USA

Israelkritiker im Pentagon?

Minister in spe: Chuck Hagel Foto: dpa

USA

Israelkritiker im Pentagon?

Jüdische Organisationen haben Bedenken gegen Chuck Hagels Nominierung zum Verteidigungsminister

von Eva C. Schweitzer  09.01.2013 11:05 Uhr

Chuck Hagel soll Verteidigungsminister der USA werden. Israel ist darüber besorgt, sagte Knessetsprecher Reuven Rivlin. Auch jüdische Organisationen haben Bedenken, allen voran das American Jewish Committee und die Conference of Presidents of Major American Jewish Organizations. Einige linksliberale jüdische Gruppen hingegen begrüßen Hagels Nominierung.

Die »New York Times« unterstützte ihn in einem Editorial wegen seiner Haltung zum Irakkrieg und zu Israel. Auch die jüdische Lobbygruppe J Street spricht sich für Hagel aus. »Es ist beunruhigend, dass jemand mit dem Status von Chuck Hagel, der seinem Land gedient hat, in dieser Art und Weise verleumdet wird«, sagte J-Street-Chef Jeremy Ben-Ami der New York Times.

iran Hagel, der erste Vietnam-Veteran als Chef des Pentagons, steht Militäreinsätzen im Nahen Osten kritisch gegenüber. 2007 sprach er sich gegen Truppenverstärkungen im Irak aus. Er lehnt einen Krieg gegen den Iran ab, tritt im Palästinakonflikt für eine Zweistaatenlösung ein und plädiert für Gespräche mit der Hamas. Mehrfach kritisierte Hagel den »israelischen Einfluss« auf die amerikanische Politik.

2008 sagte er, die »jüdische Lobby« – er meinte damit die israelisch-amerikanische Lobbyorganisation AIPAC (American Israel Public Affairs Committee) – schüchtere viele Politiker in Washington ein. Er, Hagel, sei Senator der Vereinigten Staaten, nicht Senator von Israel. Und obgleich er Israel unterstütze, gelte seine Loyalität der Verfassung der USA.

antisemitismus Das brachte ihm harsche Kritik von neokonservativer Seite ein. Wall-Street-Journal-Kolumnist Bret Stephens schrieb, Hagel unterstelle Politikern in Washington, sie seien nicht aus Überzeugung israelfreundlich, sondern aus Furcht. Das rieche nach Antisemitismus. Bill Kristol, Chefredakteur des »Weekly Standard«, sagte, die Amtsübernahme durch Hagel sei unverantwortlich. Auch Abraham Foxman von der Anti-Defamation League fand, Hagels Haltung zu Israel sei »verstörend« und grenze an Antisemitismus.

Zuvor hatte New-York-Times-Kolumnist Shmuel Rosner dem künftigen Verteidigungsminister vorgeworfen, er habe sich geweigert, Briefe von AIPAC zu unterzeichnen, die Israel gegen die zweite Intifada unterstützten und die EU dazu drängten, die Hisbollah als Terrororganisation anzuerkennen. Im Libanonkrieg habe Hagel beide Seiten aufgefordert, das »Schlachten« zu beenden, statt Israel zu unterstützen.

Rosner glaubt, dass Obama Hagel ausgewählt hat, um es Benjamin Netanjahu heimzuzahlen. Der amerikanische Präsident hat zu Israels Premier ein schlechtes Verhältnis, und das nicht erst, seit Netanjahu im Wahlkampf den Kandidaten der Republikaner, Mitt Romney, unterstützte.

Manch andere Times-Kolumnisten stellten sich hinter Hagel. So schrieb etwa der frühere Deutschlandkorrespondent Roger Cohen, die Führer der jüdischen Organisationen repräsentierten nicht die Mehrheit der Juden in Amerika.

widerstand Hagel, der am Montag von Obama nominiert wurde, muss nun noch die Zustimmung des US-Senats bekommen. Mehrere Republikaner haben Widerstand angekündigt, doch die Demokraten haben die Mehrheit im Haus. Hagel selbst verteidigte sich in seiner Heimatzeitung, dem Lincoln Journal Star: Seine Gegner hätten seine Aussagen böswillig verdreht.

Nachdem Obamas Stabschef Jack Lew in den vergangenen Tagen ein paar Anrufe getätigt hat, rudern nun einige Kritiker zurück. So wird AIPAC seinem Sprecher Marshall Wittmann zufolge nicht versuchen, etwas gegen Hagel zu unternehmen. »Wir müssen mit dem Verteidigungsminister zusammenarbeiten«, sagte er. Auch Foxman erklärte, er habe Hagel nie einen Antisemiten genannt.

Imanuels Interpreten (10)

Kenny G: Das Enfant Terrible des Jazz

Er ist der erfolgreichste Instrumentalmusiker – und der meistgehasste. Warum eigentlich?

von Imanuel Marcus  17.06.2025

Krieg in Israel

Rabbiner: Unterstützung für gestrandete Israelis in Europa

Sie können momentan nicht nach Israel zurück. Jüdische Gemeinden in Europa sind gebeten, sie mit Unterkünften und anderem zu unterstützen. In Gemeinden herrscht unterdessen große Besorgnis, auch wegen der Sicherheit

von Leticia Witte  16.06.2025

Nachruf

Der Lippenstiftverkäufer

Leonard Lauder, der aus dem von seinen Eltern gegründeten Kosmetikunternehmen Estée Lauder einen Weltkonzern machte, ist im Alter von 92 Jahren gestorben

von Michael Thaidigsmann  16.06.2025

USA

Farlir nur nit dein Hofenung

Wie ein schwarzer Kantor in den 1920ern New Yorks Juden verzauberte und sogar durch Europa tourte. Die unglaubliche Geschichte des Thomas LaRue, dessen Stimme erstmals wieder zu hören ist

von Nicole Dreyfus  15.06.2025

Nationaler Sicherheitsrat

Offizielle Warnungen für Israelis und Juden im Ausland

Wachsamkeit, Kooperation und Zurückhaltung. Der israelische Nationale Sicherheitsrat hat Warnhinweise für Israelis und Juden im Ausland veröffentlicht

 13.06.2025

Zürich

Israelhasser wollten Zürich zum Stillstand bringen

Am Donnerstagabend wollten »propalästinensische« Demonstranten durch die Zürcher Innenstadt ziehen

von Nicole Dreyfus  12.06.2025 Aktualisiert

Bosnien und Herzegowina

Goldschmidt: Boykott von Rabbinertreffen ist »eine Schande«

Die Europäische Rabbinerkonferenz kann nicht in Sarajevo tagen. Grund ist der Boykottaufruf eines Ministers. Der CER-Präsident fordert nun Konsequenzen

von Michael Thaidigsmann  12.06.2025

New York

Weinstein in neuem Prozess wieder verurteilt

Der Schuldspruch gegen den ehemaligen Filmmogul im Jahr 2020 galt als Meilenstein – bis er 2024 überraschend kassiert wurde. Nun hat erneut eine Jury geurteilt, aber das letzte Wort ist noch nicht gesprochen

 12.06.2025

Belgien

Israelfeindliche Aktivisten stellen Hamas-Terror nach

Bei einem »Widerstandsfestival« in Brüssel wurde der Terror mit einem Theaterstück glorifiziert, es gab Hamas-Dreiecke; und Wassermelonen-Mandalas für Kinder

von Nils Kottmann  09.06.2025