Angesichts der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen will eine internationale Stiftung die Verteilung von Hilfsgütern in dem abgeriegelten Küstenstreifen neu organisieren. In einem ersten Schritt sollen 1,2 Millionen Palästinenser über vier Verteilzentren im Gazastreifen mit Lebensmitteln, Wasser und Hygiene-Kits versorgt werden, heißt es in dem 14-seitigen Dokument der Gaza Humanitarian Foundation (GHF). Später sollen alle rund zwei Millionen Bewohner des Gazastreifens erreicht werden.
Die neue Stiftung will Familien unter anderem Essenspakete mit 50 Mahlzeiten zur Verfügung stellen und die Hilfslieferungen anderer humanitärer Organisationen in den Gazastreifen schaffen. Private Sicherheitsleute werden nach dem Vorschlag die Routen und Verteilzentren sichern, israelische Soldaten hingegen sollen nicht an der Sicherung und Ausgabe der Güter beteiligt sein. Medienberichten zufolge wird der Plan von Israel und den USA unterstützt.
Seit mehr als zwei Monaten lässt das israelische Militär keine Hilfslieferungen mehr in den Gazastreifen. Der Grund: Die Streitkräfte werfen der palästinensischen Terrororganisation Hamas vor, die Hilfsgüter zu überhöhten Preisen an die notleidende Bevölkerung zu verkaufen und mit den Einnahmen ihre Kämpfer und Waffen zu bezahlen. Mit dem neuen Verteilsystem soll nun sichergestellt werden, dass die Hilfslieferungen am Zugriff der Hamas-Terroristen vorbei in den Gazastreifen gelangen.
Verzweiflung und Instabilität
Zuletzt verabschiedete das israelische Sicherheitskabinett einen eigenen Plan, der eine erneute Versorgung mit Hilfsgütern ermöglichen soll. Ein zentrales Element ist auch dabei ein Verteilsystem, das verhindern soll, dass die Hamas Hilfsgüter abzweigt. Die Vereinten Nationen, die Israel täglich kritisieren, während die Aggressoren der Hamas weitgehend ungeschoren davonkommen, lehnten den Plan ab.
«Er verstößt gegen grundlegende humanitäre Grundsätze und dient offenbar dazu, die Kontrolle über lebenswichtige Güter als Druckmittel zu verstärken – als Teil einer militärischen Strategie», hieß es in einer Stellungnahme, die auch von Vertretern Israel-kritischer NGOs unterzeichnet wurde. Ob ihre Kritik auch dem nun von der Gaza Humanitarian Foundation vorgelegten Vorschlag gilt, war zunächst unklar.
«Die Zivilbevölkerung in Gaza leidet unter extremer Entbehrung. Die traditionellen humanitären Kanäle sind aufgrund der andauernden Kampfhandlungen, des systematischen Abzweigens von Hilfsgütern und des eingeschränkten Zugangs zusammengebrochen», heißt es in der Analyse von GHF. «Deshalb kommt ein Großteil der Hilfe nicht bei den Menschen an, was zu Verzweiflung und Instabilität führt.»
»Sehr, sehr große Ankündigung«
Geführt werden soll die Gaza Humanitarian Foundation von dem Gründer der Katastrophenhilfe-Organisation Team Rubicon und Militärveteran Jake Wood. Für den Beraterstab ist zudem der frühere Leiter des Welternährungsprogramms (WFP), David Beasely, im Gespräch.
Vor seiner Reise in den Nahen Osten in der kommenden Woche stellte US-Präsident Donald Trump zuletzt eine «sehr, sehr große Ankündigung» in Aussicht. Die Zeitung «The Times of Israel» berichtete unter Berufung auf einen ausländischen Diplomaten, dass es sich dabei sehr wahrscheinlich um ein neues Verteilsystem für die humanitäre Hilfe im Gazastreifen handele.
«Wir müssen gut zu Gaza sein. Die Menschen dort leiden. Es besteht ein großer Bedarf an Lebensmitteln und Medikamenten, und wir kümmern uns darum», sagte Trump kürzlich nach einem Gespräch mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Kritiker werfen der israelischen Führung indes vor, diesen akuten Mangel durch ihre Art der Kriegsführung überhaupt erst herbeigeführt zu haben.
Grundprinzipien des Assoziierungsabkommens
Kritik an der Blockade von Hilfsgütern durch das israelische Militär kommt auch aus der Europäischen Union. Angesichts der prekären Lage im Gazastreifen kommt die Zusammenarbeit der EU mit Israel nun erneut auf den Prüfstand. Bei einem Außenministertreffen in knapp zwei Wochen soll überprüft werden, ob sich Israel noch an Grundprinzipien des sogenannten Assoziierungsabkommens hält.
Da sich die Hamas weiterhin weigert, die 59 weiterhin in ihrer Gewalt befindlichen Geiseln freizulassen, von denen viele tot sein sollen, erhöhte Israel schrittweise den Druck. Eine dieser Maßnahmen war eine zeitweise Einstellung der Hilfslieferungen. dpa/ja