Redezeit

»Deutsch ist cool geworden«

Klaus Krischok Foto: Goethe-Institut Tel Aviv

Redezeit

»Deutsch ist cool geworden«

Klaus Krischok über Sprachunterricht, den »Berlin-Faktor« und den Dialog mit Israel

von Katrin Richter  09.01.2012 12:23 Uhr

Im Goethe Institut Tel Aviv findet derzeit ein Symposium zur deutschen Sprache statt. Welche Bedeutung hat Deutsch in Israel?
Deutsch wird in Israel zu unserer Freude zunehmend gelernt - allerdings auf einem recht niedrigen Niveau. Damit meine ich, dass die Zahl der Lehrer recht gering ist. An Sekundarschulen ist Deutsch kein Teil des Curriculums, sondern wird vereinzelt fakultativ angeboten. Das mögen öffentliche oder private Einrichtungen sein. Aber immer mal wieder gibt es neue Initiativen, Deutsch in den Schulen am Leben zu erhalten oder es einzubringen. Was uns am Goethe-Institut am meisten freut, ist, dass seit Jahren doch beträchtliche Zuwachsraten verzeichnen.

Woher kommt diese Begeisterung für die Sprache?
Die Motivationslage ist sehr gemischt. Ich glaube, man kann es als etwas Trendiges bezeichnen. Deutsch ist cool geworden. Besonders bei einer gewissen Klientel, nämlich den jungen Kreativen. Viele Menschen Mitte 20 wollen sich für ihre Karriere weiterbilden. Der »Berlin-Faktor« spielt ganz erheblich mit. Die Stadt ist wie ein Magnet. Gleichzeitig gibt es auch ein großes Interesse an Kunst, Kultur und am Geschehen in Deutschland.

Gilt das auch für den durchschnittlichen Israeli?
Wenn man die acht Millionen Einwohner in Israel als Gesamtbevölkerung nimmt, dann spielt Deutsch natürlich noch eine dritte oder vierte Geige im Fremdsprachengemenge. Nach Hebräisch, Englisch, Russisch, Arabisch kommt irgendwann einmal Französisch als Bildungssprache. Aber trotzdem ist Deutsch akzeptiert. So dass vielleicht auch der durchschnittliche Israeli auch zunehmend Zugang zur deutschen Sprache findet. Wir haben auch Leute bei uns, deren Familie mal deutsch gesprochen hat und die sagen: Jetzt interessieren wir uns wieder für die Wurzeln und gehen damit aktiv um. Die Hauptmotivation der Lernenden, die zu uns kommen, ist aber größtenteils
beruflich.

Gibt es denn trotzdem noch Vorbehalte gegen die Sprache?
Ja, sicher. Es kommt sehr darauf an, wen und wo man fragt. Von einigen Teilen der Bevölkerung wird Deutsch als Sprache der Täter angesehen. Das wissen wir, das thematisieren wir und damit müssen wir umgehen.

Wie ist denn das Bild vom heutigen Deutschland in Israel?
Ich bin mit Tendenzen immer etwas vorsichtig. Aber ich stelle zwei Dinge fest. Die Partner, mit denen wir zusammenarbeiten, sind sehr gut informiert und interessiert, was in Deutschland sowohl im kulturellen als auch im politischen Bereich passiert. Unsere israelischen Partner scheinen von der Bundesrepublik auch Antworten zu suchen – seien sie ästhetischer oder sozialer Art. Man schaut nach Europa und auf Deutschland. Wie lange der Berlintrend anhält, ist schwer zu sagen.

Wovon hängt das Ihrer Vermutung nach ab?
Israel selber, das wissen die Menschen, die zu uns kommen, hat derzeit Probleme. Das Land sucht nach Antworten zu Themen wie Migration, Multikulturalität, bürgerliche Freiheit oder zur Zivilgesellschaft. Und es blickt zunehmend nach Deutschland, denn man sieht, dass Deutschland damit positiv umgeht. Und das ist kein Trend, sondern das könnte ein dauerhafter Dialog sein.

Mit dem Direktor des Goethe-Instituts Tel Aviv sprach Katrin Richter.

Genf

Entscheidung gefällt: Israel bleibt im Eurovision Song Contest

Eine Mehrheit der 56 Mitgliedsländer in der European Broadcasting Union stellte sich am Donnerstag gegen den Ausschluss Israels. Nun wollen Länder wie Irland, Spanien und die Niederlande den Musikwettbewerb boykottieren

von Michael Thaidigsmann  04.12.2025

Medien

»Die Kritik trifft mich, entbehrt aber jeder Grundlage«

Sophie von der Tann wird heute mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis geehrt. Bislang schwieg sie zur scharfen Kritik an ihrer Arbeit. Doch jetzt antwortete die ARD-Journalistin ihren Kritikern

 04.12.2025

Antisemitismus

Schlechtes Zeugnis für deutsche Schulen

Rapper Ben Salomo schreibt über seine Erfahrungen mit judenfeindlichen Einstellungen im Bildungsbereich

von Eva M. Grünewald  04.12.2025

Literatur

Königin Esther beim Mossad

John Irvings neuer Roman dreht sich um eine Jüdin mit komplexer Geschichte

von Alexander Kluy  04.12.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Katrin Richter, Imanuel Marcus  04.12.2025

Show-Legende

Mr. Bojangles: Sammy Davis Jr. wäre 100 Jahre alt geworden

Er sang, tanzte, gab den Spaßmacher. Sammy Davis Jr. strebte nach Erfolg und bot dem Rassismus in den USA die Stirn. Der Mann aus Harlem gilt als eines der größten Showtalente

von Alexander Lang  04.12.2025

Preisvergabe

Charlotte Knobloch kritisiert Berichterstattung von Sophie von der Tann

Dass problematische Berichterstattung auch noch mit einem Preis ausgezeichnet werde, verschlage ihr die Sprache, sagt die Präsidentin der IKG München

 04.12.2025

Philosophie

Drang zur Tiefe

Auch 50 Jahre nach ihrem Tod entzieht sich das Denken Hannah Arendts einer klaren Einordnung

von Marcel Matthies  04.12.2025

Kulturbetrieb

»Wie lange will das politische Deutschland noch zusehen?«

Der Bundestagskulturausschuss hörte Experten zum Thema Antisemitismus an. Uneins war man sich vor allem bei der Frage, wie weit die Kunstfreiheit geht

von Michael Thaidigsmann  04.12.2025