellten Werke. Vertreter jüdischer Einrichtungen reagierten empört auf die neuen Funde.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Der Leiter der Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, ist nach eigenen Worten »fassungslos«. »Während unser pädagogisches Team am Infostand auf dem Friedrichsplatz über antisemitische Bildsprache aufklärt, werden erneut übelste antisemitische Karikaturen bekannt, auf die die künstlerische Leitung der documenta und Frau Schormann aber offenbar schon vor Wochen von einer Besucherin hingewiesen worden waren«, sagte Mendel der Deutschen Presse-Agentur.

gutachten »Es stimmt mich ehrlich fassungslos, dass ich als damaliger Berater der documenta nicht darüber informiert und stattdessen auf Basis eines juristischen Gutachtens entschieden wurde, die problematischen Werke mit eindeutig antisemitischer Bildsprache in der Ausstellung zu belassen«, so Mendel.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Nach Angaben der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Hessen (RIAS Hessen) hat ein Besucher der Ausstellung entsprechende Darstellungen im Museum Fridericianum bemerkt und RIAS Hessen gemeldet. Die Recherche- und Informationsstelle verifizierte die Meldung. Zunächst hatte die »Jüdische Allgemeine« berichtet.

Es handelt sich um Darstellungen in einer Broschüre, die 1988 in Algier erschienen ist. Die darin enthaltenen Zeichnungen des syrischen Künstlers Burhan Karkoutly zeigten teils massiv antisemitische Beleidigungen und das Land Palästina, versehen mit Einordnungen, die dem Staat Israel seine Legitimität absprächen.

»Trotz vielfacher Warnungen und Hinweise wurde nicht verhindert, dass antisemitische Werke bei der documenta veröffentlicht wurden«, sagte FDP-Außenpolitiker Frank Müller-Rosentritt. Er forderte den Stopp der Bundesmittel, solange keine umfassende Prüfung auf antisemitische Inhalte stattgefunden hat. Eine solche lehnt die documenta ab.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Der Umgang der documenta mit diesem zweiten Fall stellt Mendel nicht zufrieden: »Dass die Künstlerische Leitung nun das Werk lediglich kontextualisieren will, statt den Rat des neuen Expertengremiums abzuwarten, das morgen seine Arbeit antritt, zeugt nicht davon, dass Ruangrupa Expertenmeinungen zu Antisemitismus wirklich ernst nimmt und respektiert.« Er appellierte an die künstlerische Leitung, die Bilder aus der Ausstellung zu nehmen und mit dem neuen Expertengremium zu besprechen.

vorwürfe Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, erhob ebenfalls schwere Vorwürfe gegen die neue documenta-Leitung. »Entweder ist bei der documenta niemand in der Lage, Antisemitismus zu erkennen, oder es ist niemand bereit, ihn zu verhindern«, sagte Schuster dieser Zeitung. Der Zentralratspräsident kritisierte demnach, dass der neue documenta-Chef sich sträube, eine fachwissenschaftliche Begleitung einzusetzen.

Helge Lindh, kulturpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, erinnert die Darstellung »unweigerlich an typische NS-Karikaturen«. Lindh sagte der »Welt«, er fordere »eine umfassende Sichtung und Begutachtung des Gesamtbestands an Kunstwerken auf antisemitische Motivik durch externe deutsche und internationale Experten«.

Der Antisemitismus werde von der documenta-Leitung »nicht ernst genommen, vielleicht sogar toleriert«, kritisierte die in der Grünen-Bundestagsfraktion für Antisemitismusbekämpfung zuständige Marlene Schönberger in der Zeitung. Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Dorothee Bär, sagte: »Menschenverachtenden Antisemitismus unter dem Etikett der Kunstfreiheit verstecken zu wollen, ist nicht hinnehmbar.«

Die documenta wies die Vorwürfe nach Bekanntwerden zurück. Das historische Archivmaterial sei vor rund drei Wochen vorübergehend aus der Ausstellung genommen worden, um es eingehender zu betrachten. »Nach der Untersuchung gibt es zwar eine klare Bezugnahme auf den israelisch-palästinensischen Konflikt, aber keine Bebilderung von Juden ›als solchen‹«, hieß es in einer Stellungnahme. Das Werk sei als strafrechtlich nicht relevant eingestuft worden. dpa

Kino

Düstere Dinosaurier, frisches Starfutter

Neuer »Jurassic World«-Film mit Scarlett Johansson läuft in Deutschland an

von Ronny Thorau  01.07.2025

Berlin

Ausstellung »Die Nazis waren ja nicht einfach weg« startet

Die Aufarbeitung der NS-Zeit hat in den vergangenen Jahrzehnten viele Wendungen genommen. Eine neue Ausstellung in Berlin schaut mit dem Blick junger Menschen darauf zurück

von Lukas Philippi  01.07.2025

München

Fritz-Neuland-Gedächtnispreis gegen Antisemitismus erstmals verliehen

Als Anwalt stand Fritz Neuland in der NS-Zeit anderen Juden bei. In München wird ein nach ihm benannter Preis erstmals verliehen: an Polizisten und Juristen, die sich gegen Antisemitismus einsetzen

von Barbara Just  30.06.2025

Forschung

Digitales Archiv zu jüdischen Autoren in der NS-Zeit

Das Portal umfasst den Angaben zufolge derzeit rund eine Million gespeicherte Informationen

 30.06.2025

Medien

»Ostküsten-Geldadel«: Kontroverse um Holger Friedrich

Der Verleger der »Berliner Zeitung« irritiert mit seiner Wortwahl in Bezug auf den jüdischen Weltbühne-Gründer-Enkel Nicholas Jacobsohn. Kritiker sehen darin einen antisemitischen Code

von Ralf Balke  30.06.2025

Berlin

Mehr Bundesmittel für Jüdisches Museum

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer betonte, sichtbares jüdisches Leben gehöre zur Mitte der Gesellschaft

 30.06.2025

Großbritannien

Nach Anti-Israel-Eklat bei Glastonbury: BBC gibt Fehler zu

Ein Musiker wünscht während einer BBC-Übertragung dem israelischen Militär von der Festival-Bühne aus den Tod. Die Sendung läuft weiter. Erst auf wachsenden Druck hin entschuldigt sich die BBC

 30.06.2025

Glastonbury-Festival

Anti-Israel-Parolen: Britischer Premier fordert Erklärung

Ein Musiker beim Glastonbury-Festival in England fordert die Menge dazu auf, Israels Militär den Tod zu wünschen. Der Vorfall zieht weite Kreise

 30.06.2025

Essay

Die nützlichen Idioten der Hamas

Maxim Biller und der Eklat um seinen gelöschten Text bei der »ZEIT«: Ein Gast-Kommentar von »WELT«-Herausgeber Ulf Poschardt

von Ulf Poschardt  29.06.2025