Prostatakrebs

Auf die sanfte Art

Prostatakrebs gehört zu den häufigsten Krebserkrankungen bei Männern. Foto: Thinkstock

Es ist genau die Nachricht, vor der sich wohl jeder Mann fürchtet. »Nach einer Routine-Untersuchung erklärte mir mein Arzt mit ernster Miene, dass ich ein Problem habe«, erinnert sich Shalom Halperin. »Prostatakrebs lautete die Diagnose«, so der Chemikalienhändler, der auch im Alter von 71 Jahren nicht ans Aufhören denken möchte. »Obwohl ich sehr wohl wusste, dass die Heilungschancen bei dieser Form der Krebserkrankung hervorragend sind, war der Schock groß.«

Je nach Stadium und Aggressivität des Tumors reicht die Palette der Behandlungsmöglichkeiten von aktiver Überwachung über eine Verödung durch Ultraschall oder Strahlentherapie bis hin zur Totaloperation. Aber selbst wenn alles erfolgreich verläuft, stellen sich dabei oft erektile Dysfunktion oder Inkontinenz ein – und zwar für den Rest des Lebens. »Genau davor hatte ich am meisten Angst.«

Bakterien Die kann Männern wie Shalom Halperin nun genommen werden. Und zwar dank neuer Medikamente, die derzeit in Israel entwickelt werden. Vaskuläre Photodynamische Therapie, kurz VTP, lautet die neue sanfte Formel im Kampf gegen Krebs. VTP kommt zwar schon seit längerer Zeit weltweit zum Einsatz; Forscher am Weizmann-Institut in Rehovot setzen jetzt jedoch auf einen Wirkstoff, der aus einer Bakterienart gewonnen wird, die normalerweise nur in der Tiefsee beheimatet ist.

»Weil dorthin so gut wie keine Sonnenstrahlen hingelangen, hat dieses Lebewesen Fähigkeiten entwickelt, das wenige Licht mit einer unglaublich hohen Effizienz in Energie zu verwandeln«, erklärt Professor Avigdor Scherz. »Diese wollen wir uns zunutze machen im Kampf gegen den Prostatakrebs.« Er und sein Forscherkollege Yoram Salomon entwickelten aus dem Bakterium den Wirkstoff WST11, der in den Blutkreislauf injiziert wird und sensibel auf Licht reagiert. Dadurch lassen sich sogenannte freie Radikale freisetzen, die wiederum den malignen Zellen in ihrer Umgebung den Garaus bereiten.

Aktiviert wird das Ganze durch einen Laser, der via Glasfaserleiter in das vom Krebs befallene Gewebe eingelassen wird. »WST11 ist besonders geeignet für Patienten, die noch keine radikale Therapie benötigen, sondern eine aktive Überwachung«, so der Experte.

erfolg Offensichtlich mit Erfolg. Bei klinischen Versuchen mit 413 Patienten an 47 Krankenhäusern in zehn europäischen Ländern stellte sich bei 49 Prozent der Betroffenen eine vollständige Remission ein. Eine Kontrollgruppe, die nicht mit WST11 behandelt wurde, brachte es nur auf einen Wert von 13,5 Prozent. Und die beste Nachricht dabei lautet: »Probleme mit den Harnwegen und der Impotenz wie bei anderen Therapieansätzen waren auf nur drei Monate begrenzt.«

WST11 ist nicht das erste Medikament gegen Prostatakrebs, das das Duo Avigdor Scherz und Yoram Salomon entwickelt hat. Mit »Tookad Soluble«, das auf Photodynamik in Kombination mit Photosynthese basiert, brachten die beiden Wissenschaftler vom Weizmann-Institut vor wenigen Monaten ein Arzneimittel an den Start, das ebenfalls eine toxische Wirkung auf Krebszellen hat und bereits in Mexiko und einigen anderen Ländern zugelassen ist. Die beiden Mediziner gründeten eigens mit Steba-Biotech in Ness Ziona ein Unternehmen, das die Forschung weiter vorantreiben soll. »Unsere Therapie erfordert nur einen minimalen invasiven Eingriff«, erklärt Yoram Salomon. »Auch andere Krebsarten lassen sich auf diese Weise womöglich leichter behandeln. Daran arbeiten wir.«

Fortschritt Statistisch rangiert laut der Israel Cancer Association und dem Gesundheitsministerium in Jerusalem der Prostatakrebs auf Platz eins bei Krebserkrankungen unter jüdischen Männern und – gefolgt von Lungenkrebs – auf Platz zwei unter arabischen Männern. Allein 2012 wurden 2484 Neuerkrankungen sowie 417 Todesfälle registriert. Bezogen auf die Bevölkerungsgröße rangiert Israel damit im internationalen Vergleich im Mittelfeld. Wie überall auf der Welt sind vor allem Personen ab 65 Jahren betroffen. Bemerkenswerterweise nahm in den vergangenen Jahren bei jüdischen Männern die Zahl der neu diagnostizierten Fälle leicht ab, während sie sich bei arabischen Männern stabilisieren konnte.

Nicht zuletzt geht diese Entwicklung auf das Konto des Systems der Vorsorgeuntersuchungen, die im jüdischen Staat traditionell großgeschrieben werden, sowie der Fortschritte in der Medizin. Deshalb hat Israel unter allen Industrienationen auch die niedrigste Sterberate bei Prostatakrebs – trauriger Spitzenreiter ist übrigens Dänemark.

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  19.11.2025

TV-Tipp

Sie ging über Leichen: Doku »Riefenstahl« zeigt eine überzeugte Nationalsozialistin

Das Erste zeigt Andres Veiels vielschichtigen Dokumentarfilm über Leben und Wirken von Hitlers Lieblingsregisseurin Leni Riefenstahl. Der Film geht auch der Frage nach, wie ihre Filme bis in die Gegenwart ausstrahlen

von Jens Hinrichsen  19.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  19.11.2025

Magdeburg

Telemann-Preis 2026 für Kölner Dirigenten Willens

Mit der Auszeichnung würdigt die Landeshauptstadt den eindrucksvollen Umgang des jüdischen Dirigenten mit dem künstlerischen Werk Telemanns

 19.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025

Kino

Unter erschwerten Bedingungen

Das »Seret«-Festival zeigt aktuelle israelische Filmkunst in Deutschland – zum ersten Mal nur in Berlin

von Chris Schinke  19.11.2025

Bonn

Bonner Museum gibt Gemälde an Erben jüdischer Besitzer zurück

Das Bild »Bäuerliches Frühstück« aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wird restituiert

 19.11.2025

Perspektive

Humor hilft

Über alles lachen – obwohl die Realität kein Witz ist? Unsere Autorin, die israelische Psychoanalytikerin Efrat Havron, meint: In einem Land wie Israel ist Ironie sogar überlebenswichtig

von Efrat Havron  19.11.2025

New York

Rekordpreis für »Bildnis Elisabeth Lederer« bei Auktion

Bei den New Yorker Herbstauktion ist wieder ein Rekord gepurzelt: Ein Klimt-Gemälde wird zum zweitteuersten je versteigerten Kunstwerk – und auch ein goldenes Klo wird für einen hohen Preis verkauft

von Christina Horsten  19.11.2025