Berlin

Geplantes Exilmuseum soll am Anhalter Bahnhof entstehen

Das geplante Exilmuseum am Anhalter Bahnhof soll ein Ort werden, der den Inhalt des Wortes Exil begreifbar macht – und so ein Zeichen gegen Totalitarismus setzt. Foto: dpa

Berlin

Geplantes Exilmuseum soll am Anhalter Bahnhof entstehen

Mit dem Bau soll eine große Leerstelle in der Museumslandschaft geschlossen werden

 08.07.2018 09:27 Uhr

Das geplante Exilmuseum Berlin soll nach Wunsch der Initiatoren am Anhalter Bahnhof gebaut werden. Ursprünglich sollte das Museum in eine Stadtvilla in Berlin-Charlottenburg einziehen, dem heutigen Sitz des Käthe-Kollwitz-Museums. Inzwischen präferiere die in Gründung befindliche Stiftung Exilmuseum Berlin einen Neubau auf einer Freifläche hinter der Portalruine des Anhalter Bahnhofs, berichtet die Berliner Morgenpost.

Von Anhalter Bahnhof aus seien während der NS-Zeit Zehntausende ins Exil gegangen und ins Ungewisse aufgebrochen, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Stiftung, Kunsthändler Bernd Schulz. Zudem sei klar geworden, dass die ursprünglich geplanten Räume nicht ausreichen würden. Das Museum solle ein Ort sein, der den Inhalt des Wortes Exil begreifbar mache und so ein Zeichen gegen Totalitarismus und Inhumanität setze. Die Idee eines Exilmuseums geht auf Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller zurück.

Flucht Ein weiterer Vorteil des Standorts Anhalter Bahnhof ist laut Schulz die Nähe zu anderen Museen und Institutionen, zu denen eine thematische Verbindung bestehe. Dazu gehörten das Dokumentationszentrum der Bundesstiftung »Flucht, Vertreibung, Versöhnung«, die Topographie des Terrors, die davon erzähle, wovor die Emigranten flüchten mussten, und der Martin-Gropius-Bau als erfolgreiches Ausstellungshaus.

Herta Müller hatte ihre Initiative 2011 damit begründet, dass viele Bereiche der NS-Zeit aufgearbeitet seien, aber das Exil ab 1933, die Vertreibung von Hunderttausenden Deutschen ins Ausland, eine Leerstelle in der Museumslandschaft sei. Für solche Biografien müsse es ein Museum geben, erklärte die Schriftstellerin damals in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Die Vertreibung von Hunderttausenden Deutschen ins Ausland, sei in der Museumslandschaft »wie eine stillgestellte Zeit, die wir bis heute nicht an uns heranlassen«, so die Schriftstellerin. Deutschland stehe nicht gut da. Diese Lücke sei die Verlängerung des Verschweigens.

Schicksale Es gebe zwar eine Reihe von Exilforschungen wie beispielsweise das Deutsche Exilarchiv in Frankfurt am Main, führte Müller damals aus. Es gebe aber keinen großen Ort, an dem Flucht und das Exil dargestellt werden als Teil der deutschen Geschichte.

Dabei gehe es nicht nur um prominente Namen wie Thomas Mann, sondern auch um die Millionen kleiner Leute, die ihre Berufe hatten, ihre Wohnung. Die plötzlich ihr Leben retten und alles stehen und liegen lassen mussten. »Für solche Biografien muss es ein Museum geben«, so Müller.

Das 2011 vom damaligen Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) ins Leben gerufene virtuelle Museum »Künste im Exil« im Internet ersetzt nach Überzeugung von Herta Müller nicht einen Ort, »an den wir gehen können und wo Gegenstände und Dokumente gezeigt werden«.

»entartet« Man könne das Problem auch nicht der jüdischen Gemeinschaft überlassen, betont Herta Müller. Es seien nicht nur Juden aus Deutschland geflohen. Auch demokratische Politiker oder moderne Künstler, die als »entartet« galten, konnten in Nazi-Deutschland nicht mehr leben.

Beispielsweise seien der Maler Max Beckmann oder der Politiker Willy Brandt nicht jüdisch gewesen. »Das, was man den Menschen damals angetan hat, die fliehen mussten, haben wir noch nicht angepackt in unserer Erinnerungskultur«, so Müller. ja/epd

TV-Tipp

Sie ging über Leichen: Doku »Riefenstahl« zeigt eine überzeugte Nationalsozialistin

Das Erste zeigt Andres Veiels vielschichtigen Dokumentarfilm über Leben und Wirken von Hitlers Lieblingsregisseurin Leni Riefenstahl. Der Film geht auch der Frage nach, wie ihre Filme bis in die Gegenwart ausstrahlen

von Jens Hinrichsen  17.11.2025

TV-Tipp

»Unser jüdischer James Bond«

Die Arte-Doku »Der Jahrhundert-Spion« erzählt die schillernde Lebensgeschichte des Ex-CIA-Agenten Peter Sichel, der seinerzeit den Ausbruch des Kalten Kriegs beschleunigte

von Manfred Riepe  17.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  17.11.2025

Miss-Universe-Show

Miss Israel erhält Todesdrohungen nach angeblichem Seitenblick

Auch prominente Israelis sind immer öfter mit Judenhass konfrontiert. Diesmal trifft es Melanie Shiraz in Thailand

 17.11.2025

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal: Arte-Doku beleuchtet 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth neu

Das einstige Entsetzen über »pornografisch-blasphemische« Gedanken in »Portnoys Beschwerden« ist modernen Befindlichkeiten gewichen. Ein neuer Dokumentarfilm schaut nun genauer hin

von Friederike Ostermeyer  17.11.2025

Jubiläum

Weltliteratur aus dem Exil: Vor 125 Jahren wurde Anna Seghers geboren

Ihre Romane über den Nationalsozialismus machten Anna Seghers weltberühmt. In ihrer westdeutschen Heimat galt die Schriftstellerin aus Mainz jedoch lange Zeit fast als Unperson, denn nach 1945 hatte sie sich bewusst für den Osten entschieden

von Karsten Packeiser  17.11.2025

Aufgegabelt

Noahs Eintopf

Rezepte und Leckeres

 16.11.2025

Kunst

Illustrationen und Israel-Hass

Wie sich Rama Duwaji, die zukünftige »First Lady von New York«, auf Social Media positioniert

von Jana Talke  13.11.2025

Kino

Zwischen »Oceans Eleven« und Houdini-Inszenierung

»Die Unfassbaren 3« von Ruben Fleischer ist eine rasante wie präzise choreografierte filmische Zaubershow

von Chris Schinke  13.11.2025