Diplomatie

Willkommen in Washington

Verstehen sich gut: Bennett (l.) und Biden Foto: picture alliance / abaca

Es sei ein »wundervolles Treffen« gewesen, gab sich Premierminister Naftali Bennett enthusiastisch während seiner Rückreise aus Washington. Er habe den amerikanischen Präsidenten Joe Biden im Gegenzug nach Israel eingeladen – allerdings erst, wenn man die Delta-Variante besiegt habe. Der erste Staatsbesuch des neuen israelischen Ministerpräsidenten in den USA hätte, zumindest nach dessen Auffassung, kaum besser laufen können.

Dabei hatte er unter schwierigen Umständen stattgefunden. Der blutige Anschlag in Kabul, bei dem mehr als 170 Menschen, darunter 13 amerikanische Militärangehörige, von der Terrorgruppe ISIS-K getötet wurden, geschah an dem Tag, an dem die Zusammenkunft von Biden und Bennett geplant war. Trotzdem habe der US-Präsident darauf bestanden, das Treffen auf den nächsten Tag zu verschieben, statt es abzusagen.

»Ich bin wirklich dankbar dafür, dass der Präsident und sein gesamtes Team dies möglich gemacht haben«, hob Bennett hervor. Besonders das Gespräch unter vier Augen sei hervorragend gewesen. »Ich habe einen Anführer kennengelernt, der Israel liebt, der genau weiß, was er will, und sich unsere Bedürfnisse anhört.« Er habe ihm das Gefühl vermittelt, dass man sich schon seit Langem kenne.

RICHTUNG In der Tat sind die beiden alles andere als Fremde. »Sowohl Biden als auch Bennett sind schon geraume Zeit auf den politischen Bühnen unterwegs«, sagt Yonatan Freeman, Experte für Internationale Beziehungen an der Hebräischen Universität Jerusalem. »Natürlich kennen sie sich.« Mit Bennetts Aussage sei wohl eher gemeint, dass man sich gut verstehe. Ob das tatsächlich so ist?

Hinzugekommen ist die Bedrohung durch einen Terrorstaat Afghanistan.

»Vielleicht ist das so«, meint Freeman. »Viel wichtiger aber ist, dass die beiden Staaten in dieselbe Richtung blicken. Denn es ist der Beginn eines neuen Kapitels mit neuen Regierungschefs sowohl in Jerusalem als auch in Washington, die einen ganz neuen Dialog starten müssen.« Dass Bennett einer Regierung vorstehe, zu der so viele unterschiedliche Ideologien gehören, mache die Sache nicht leichter. Dadurch, so Freeman, könne er sich nicht zu weit in eine Richtung bewegen.

Gleichwohl habe der israelische Regierungschef nichts wirklich Neues geäußert, analysiert der Experte. »Es waren dieselben Themen, die genauso auch von Netanjahu hätten kommen können. Sogar in Zeiten von Trump.« Hinzugekommen sei allerdings die Bedrohung Israels durch einen Terrorstaat in Afghanistan. »Die Taliban sind Sunniten wie die Hamas. Es könnte also gut sein, dass die Terrororganisation aus dem Gazastreifen dort demnächst trainiert oder sich sogar Waffen besorgt.«

Außerdem habe China bei dem Treffen auf der Tagesordnung gestanden, denn es sei ein immer größer werdendes Problem. Die USA hätten bereits mehrfach die vielen chinesischen Investitionen in Israel, vor allem im Hightech-Bereich, kritisiert. »Meiner Meinung nach wird dies eines der wichtigsten Themen zwischen den beiden Regierungen in den kommenden Jahren sein.«

IRAN In erster Linie sei es aber zunächst darum gegangen, dass sich Bennett auf der Weltbühne als israelischer Regierungschef präsentiert. Das Treffen habe »das Eis zwischen den beiden Staatsmännern gebrochen«, titelte eine israelische Tageszeitung. Freeman widerspricht: »Zwischen ihnen gab es kein Eis zu brechen.« Die israelische Regierung sei mit gutem Willen nach Washington gereist, machte Bennett deutlich, »im Sinne der Einheit und Überparteilichkeit«.

Die Bedeutung des Treffens geht über die Beziehung der beiden Nationen hinaus.

Bennett war froh zu hören, dass Biden unmissverständlich klarmachte, der Iran werde niemals Atomwaffen besitzen. Auf der Pressekonferenz sagte Biden jedoch, er bevorzuge eine diplomatische Lösung, um den Weg Teherans zur Atombombe zu blockieren. Genauer gesagt geht es dabei um die Wiederbelebung des Atomabkommens mit dem Iran, das die Regierung unter Donald Trump beendet hatte. Biden fügte jedoch hinzu, es gebe andere Optionen, sollten die Verhandlungen scheitern.

Er wiederholte die »unbedingte Verpflichtung für Israels Sicherheit und ebenso für Wege, um Frieden und Sicherheit für Israelis und Palästinenser voranzubringen«. Die USA unterstützten auch die sich entwickelnden »tieferen Beziehungen« zwischen Israel und seinen arabischen beziehungsweise muslimischen Nachbarn in der Region.

PALÄSTINENSER Am meisten, ist der Politologe Freeman überzeugt, hätten allerdings Dritte von diesem Treffen profitiert: die Palästinenser. Tatsächlich traf sich im Anschluss mit Benny Gantz zum ersten Mal seit Jahren ein hochrangiger israelischer Politiker mit dem Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas. Gantz sagte einen Kredit für die Palästinensische Autonomiebehörde in Höhe von einer halben Milliarde US-Dollar zu. »Das hat ganz sicher mit dem Besuch in Washington zu tun«, meint Freeman.

Der israelische Premier dankte abschließend seinem Gastgeber für die Unterstützung Amerikas besonders während der militärischen Auseinandersetzung mit der Hamas im Mai. »In so einer Situation wird die Freundschaft wirklich auf die Probe gestellt. Doch Israel weiß, dass wir keinen verlässlicheren Alliierten in der ganzen Welt haben als die Vereinigten Staaten von Amerika.«

Freeman ist jedoch sicher, dass die Bedeutung des Treffens weit über die Beziehung der beiden Nationen hinausgeht. »Es wird die Türen für andere Staaten öffnen. Indien, Ägypten und weitere werden zweifellos folgen.« Der Willkommensbesuch in Washington sei eindeutig die Bestätigung der neuen Regierung Israels auf der internationalen Bühne gewesen. »Nach dem Motto: ›Wir sind kein flüchtiges Phänomen, sondern hier, um zu bleiben.‹«

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