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»Geheimsache Ghettofilm«

Mutter mit Kind im Warschauer Ghetto Foto: arte

Eine Straße voller Menschen. Manche sind gut angezogen, Damen mit pelzgefütterten modischen Mänteln und hochhackigen Schuhen, Herren in Anzügen. Andere sind offenkundig bettelarm, ihre schmalen Gesichter künden von Hunger und Sorgen, Einzelne liegen erschöpft auf der Straße. Misstrauisch – so meint man heute – oder vielleicht auch zutiefst verwundert blicken einige direkt in die Kamera. Es sind zunächst faszinierende Bilder. Erst allmählich beginnt man, den Schrecken in ihnen zu erkennen und sie als doppeltes Zeugnis zu verstehen.

inszenierung Die Dokumentation Geheimsache Ghettofilm der Israelin Yael Hersonski, die arte nächste Woche ausstrahlt, erzählt die Geschichte eines Films, der nie fertig wurde. Es sind überaus seltene, kostbare und zugleich ideologisch kontaminierte Aufnahmen aus dem Warschauer Ghetto, gedreht im Mai 1942 im Auftrag der Nazis. Hersonski hat sie verarbeitet und dafür viele Quellen gesichtet, darunter das Tagebuch von Adam Czerniaków, dem Vorsitzenden des »Judenrats«, und Verhörprotokolle eines der Kameramänner. Es wird klar: Dies ist Propagandamaterial, Ergebnis einer totalen Inszenierung. Warum aber wurde die Produktion gestoppt? Nach Beginn der »Liquidierung« des Ghettos fehlte das Interesse am schönen Schein der Humanität. Vielleicht stoppte man den Film aber auch, weil die Bilder anderes erzählen, als sie sollten, weil die, die man hier sieht, Menschen sind, keine »Untermenschen«. Die gefühlige Musik hätte man sich daher sparen können, genauso wie kurze nachgestellte Szenen. Ansonsten ist Hersonski ein hervorragender, origineller Film geglückt.

Was ist aus den Menschen geworden, die man im Film sieht? Die meisten wurden in den Vernichtungslagern ermordet. Viele starben wohl auch beim heroischen Ghettoaufstand, der ziemlich genau ein Jahr später ausbrach. Der eine oder andere immerhin hat überlebt, und konnte uns Nachgeborenen einen Eindruck geben, von all dem, das die Bilder nicht zeigen können.

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