Ausstellungen

Hitlers Pferde und Lenins Kopf

Eines der Thorak-Pferde wird in der Zitadelle Spandau in einen Ausstellungsraum gebracht. Foto: picture alliance/dpa

Eine wilde und zugleich skurrile Sammlung: Die Spandauer Zitadelle ganz im Westen Berlins präsentiert ab Mittwoch auch zwei bronzene Pferde-Statuen des NS-Bildhauers Josef Thorak (1889-1952). Sie stehen in einer Ausstellung, die etwa den »Zehnkämpfer« des in der NS-Zeit prominenten Bildhauers Arno Breker (1900-1991) zeigt.

Zu sehen ist dort auch der von einem Denkmal abgeschlagene, überdimensionierte Kopf Wladimir Iljitsch Lenins (1870-1924). Fast hundert politische Denkmäler, die einmal politisch nicht mehr gewollt waren und deshalb entsorgt wurden, sind hier versammelt.

Die sogenannten »Thorak-Pferde« haben laut Museumsleiterin Urte Evert eine bewegte Geschichte hinter sich. Zunächst standen sie ab 1939 an der Gartenseite der Neuen Reichskanzlei Adolf Hitlers. 1943 wurden sie ins brandenburgische Wriezen ausgelagert, um sie vor Kriegszerstörung zu schützen. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges tauchten die Pferde auf einem Militärgelände der Sowjetarmee bei Eberswalde wieder auf. Seit 1989 galten sie als verschollen. 2015 wurden die Statuen bei einem Geschäftsmann in Bad Dürkheim entdeckt. Nach einem Rechtsstreit gingen sie 2021 über in den Besitz der Bundesrepublik.

Für ihre Rückkehr hat sich unter anderem die ehemalige Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) eingesetzt, die am Mittwochabend bei der offiziellen Erweiterung der Ausstellung »Enthüllt. Berlin und seine Denkmäler dabei sein wird. Bereits seit Oktober konnten Besucher der Ausstellung die Restaurierung eines der «Schreitenden Pferde in einer Schauwerkstatt beobachten. Das zweite Pferd wird künftig in einem Schaudepot auf der Zitadelle »neben weiteren streitbaren Objekten der Erinnerungskultur gezeigt«.

Die Statuen sind etwa 310 Zentimeter hoch wie lang sowie 150 Zentimeter breit: »Realistisch angehaucht, übergroß, sehr vordergründige Kunst«, sagt Museumsleiterin Evert. Keine Embleme, kein Hakenkreuz, sonst hätten die Sowjets sie vermutlich nicht wieder aufgestellt.

Wird die Zitadelle jetzt zum Wallfahrtsort für »Hitler-Mystiker«, wie eine Zeitung bereits titelte? »Ganz sicher nicht, das ist totaler Quatsch«, sagt der Historiker Stephan Lehnstaedt. Der Professor für Holocaust-Studien am Berliner Touro-College nennt die »Enthüllt«-Ausstellung ein internationales Vorzeigeprojekt, das den Umgang mit Denkmälern und politischer Kunst zeige. »Sie erklärt, warum das Wallfahrtsobjekte waren - und nimmt ihnen damit das Mystische. Das ist Aufklärung und politische Bildung im allerbesten Sinne«, sagte Lehnstaedt dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Seit 2016 ist die Dauerausstellung zu sehen, laut Evert ein weltweit bislang einzigartiges Museumsprojekt. Zwar gibt es in anderen Staaten diverse Open-Air-Ausstellung mit abgebauten Denkmälern, aber »meist schlecht kuratiert« und nicht im Museum, in dem die Ausstellungsstücke auch in ihren Zusammenhang gestellt werden, sagte die Militärhistorikerin. Dazu finden sich in der Berliner Ausstellung zahlreiche Medienstationen. Auch über Thorak und seine Pferde wird aufgeklärt.

Die Denkmäler in der Zitadelle stammen von 1849 bis 1986. Zu den bedeutenden Ausstellungsstücken gehört das bis 1901 errichtete Denkmalensemble der »Siegesallee« im östlichen Tiergarten. Zu sehen sind brandenburgisch-preußische Herrscher der vergangenen Jahrhunderte. Die Alliierten forderten nach dem Zweiten Weltkrieg deren Abbau.

In vielen Statuen spiegelt sich politische Macht, Identifikation, Erinnern, aber auch Vergänglichkeit wider. So etwa, beim Betrachten von Lenins Granitkopf. Er stammt vom 1970 in Ostberlin errichteten monumentalen Denkmal am heutigen Platz der Vereinten Nationen in Berlin-Friedrichshain. 1991 erfolgte sein Abriss. Die Trümmer wurden in den Müggelbergen entsorgt und erst mehr als 20 Jahre später wieder ausgegraben.

Washington D.C.

Trump sorgt mit Angriffen auf ermordeten Rob Reiner für Empörung

Der jüdische Regisseur sei an einem »Trump-Verblendungssyndrom« gestorben, schreibt der Präsident. Dafür erntet er seltene Kritik aus den eigenen Reihen

 16.12.2025

Nachruf

Filmproduzent mit Werten

Respektvoll, geduldig, präzise: eine Würdigung des sechsfachen Oscar-Preisträgers Arthur Cohn

von Pierre Rothschild  15.12.2025

Meinung

Xavier Naidoos antisemitische Aussagen? Haken dran!

Der Mannheimer Sänger füllt wieder Konzertsäle. Seine Verschwörungserzählungen über Juden und holocaustrelativierenden Thesen scheinen kaum noch jemanden zu stören

von Ralf Fischer  15.12.2025

Los Angeles

Bestürzung über Tod von Rob Reiner und Ehefrau Michele

Der jüdische Regisseur und seine Frau wurden tot in ihrem Haus aufgefunden. Die Polizei behandelt den Fall als mögliches Tötungsdelikt

 15.12.2025

Justiz

Gericht: Melanie Müller zeigte mehrmals den Hitlergruß

Melanie Müller steht erneut vor Gericht: Die Schlagersängerin wehrt sich gegen das Urteil wegen Zeigens des Hitlergrußes und Drogenbesitzes. Was im Berufungsverfahren zur Debatte steht

von André Jahnke  14.12.2025

Feiertage

Weihnachten mit von Juden geschriebenen Liedern

Auch Juden tragen zu christlichen Feiertagstraditionen bei: Sie schreiben und singen Weihnachtslieder

von Imanuel Marcus  14.12.2025

Nachruf

Trauer um Hollywood-Legende Arthur Cohn

Arthur Cohn war immer auf der Suche nach künstlerischer Perfektion. Der Schweizer Filmproduzent gehörte zu den erfolgreichsten der Welt, wie seine Oscar-Ausbeute zeigt

von Christiane Oelrich  12.12.2025

Computerspiel

Lenny Kravitz wird James-Bond-Bösewicht

Als fieser Schurke will der Musiker im kommenden Jahr dem Agenten 007 das Leben schwer machen – allerdings nicht auf der Kinoleinwand

 12.12.2025

Berlin

Jüdisches Museum bekommt zusätzliche Förderung

Das Jüdische Museum in Berlin gehört zu den Publikumsmagneten. Im kommenden Jahr feiert es sein 25. Jubiläum und bekommt dafür zusätzliche Mittel vom Bund

 12.12.2025