Künstliche Intelligenz

Aus Fehlern lernen

»Kommt nicht wieder vor!« So wünscht man sich manchmal seinen PC. Foto: cinetext

Menschen lernen aus Fehlern, zumindest im Idealfall. Man erinnert sich daran, etwas falsch gemacht zu haben, und entscheidet sich beim nächsten Mal für eine andere, bessere Variante. Auch Computer erinnern sich. In modernen Webbrowsern gibt es beispielsweise Übersichten über die Seiten, die der Benutzer am häufigsten besucht hat. Das Textverarbeitungsprogramm weiß, welche Dokumente zuletzt bearbeitet wurden, und Windows stellt die am häufigsten aus dem Startmenü aufgerufenen Programme gleich übersichtlich zur Verfügung.

Doch das »Wissen« um die Vergangenheit ist auch bei Computern nicht das gleiche, wie die Fähigkeit, aus ihr zu lernen. Bei den genannten Beispielen geht es einfach nur um simple Zahlenwerte und Statistiken – darüber, wie häufig etwas getan wurde oder was zuletzt passiert ist.

Am Beispiel der am häufigsten besuchten Webseiten lässt sich das besonders einfach zeigen. Schnell ist in eine solche Liste mal eine Seite gerutscht, bei der man sich nur in der Adresse vertippt hatte – einfach, weil gewisse Buchstabendreher häufig vorkommen. Oder man hat eine Seite, die einen Newsticker enthält, der alle zehn Sekunden automatisch neu abgerufen wird, nur für eine Stunde offen gelassen – und schon hat man eine neue am häufigsten besuchte Webseite, die man vielleicht aber nie mehr aufsuchen will.

In solchen Situationen wünscht man sich, dem Computer einfach sagen zu können, dass das, was er da gerade veranstaltet, ziemlich unnütz ist. Wie schön wäre es, wenn sich der Computer dafür entschuldigen würde, vielleicht ein kleines bisschen bedrückt wäre und sich vor allem in Zukunft in einer vergleichbaren Situation nicht mehr so dämlich anstellte.

datenstau An der Universität von Tel Aviv wurde nun ein neues Projekt unter der Leitung von Yishay Mansour und seinem Kollegen Noam Nisan von der Hebräischen Universität Jerusalem ins Leben gerufen. Mansour will mit einem 20-köpfigen Team Computern Bedauern beibringen – oder zumindest das, was dem für einen Computer am nächsten kommt. »Bedauern« in der Computerwelt definiert Mansour einfach als Lernen aus dem Abstand zwischen dem gewünschten und dem tatsächlichen Ergebnis. Am Beispiel der vorgeschlagenen Webseiten soll der Computer also erkennen, dass der Nutzer den Vorschlag entweder gar nicht annimmt oder schon ein paar Sekunden später eine andere Seite aufruft.

Ziel des Projekts ist derzeit allerdings noch nicht der Heimcomputer. Geforscht wird zunächst für Infrastruktursysteme – zum Beispiel, wie sich Engpässe beim Datenverkehr im Internet umgehen lassen. Für die Regelung der Datenströme und ihre Routen – also den Weg, den die einzelnen Datenpakete nehmen – sind Internetrouter zuständig. Entsteht nun an einer Stelle ein Engpass oder fällt eine Verbindung sogar ganz weg, so versuchen diese eine alternative Route zum Ziel des Datenpakets zu finden. Welche alternative Route sie dann verwenden, hängt von ihrer Programmierung ab. Bisher führte dies dazu, dass ein Engpass sehr oft gleich mehrere weitere Engpässe auslöste – und so in einer Kettenreaktion Staus in großen Teilen der Datenverkehrswege verursachen kann.

Die Gründe für einen solchen Stau sind vergleichbar mit denen eines Verkehrsstaus. Auch auf der Straße versuchen Menschen, bei verstopfter Hauptstraße durch Nebenstraßen voranzukommen. In der Folge steigt das Verkehrsaufkommen in den Nebenstraßen, wo bald auch nichts mehr geht – der Stau dehnt sich damit auch auf andere Straßen aus.

Mansour und Nisan betrachten Situationen wie diese aus dem Blickwinkel der Spieltheorie. Die Spieltheorie dient zur Erforschung von Entscheidungssituationen, bei denen sich mehrere Beteiligte gegenseitig beeinflussen. Sie entstammt eigentlich der Mathematik, findet aber inzwischen Anwendung in so unterschiedlichen Bereichen wie Soziologie, Rechtswissenschaft, Biologie und eben Informatik.

Und die spieltheoretische Analyse solcher Entscheidungssituationen haben Mansour und sein Team nun in einen Algorithmus übertragen, der es Routern ermöglichen soll, aus der Vergangenheit zu lernen – und so das nächste Mal eine Entscheidung treffen zu können, die keine ungewollten Konsequenzen hat.

werbung Finanziert wird das Projekt von Google. Der Internet-Riese hofft, diese Technologie einsetzen zu können, um dem Benutzer anhand seines Suchverhaltens noch besser als bisher auf die persönlichen Vorlieben abgestimmte Werbung präsentieren zu können. Denn solche wird häufiger angeklickt, und damit verdient Google eine Menge Geld. Doch auch für den Nutzer ist es eigentlich begrüßenswert – denn wenn schon Werbung, dann doch bitte lieber für ein Produkt, das auch von Interesse ist.

Zunächst klingen die Entwicklungsziele nicht so sehr danach, als ob der Computernutzer zu Hause davon wirklich profitieren würde – einmal abgesehen von einem für den Einzelnen kaum wahrnehmbaren schnelleren Internet und passenderer Werbung. Doch die Erfahrung aus der Vergangenheit lehrt, dass eine einmal entwickelte Computertechnik bald auch für andere Anwendungsfälle angepasst wird. Also wird sich in naher Zukunft auch der Heimcomputer an seinen Benutzer gewöhnen und aus der Erfahrung lernen. Das Problem dabei ist nur: Wenn man mal jemand anderen an sein eigenes Benutzerkonto lässt – wie verhindert man, dass derjenige dem Computer Unfug angewöhnt? Und wenn man sich einen neuen Computer leistet – kann man dann die gelernten Verbesserungen des alten irgendwie übernehmen? Es bleibt also noch genug zu erforschen.

Dresden

Jüdische Woche eröffnet

Das Event bietet bis Sonntag Tanz, Theater, Ausstellungen, Konzerte, Lesungen und Gesprächsrunden

 24.10.2025

Malerei

Zwischen den Welten

Südafrikanerin, Deutsche, Jüdin: Das Berliner Brücke-Museum würdigt die vergessene Expressionistin Irma Stern mit einer großen Ausstellung

von Bettina Piper  23.10.2025

Shkoyach!

Der Belarusse ist einer, der Birkensaft liebt

Wenn man sich schon auf eine komplizierte Sprache, andere Umgangsformen und ein gewöhnungsbedürftiges Klima einlässt, dann soll einem wenigstens das heimische Essen Halt geben: Unser Autor kostet noch einmal das Lieblingsgetränk seiner Kindheit

von Eugen El  23.10.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 23. Oktober bis zum 31. Oktober

 23.10.2025

Netflix-Serie

»Nobody Wants This«: Zweite Staffel ab heute verfügbar

Keine Produktion seit »Srugim« habe Rabbiner und Synagogen so unterhaltsam dargestellt, heißt es in israelischen Medien. Ab heute geht es in die nächste Runde

 23.10.2025

Zahl der Woche

384 Betten

Fun Facts und Wissenswertes

 21.10.2025

Rezension

Constantin Schreiber zwischen Hass und Hoffnung

Auch in der fünften Folge seiner Late-Night-Show geht es Constantin Schreiber darum, dass die Menschen miteinander reden. Nur zu Israel will sich niemand so richtig äußern

von Sophie Albers Ben Chamo  21.10.2025

Rock-Legende

Grenzgänger zwischen Jazz und Rock: Manfred Mann wird 85

Der jüdische Musiker tritt seit 63 Jahren mit seinen Bands auf. Schon in den nächsten Tagen sind Konzerte in Deutschland vorgesehen

von Imanuel Marcus  20.10.2025

Los Angeles

Gene Simmons beklagt mangelndes Verständnis für Israel

Es gebe auch viele jüdische »Idioten«, die nicht verstünden, was im Nahen Osten passiere, sagt der Kiss-Rocker

 20.10.2025