Fernsehen

Juden und Weihnachten

Weihnachten – der für Juden oft einsamste Tag im Jahr Foto: PR

Warum eigentlich stammen viele der populärsten Weihnachtslieder ausgerechnet von jüdischen Komponisten? Zum Beispiel »Rudolph, the Red-Nosed Reindeer«, »White Christmas« oder »Let it Snow«? Und was wäre Weihnachten in den USA und Deutschland ohne die – ab einem bestimmten Punkt zugegebenermaßen kolossal nervenden – Klassiker aus der Feder von Irving Berlin, Sammy Cahn und José Feliciano?

Diese beiden Fragen waren der Ausgangspunkt für die Dokumentation des kanadischen Regisseurs Larry Weinstein (nicht verwandt oder verschwägert mit Harvey Weinstein, aber das ist ein anderes Thema ...). Jüdische Songwriter und Weihnachten erzählt von Einwanderern aus dem Schtetl und deren Kindern, denen es gelungen ist, das Gefühl der Vorfreude auf ein friedliches Fest in Worte zu fassen.

Soundtrack Weinstein legt den Schwerpunkt auf ebendiesen Umstand: Diese neue Generation ließ das europäische Erbe ihrer Eltern hinter sich und tauchte in die neue Welt vom Broadway bis Hollywood ein. Sie schrieben den Soundtrack für den kollektiven amerikanischen Traum und machten auch vor dem Fest der Christen nicht halt. Was bemerkenswert ist: Obwohl es um ein christliches Fest geht, verzichteten die Songwriter stets auf Bezüge zur christlichen Weihnachtsgeschichte.

Die soziologische Begründung für die vielen jüdischen Weihnachtslieder dürfte in etwa wie folgt lauten: Viele Juden in den USA wollten einfach Teil des amerikanischen Lebens sein, sie wollten sich in die Gesellschaft integrieren und ihr Anderssein kompensieren. Weinstein zeigt sich in seinem Film mit Blick auf diese Erklärung skeptisch. Vielleicht hat die kanadische Sängerin Sophie Milman eher recht, die einmal bekannte: »Ich bin 100 Prozent koscher aufgewachsen. Aber wir haben schon in Russland immer Weihnachten gefeiert. Es ist einfach ein wunderschönes Fest.«

So oder so: Weinstein ist mit seiner Doku eine erhellende und kurzweilige Kombination aus seltenem Archivmaterial und Interviews mit Kennern der US-Popkultur gelungen. Jüdische Songwriter und Weihnachten ist ein Muss – nicht nur, aber gerade auch an Weihnachten, dem für Juden oft einsamsten Tag im Jahr.

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  02.12.2025 Aktualisiert

TV-Kritik

Allzu glatt

»Denken ist gefährlich«, so heißt eine neue Doku über Hannah Arendt auf Deutsch. Aber Fernsehen, könnte man ergänzen, macht es bequem - zu bequem. Der Film erklärt mehr als dass er zu begeistern vermag

von Ulrich Kriest  02.12.2025

Streaming

Gepflegter Eskapismus

In der Serie »Call my Agent Berlin« nimmt sich die Filmbranche selbst auf die Schippe – mit prominenter Besetzung

von Katrin Richter  02.12.2025

Jean Radvanyi

»Anna Seghers war für mich ›Tschibi‹«

Ein Gespräch mit dem Historiker über die Liebesbriefe seiner Großeltern, Kosenamen und hochaktuelle Texte

von Katrin Richter  02.12.2025

TV-Kritik

Politisierende Ermittlungen

In »Schattenmord: Unter Feinden« muss eine arabisch-stämmige Polizistin den Mord an einem jüdischen Juristen aufklären

von Marco Krefting  02.12.2025

Kommentar

Schiedsgerichte sind nur ein erster Schritt

Am 1. Dezember startet die Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubkunst. Doch es braucht eine gesetzliche Regelung auch für Werke in Privatbesitz, meint unser Gastautor

von Rüdiger Mahlo  01.12.2025

Rache

»Trigger-Thema« für Juden

Ein Filmseminar der Jüdischen Akademie untersuchte das Thema Vergeltung als kulturelle Inszenierung

von Raquel Erdtmann  01.12.2025

Wuppertal

Schmidt-Rottluff-Gemälde bleibt in Von der Heydt-Museum

»Zwei Frauen (Frauen im Grünen)« von Karl Schmidt-Rottluff kann im Von der Heydt Museum in Wuppertal bleiben. Nach Rückgabe an die Erbin erwarb die Stadt das Bild von ihr. Vorausgegangen waren intensive Recherchen zur Herkunft

 01.12.2025

Dorset

»Shakespeare In Love« - Dramatiker Tom Stoppard gestorben

Der jüdische Oscar-Preisträger war ein Meister der intellektuellen Komödie. Er wurde 88 Jahre alt

von Patricia Bartos  01.12.2025