Israel

Vom TV-Studio in die Knesset

Möchte Knesset-Luft atmen: Jair Lapid Foto: Flash 90

Fernsehmoderator Jair Lapid will Politiker werden und könnte laut Umfragen das Gefüge der Machtblöcke in Israel durcheinanderbringen. Ohne eine Partei gegründet und sein politisches Programm verraten zu haben, prophezeien ihm die Meinungsforscher bei den kommenden Neuwahlen schon sieben oder gar 20 Sitze in der Knesset. Die große Frage ist allerdings, ob Lapid die seit 2001 stabile Vormacht des »rechten Blocks« brechen könnte – die Koalition Benjamin Netanjahus mitsamt frommen und rechtsgerichteten Parteien.

Neuwahlen stehen allerdings derzeit nicht an. Netanjahu verfügt über eine der stabilsten Regierungen der Geschichte Israels. Aber ein wenig Wahlkampfstimmung liegt in Israel immer in der Luft, da noch nie eine israelische Regierung die volle Amtszeit von vier Jahren durchgestanden hat.

Populär Jair Lapid, 1963 in Tel Aviv geboren, ist nicht nur ein beliebter Fernsehstar. 2005 landete er bei einem populären Wettbewerb auf Platz 36 unter den »200 größten Israelis aller Zeiten«. Sein Vater Josef »Tommy« Lapid war ebenfalls einer der bekanntesten politischen Kommentatoren und sprichwörtlicher Querulant, bis er seinen Platz vor den Fernsehkameras räumte und die weltlich ausgerichtete Schinui-Partei gründete. Die erhielt bei den Wahlen 1999 sechs von insgesamt 120 Knesset-Sitzen und bei den darauffolgenden Wahlen 15 Sitze. Aber so wie Schinui binnen weniger Jahre mit ihren 15 Sitzen zur drittgrößten Kraft in Israel geworden war, verschwand sie – zersplittert und zerstritten bei den Wahlen 2006 – wieder von der Bildfläche.

Dank seines Vaters genießt Lapid Vorschusslorbeeren und schwimmt auf der Welle der zurzeit modischen Spannungen zwischen weltlichen und orthodoxen Juden in Israel. Der junge Lapid gilt als »links«. Doch wie er zu den umstrittenen politischen Themen steht, ist noch unklar. Es spricht für sein Charisma, dass die potenziellen Wähler ihm bis zu 20 Abgeordnete wünschen.

Druck Lapids Ankündigung, »in die Politik« gehen zu wollen, hat unter gestandenen Politikern Unruhe ausgelöst. Auf die Schnelle wurde durchgesetzt, dass auch Journalisten und nicht nur Militärs und Staatsbeamte eine mehrmonatige »Abkühlungsphase« einhalten müssten. Es könne nicht sein, dass ein angehender Politiker weiterhin als »Journalist« eine Talkshow im Fernsehen moderiert und kostenlos für seine Ansichten Reklame machen könne. Wegen des öffentlichen Drucks hat Lapid inzwischen seinen lukrativen Posten beim zweiten TV-Kanal aufgegeben.

Obgleich die Umfragen ohne anstehende Wahlen eher ein theoretisches Gedankenspiel sind, wird schon heftig gerechnet. Lapid werde vermutlich der Kadima-Partei viele Stimmen wegnehmen. Die heute größte Partei Israels hatte es bei den letzten Wahlen unter Zipi Livni nicht geschafft, eine regierungsfähige Mehrheit zu erlangen. Kadima wurde von dem seit sechs Jahren im Koma liegenden Ariel Scharon gegründet, um 2005 den Rückzug aus dem Gazastreifen durchzusetzen.

Westjordanland

Israel will gegen illegale Selbstjustiz vorgehen

Zuletzt häuften sich Angriffe radikaler Siedler. Generalstabschef Zamir: Israels Militär wird das nicht tolerieren

 17.11.2025

Auszeichnung

»Fair auf Israel blicken, ohne Schaum vor dem Mund«

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, hat den Augsburger Friedenspreis erhalten. In seiner Dankesrede warb er für einen unvoreingenommenen Blick auf den jüdischen Staat

 17.11.2025

Debatte

Netanjahu: Gewalttätige Siedler sind Minderheit

Israels Premier: Die große Mehrheit der Siedler ist gesetzestreu und dem Staat gegenüber loyal

 17.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  17.11.2025

Miss-Universe-Show

Miss Israel erhält Todesdrohungen nach angeblichem Seitenblick

Auch prominente Israelis sind immer öfter mit Judenhass konfrontiert. Diesmal trifft es Melanie Shiraz in Thailand

 17.11.2025

Israel

Ex-Geisel fühlt sich »völlig im Stich gelassen«

Rom Braslavski, von der Hamas vom Novafestival verschleppt und jahrelang gequält, zieht die bittere Bilanz seiner Rückkehr

von Sabine Brandes  17.11.2025

Nahost

Hamas hortet offenbar moderne Waffen im Ausland

In afrikanischen Staaten und im Jemen sammeln die Terroristen laut Medienberichten Feuerwaffen und andere Waffengattungen

 17.11.2025

Berlin

Bundesregierung hebt Stopp der Rüstungsexporte nach Israel wieder auf

Die Waffenruhe in Gaza hält seit mehr als fünf Wochen. Die Bundesregierung nimmt das zum Anlass, ihre massiv kritisierte Entscheidung aus dem Sommer rückgängig zu machen

von Michael Fischer  17.11.2025

Untersuchungskommission

7. Oktober: Netanjahu-Regierung will sich selbst untersuchen

Die Regierung Netanjahu hat auf Druck des Obersten Gerichts nach mehr als zwei Jahren einer Untersuchung der Versäumnisse, die zum 7. Oktober geführt haben, zugestimmt. Allerdings will man das Gremium und den Untersuchungsumfang selbst bestimmen

 16.11.2025 Aktualisiert