Der Spielfilm The Sea über einen palästinensischen Jungen ist am Dienstag mit mehreren Ophir Awards, dem wichtigsten israelischen Filmpreis, ausgezeichnet worden, und geht für Israel ins Rennen um den Oscar 2026 für den besten fremdsprachigen Film.
Als Reaktion auf die Preisverleihung teilte Israels Kulturminister Miki Zohar, ein Mitglied der Likud-Partei von Regierungschef Benjamin Netanjahu, am Mittwoch mit, die Zeremonie werde vom Staat in Zukunft nicht mehr gefördert.
In einem Statement des Kulturministeriums hieß es laut einem Bericht der Online-Zeitung ynet: »Der skandalöse Sieg bei der Zeremonie hat bei vielen israelischen Bürgern und Soldaten der israelischen Armee Ärger hervorgerufen, die ihr Leben einsetzen, um ihr Heimatland zu verteidigen.« Dies habe den Minister dazu gebracht, bekanntzugeben, dass das das Budget für die »schändliche Zeremonie, die durch die israelische Akademie für Film und Fernsehen finanziert wird«, ab dem kommenden Jahr (2026) gestrichen werden.
Der Film sei ein »Echo des Narrativs unserer Feinde«, so der Kulturminister
Bereits im vergangenen Monat hatte der Likud-Politiker erklärt, der Film sei ein »Echo des Narrativs unserer Feinde, während unsere Soldaten an der Front kämpfen«. Laut dem öffentlich-rechtlichen Sender »Kan« sollen Mitarbeiter des Kulturministeriums in einem Gespräch mit dem Medium bestätigt haben, dass der Minister den Film nicht gesehen, sondern darüber in einer Zeitung gelesen habe.
The Sea dreht sich um einen Zwölfjährigen aus dem Westjordanland, der von zu Hause ausreißt und sich nach Tel Aviv durchschlägt, um zum ersten Mal in seinem Leben das Meer zu sehen. Dabei wird er von israelischen Soldaten an einem Checkpoint aufgehalten.
Regie führte Shai Carmeli Pollak, produziert wurde der Film von Baher Agbariya, der einen Trailer von The Sea Anfang Mai dieses Jahres beim Jüdischen Filmfestival Berlin Brandenburg (JFBB) vorgestellt hatte. Bei der Preisverleihung in Tel Aviv sagte Agbariya: »Ich widme diesen Preis allen, die daran glauben, dass Gleichheit und Frieden keine Illusion sind, sondern eine menschliche Entscheidung – hier und jetzt«. Beim Israeli Film Fund bedankte sich der arabisch-israelische Producer für die Förderung.
Der Ophir für den besten Hauptdarsteller ging an den 13-jährigen Muhammad Gazawi – der jüngste Schauspieler, der jemals mit diesem Preis ausgezeichnet wurde. Gazawi, der den palästinensischen Jungen Khaled in The Sea spielt, bedankte sich bei der Zeremonie auf Arabisch und sagte laut israelischen Medienberichten: »Ich wünschte, dass alle Kinder auf der Welt überall die gleichen Chancen haben – ohne Kriege zu leben und zu träumen.«
»Dieser verdammte Krieg muss enden«, so Regisseur Tom Shoval
Mit dem Ophir für den besten Dokumentarfilm wurde A Letter To David von Tom Shoval ausgezeichnet. Der Film, der bei der Berlinale 2025 Premiere hatte, dreht sich um David Cunio, der am 7. Oktober 2023 von Hamas-Terroristen aus dem Kibbuz Nir Oz nach Gaza entführt wurde, und seinen Zwillingsbruder Eitan, der immer noch auf ihn wartet. »Der Film ist nicht vollendet, bis David nicht zurückgekehrt ist. Dieser verdammte Krieg muss enden«, sagte Shoval.
Viele Gäste der Preisverleihung waren in schwarzer Kleidung erschienen oder trugen T-Shirts mit der Aufschrift »A child is a child is a child« als Zeichen des Protests gegen die israelische Militäroperation im Gazastreifen. Ein Ende des Krieges und eine Rückkehr der 48 Geiseln, die seit fast zwei Jahren von der Terrororganisation Hamas festgehalten werden, wurden von mehreren Rednerinnen und Rednern gefordert.
Der Filmemacher Uri Barbash, der mit einem Ophir Award für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde, forderte in seiner Dankesrede, das »Regime« zu ersetzen, das der israelischen Gesellschaft den Krieg erklärt habe. Der Schauspieler Khalifa Natour, der ebenfalls in The Sea auftritt, wurde mit einem Ophir für die beste Nebenrolle ausgezeichnet, weigerte sich aber unter Verweis auf den Krieg in Gaza, an der Preisverleihung teilzunehmen. Stattdessen sprach er in einem Statement von »Genozid« – ein Vorwurf, den Israel vehement bestreitet.