Nach zwei Monaten der Blockade hat es sich die israelische Regierung anders überlegt: Statt gar keine Hilfsgüter in den Gazastreifen zu lassen, sollen in Zukunft private Dienstleister und internationale Organisationen Lebensmittel, Medikamente und andere überlebenswichtige Güter an die rund zwei Millionen Bewohner verteilen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sollte keine Zeit mit der Umsetzung verlieren, genauso wie Ägypten endlich seine Blockade stoppen sollte denn die Berichte über Unterernährung und eine drohende Hungersnot mehren sich.
Israel hat schließlich nicht nur die moralische Verpflichtung, die Zivilisten in Gaza, die diesen Krieg nicht angezettelt haben, zu versorgen. Sich dem zu verweigern, könnte für Ministerpräsident Netanjahu auch vor Gericht gefährlich werden.
Das gezielte Aushungern ist laut humanitärem Völkerrecht ein Kriegsverbrechen, und die Völkermord-Klage Südafrikas vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag stützt sich in der Beweisführung auch auf Aussagen israelischer Minister wie Bezalel Smotrich, den Gazastreifen von jeder Versorgung abzuschneiden. Benjamin Netanjahu hat seine Blockade-Strategie damit gerechtfertigt, dass er nicht die Terroristen der Hamas durchfüttern will, die noch immer 59 Geiseln in ihrer Gewalt halten.
Die Terroristen haben Hilfslieferungen geplündert, gebunkert und teilweise an die eigene Bevölkerung verkauft.
Die Hauptschuld an der Misere der Menschen in Gaza hat ohne Zweifel die Hamas. Die Terroristen haben Hilfslieferungen geplündert, gebunkert und teilweise an die eigene Bevölkerung verkauft, um ihren Krieg gegen Israel durchzuhalten. Das wird auch von rechtsextremen Ministern wie Itamar Ben-Gvir zu Recht kritisiert, der aber gleichzeitig Lebensmittellager der Hamas bombardieren will.
Doch eine Demokratie wie Israel sollte sich nicht auf schmutzige Kriegstaktiken einlassen, weil der Gegner ohne Anstand, Ehre und Verantwortungsbewusstsein kämpft. Erst recht nicht, wenn es um das Leben unschuldiger Zivilisten geht. Zumal wir aus unzähligen Berichten freigelassener Geiseln – die in der Gefangenschaft oft kaum mehr als ein halbes, vergammeltes Pita-Brot am Tag bekommen haben – wissen: Hungern die Menschen im Gazastreifen, lässt die Hamas auch die Geiseln hungern.
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