Kino

Ein Nudnik namens Norman

Joseph Cedars Komödie Hearat Shulayim wurde 2011 bei den Filmfestspielen in Cannes ausgezeichnet, erhielt in Israel zehn Ophir Awards und war 2012 für den besten ausländischen Film bei den Oscars nominiert. Jetzt hat der israelische Regisseur seinen ersten englischsprachigen Film gedreht. An der Seite von Richard Gere spielen Lior Ashkenazi, Charlotte Gainsbourg und Steve Buscemi – und so viel sei schon einmal verraten: Man darf gespannt sein!

Der englische Originaltitel Norman. The Moderate Rise and Tragic Fall of a New York Fixer verrät ungleich mehr als der deutsche Titel, der auf Norman geschrumpft wurde. Richard Gere verkörpert diesen Norman Oppenheimer, einen New Yorker Geschäftsmann, dessen Arbeitszimmer Manhattan ist und das er, die Kopfhörer seines Telefons immer in den Ohren, unentwegt durchschreitet.

Netzwerk Oppenheimers Geschäft sind Kontakte – und Gefallen. Die klassische Aktstruktur lässt uns Zuschauer von Anfang an ahnen, dass er sich in genau diesem selbstgeschaffenen Netzwerk verheddern und einer dieser Gefallen ihn zu Fall bringen wird. Die »Oppenheimer Strategies«, die seine Visitenkarte versprechen, enden tragisch.

Doch der Reihe nach: Normans Bemühungen, Geschäfte einzufädeln, bei den Großen mitzuspielen, wichtig zu sein, sind geradezu unangenehm zu beobachten. Zu aufdringlich stellt er den großen Playern nach, zu ungerührt bedrängt er seinen Neffen Philip (Michael Sheen), zu schamlos geht er mit der Wahrheit um. Doch als er mit dem stellvertretenden israelischen Minister Micha Eshel (Lior Ashkenazi) in New York zufällig ins Gespräch kommt und ihm ein Paar teure Schuhe kauft, wissen wir – und er –, dass er einen Coup gelandet hat.

Drei Jahre später ist Eshel israelischer Premierminister und erinnert sich bei einem Besuch in den USA noch gut an seinen Freund Norman. Es ist Normans Stolz auf diese gelungene Investition in seinen Freund Eshel, die ihn einer zufälligen Bekanntschaft im Zug von seinem Business erzählen lässt – eine verhängnisvolle Entscheidung.

Spielfreude Norman ist einer der Filme, bei dem das Publikum weiß, was passieren wird und doch sehen will, wie es geschieht. Joseph Cedars Spaß an der Inszenierung der Figur Norman steht Richard Geres Spielfreude nicht nach. Geres Gesicht begleitet uns immer wieder in Großaufnahme durch den Film. Wenn er am Telefon die Leute überredet, bekniet oder einwickelt, wirkt es durch die verwendeten Splitscreens, als stünde er seinem Gesprächspartner gegenüber.

Doch so nahe wir Norman kommen, so wenig lernen wir ihn in den 128 Filmminuten wirklich kennen. Die Normans dieser Welt mögen uns schon begegnet sein, doch dieser bleibt uns ein Rätsel. Er isst und trinkt nicht, wir sehen ihn nicht schlafen, wissen nicht, ob er ein Zuhause hat, in das er abends zurückkehrt. Gibt es Frau und Tochter, von denen er spricht, wirklich? Irgendwann, während wir Gere zusehen, wie er Norman eine dieser Rätselhaftigkeit zuwiderlaufende Körperlichkeit verleiht, keimt der Verdacht, seine Deals zielten vielleicht gar nicht auf monetären Gewinn.

korruption Spätestens als die geschenkten Schuhe sich für Eshel zur Korruptionsaffäre auswachsen, liegt der Verweis auf den israelischen Ex-Ministerpräsidenten Ehud Olmert auf der Hand. Doch Cedar geht kunstvoll und behutsam mit seinen Anspielungen um, er kommentiert die israelische Politik, stellt diese Parallele dann aber wieder bewusst in den Hintergrund.

Er inszeniert seinen Norman mit großem Fingerspitzengefühl, das es den Zuschauern weder erlaubt, ihn ganz zu verstehen noch ihm gänzlich ihre Sympathie zu entziehen. Und spätestens beim Verlassen des Kinos erinnern wir uns, dass Norman nicht der erste Oppenheimer ist, dem Geschäftssinn und Nähe zu Herrschenden zum Verhängnis wurde.

Hochstapler

»Tinder Swindler« in Georgien verhaftet

Der aus der Netflix-Doku bekannte Shimon Hayut wurde auf Antrag von Interpol am Flughafen festgenommen

 16.09.2025

Eurovision Song Contest

Streit um Israel: ESC könnte wichtigen Geldgeber verlieren

RTVE ist einer der fünf größten Geldgeber des Eurovision Song Contest. Umso schwerer wiegt der Beschluss, den der spanische Sender verkündet

 16.09.2025

Literatur

Bestseller aus Frankreich: »Der Barmann des Ritz«

Philippe Collin hat ein packendes Porträt über einen jüdischen Barkeeper im Zweiten Weltkrieg geschrieben

von Sibylle Peine  16.09.2025

Belgien

Gent bleibt hart: Lahav Shani bei Festival weiter unerwünscht

Nach massiver Kritik befasste sich der Verwaltungsrat des Musikfestivals am Montagabend erneut mit der Ausladung der Münchner Philharmoniker. Es blieb bei der Ausladung

von Michael Thaidigsmann  16.09.2025

Bundesamt für Statistik

Dieser hebräische Vorname ist am beliebtesten bei Schweizer Eltern

Auch in der Schweiz wählen Eltern weiterhin häufig biblische Namen für ihr Neugeborenes

von Nicole Dreyfus  16.09.2025 Aktualisiert

Nach Absage in Belgien

Lahav Shani in Berlin: Ein außergewöhnliches Konzert

Der Israeli hielt die Spannung mit den Händen – der Dirigent und die Münchner Philharmoniker wurden mit Standing Ovations gefeiert

von Maria Ossowksi  16.09.2025

Berlin

Kulturausschuss lädt Dirigenten Lahav Shani zu Gespräch ein

Die Konzert-Absage an den israelischen Dirigenten sorgt für Kritik - und für Gesten der Solidarität. Nach einem Konzert in Berlin macht auch der Kulturpolitiker Sven Lehmann eine Ansage

 16.09.2025

Nach Absage in Belgien

Dirigent Shani in Berlin gefeiert

Nach der Ausladung von einem Festival werden die Münchner Philharmoniker und ihr künftiger Chefdirigent Lahav Shani in Berlin gefeiert. Bundespräsident Steinmeier hat für den Fall klare Worte

von Julia Kilian  15.09.2025

Essen

Festival jüdischer Musik mit Igor Levit und Lahav Shani

Der Festivalname »TIKWAH« (hebräisch für »Hoffnung«) solle »ein wichtiges Signal in schwierigen Zeiten« setzen, hieß es

 15.09.2025